Ansprache über Josua 6 | 14. Sonntag nach Trinitatis (Familiengottesdienst zum Abschluss der Kinderbibelwoche) | Pfr. Dr. Martens

Ja, ich gebe zu, die Kinder haben eben bei der Geschichte vom Fall der Mauern von Jericho ein wenig mitgeholfen. Wir haben uns in diesem Jahr jegliche pyrotechnische Effekte beim Fall der Mauern verkniffen.

Damals in Jericho hatten die Israeliten keine Chance, beim Fall der Mauern irgendwie mitzuhelfen. Die waren zu groß und zu fest, als dass man sie mit den Vibrationen eines Posaunenchors, mit Geschrei oder Schubsen irgendwie hätte ins Wanken bringen können. Da musste schon Gott selber eingreifen und tun, was Menschen mit noch so viel gutem Willen niemals hätten bewerkstelligen können.

Gott lässt immer wieder Mauern zum Einsturz bringen. Hier in Berlin können wir davon ganz besondere Geschichten berichten. Eine Geschichte hat sich vor 27 Jahren hier in unserer Stadt abgespielt. Und eine andere Geschichte spielt sich seit Jahren gerade auch hier in unserer Gemeinde ab. Es gibt ja Mauern, die sind noch viel härter und stärker als die Stadtmauern von Jericho damals. Es sind die Mauern um die Herzen von Menschen, die man auch und gerade durch den Einsatz von Bomben niemals zu Fall bringen könnte. Scheinbar unüberwindlich sind die ideologischen Mauern, die von Predigern des Islam um die Herzen so vieler Menschen gebaut worden sind: die Mauern sind errichtet von großen festen Steinen, auf denen geschrieben steht: Gott hat keinen Sohn, Jesus ist nicht Gott, alle Ungläubigen kommen in die Hölle, mit Christen darf man nicht zusammen essen, ja, nicht selten finden sich dann auch Steine in diesen Mauern, auf denen geschrieben steht: Wer den Islam verlässt und Christ wird, muss getötet werden.

Wie soll man gegen solche Mauern ankommen? Wir können es nicht – und wenn wir noch so viele gute Argumente auf Lager haben. Wir kommen von uns aus nicht an die Herzen von Menschen heran, die von solchen Mauern umgeben sind. Und doch erleben wir eben auch hier in unserer Gemeinde immer wieder das Wunder des Mauerfalls, dass Menschen trotz all dessen, was sie in ihrem Leben erfahren, gehört und oft genug auch geglaubt hatten, offen werden für die Botschaft des christlichen Glaubens und Christen werden: Ja, allen Ernstes Menschen aus dem Iran und Afghanistan und auch aus anderen muslimisch geprägten Ländern. Was für ein Wunder, und was für eine Freude, wenn solche Mauern fallen, wenn Menschen frei und offen werden für die frohe Botschaft von Jesus Christus! Das liegt nicht an uns, das liegt allein an Gottes Kraft, an der Kraft des Heiligen Geistes, der in der Tat Mauern zu sprengen vermag.

An einem Punkt hinkt allerdings der Vergleich mit den Mauern von Jericho: Wenn wir Menschen die frohe Botschaft von Jesus Christus verkündigen, wenn die Mauern um die Herzen von Menschen fallen und sie an Jesus Christus glauben, dann geht es uns nie darum, einen Eroberungsfeldzug zu führen oder Menschen zu besiegen. Ja, für die Einwohner in Jericho war es nicht besonders schön, als die Israeliten bei ihnen einmarschierten. Doch wenn die Mauern um die Herzen von Menschen fallen, dann sind sie keine Besiegten, sondern selber Sieger, erfahren sie das Beste und Schönste, das sie in ihrem Leben überhaupt bekommen können. Vergessen wir dies in unserer Arbeit nie: Wir bekämpfen hier niemanden, wir wollen niemanden besiegen. Wir geben nur eine Botschaft weiter, die Menschen frei macht und selber zu Siegern werden lässt. Und mehr brauchen wir auch nicht zu tun. Den Rest macht Gott allein – er, unser Herr, der doch will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Amen.

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