Ansprache über St. Matthäus 2, 13-18 | Tag der unschuldigen Kinder | Pfr. Dr. Martens

Weihnachten ist für die Christen im Iran immer eine ganz besonders gefährliche Zeit. In dieser Zeit werden noch mehr Christen als sonst von den Geheimdiensten in ihren Hauskirchen verhaftet, um sie daran zu hindern, das Fest der Geburt Christi zu feiern.

Ihr, liebe Täuflinge, seid diesem brutalen Treiben der Machthaber in eurer Heimat noch so gerade entkommen. Ihr konntet euch heute Abend bei eurer Taufe öffentlich zu eurem Herrn Jesus Christus bekennen, ohne Angst haben zu müssen, dafür morgen gleich verhaftet zu werden. Doch dafür musstet ihr einen hohen Preis zahlen, musstet aus eurer Heimat fliehen, hierher nach Deutschland, wo man euch nun auch im Ungewissen lässt, ob ihr hier auf die Dauer bleiben könnt, ja wo man euch, wie ich gestern Abend erfahren habe, sogar zum Teil draußen auf der Straße schlafen lässt.

Im Heiligen Evangelium des heutigen Abends hören wir die Geschichte des brutalen Machthabers Herodes, einer Art von Khamenei von vor 2000 Jahren. Er scheut auch vor brutalem Mord an Kindern nicht zurück, wenn es darum geht, seine eigene Machtstellung zu festigen. Im letzten Augenblick können Maria und Joseph vor ihm fliehen, gemeinsam mit ihrem neugeborenen Kind. Doch der Preis ist auch für sie hoch – sie müssen fortan als Asylbewerber in einem fremden Land leben, in Ägypten. Ja, Christus, unser Herr, der weiß, wie es euch, liebe Täuflinge, geht, der weiß, was es heißt, heimatlos zu sein, angewiesen zu sein auf das Erbarmen von Menschen in einem fremden Land. Ob Christus hier in Deutschland als asylberechtigt anerkannt worden wäre – ich wage es zu bezweifeln. Wahrscheinlich wäre sein Asylantrag schon abgelehnt worden, wenn Maria erzählt hätte, dass sie vom Heiligen Geist schwanger geworden sei. Unlogisch, unglaubwürdig – weg mit ihr und ihrer Familie! Damals hat Jesus in Ägypten überlebt. Seine Zeit zu sterben war noch nicht gekommen. Sie kam noch früh genug, als er mit gerade einmal gut dreißig Jahren gekreuzigt wurde. Doch auch der Weg ins Flüchtlingslager war schon Teil seines Leidens, das er auf sich genommen hat, um uns zu retten, um uns für immer ein festes Zuhause bei Gott zu schenken.

Solange wir hier auf Erden leben, werden wir als Christen alle miteinander Fremdlinge sein, Menschen, die nicht damit rechnen können, hier ihr Zuhause, ja hier auf Erden Sicherheit zu haben. „Keine Sicherheit – nirgends“ – so titelte die WELT letzten Freitag sehr treffend einen Bericht über die Situation christlicher Konvertiten aus dem Iran und Afghanistan in Deutschland. „Keine Sicherheit – nirgends“. Nein, zu Hause werden wir erst in Jerusalem sein, in Gottes neuer Stadt, aus der wir nie mehr werden abgeschoben werden können. Aber die Staatsbürgerschaft in dieser neuen Stadt, die habt ihr nun schon, habt euren Pass für die neue Welt Gottes nun ab heute, ab dem Tag eurer Taufe. Ja, dafür hat Jesus als Asylbewerber gelebt, damit ihr bei ihm für immer zu Hause sein dürft. Amen.

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