Christenverfolgung in den letzten Reden Jesu | Mittwoch nach Laetare | Pfr. Dr. Martens

Man hat sich an die Meldungen langsam schon gewöhnt: In den letzten Tagen wurden wieder einmal zwei Selbstmordattentate am Sonntagmorgen in christlichen Kirchen in Pakistan verübt; in Indien haben wieder christliche Kirchen gebrannt, in Nigeria sowieso, in Mossul haben die IS-Terroristen gerade eine historische Kirche aus dem 10. Jahrhundert gesprengt, und was diese mit Christen zu tun pflegen, die ihnen in die Hände geraten, ist ja ohnehin bekannt. Und dass in manchen anderen Ländern keine christlichen Kirchen zerstört werden, liegt einzig und allein daran, dass es in diesen Ländern streng verboten ist, überhaupt eine christliche Kirche zu errichten, und schon allein die Zusammenkunft in einer Hauskirche in solchen Ländern schon als todeswürdiges Verbrechen angesehen wird. Ja, man muss sich nur einmal den Bericht zum Weltverfolgungsindex der Organisation „Open Doors“ durchlesen, um wahrzunehmen, in wie vielen Ländern dieser Welt Christen massiv unterdrückt und verfolgt werden. Afghanistan und Iran gehören dabei in diesem Index jedes Jahr zu den Top Ten; der Iran hat es in diesem Jahr sogar geschafft, noch einmal um zwei Plätze nach oben auf Platz 7 zu klettern, weil die Verfolgung von Christen unter Präsident Ruhani noch einmal erkennbar zugenommen hat.

Wir haben bereits in den vergangenen beiden Wochen uns mit der Frage befasst, was uns die Heilige Schrift zu diesem Thema der Verfolgung von Christen zu sagen hat. Wir hatten gehört, was der 1. Petrusbrief und die Johannesoffenbarung zu diesem Thema zu sagen haben. Heute wollen wir nun betrachten, was Christus selber in den Evangelien zu diesem Thema zu sagen hat.

Und da stellen wir zunächst einmal fest: In allen vier Evangelien kündigt Jesus kurz vor seinem eigenen Leiden und Sterben an, dass denen, die zu ihm gehören, in Zukunft Verfolgung, Anfeindung, Gerichtsverhandlungen, ja der gewaltsame Tod bevorsteht. Ganz deutlich erkennen wir also: Wenn Christen in dieser Welt gerade auch heute Verfolgung zu erleiden haben, dann läuft da nicht irgendetwas falsch, dann erfüllt sich darin, was Christus schon längst zuvor angekündigt hatte. Wir dürfen die Sondersituation, in der wir uns als Christen hier in Deutschland zumindest im Augenblick noch befinden, nicht als Normalsituation ansehen. Dass wir unsere Gottesdienste frei und ungehindert feiern können, dass die Hinwendung vom Islam zum christlichen Glauben hier in unserem Land noch als Asylgrund geltend gemacht werden kann, sollte uns mit Dankbarkeit erfüllen. Aber wir sollen nicht denken, dass dies auch in unserem Land immer so bleiben muss und wird. Schon fliehen Christen aus anderen EU-Ländern hierher nach Deutschland, weil ihnen die Abschiebung in ihre islamische Heimat droht, weil ihre Hinwendung zum christlichen Glauben dort schon nicht mehr als Asylgrund anerkannt wird. Und die Zeichen mehren sich, dass christliche Kirchen auch in unserem Land bald schon in Schwierigkeiten geraten könnten, wenn sie beispielsweise nicht dazu bereit sind, sich der Aufforderung zu beugen, sich ebenfalls der grassierenden „Gender-Ideologie“ anzupassen, die immer deutlicher fundamentalistische Züge trägt. Seien wir als Christen darauf vorbereitet! Wundern wir uns nicht, wenn uns als Christen der Wind ins Gesicht bläst! Christus hat es uns alles bereits angekündigt. Und was er ankündigt, das geschieht: Kriege, Kriegsgeschrei, Hungersnöte, Erdbeben, ja das Auftreten falscher Propheten, die viele verführen, Mohammad vornean, all das können wir hier schon bei Matthäus nachlesen – und eben auch die Verfolgung der Christen.

Eine Doppelbewegung kündigt Christus in diesem Zusammenhang zugleich an: Auf der einen Seite kündigt er an, dass in diesen Zeiten der Verfolgung der Christen viele wieder von Christus abfallen werden, ja, dass die Liebe auch innerhalb der christlichen Kirche erkalten wird. Ein eindringliche Anfrage ist das auch an uns selber: Sind wir gerüstet für Zeiten, in denen es uns als Kirche, als Christen einmal nicht so gut gehen wird wie jetzt? Kommen wir vielleicht nur zur Kirche, weil wir uns davon Vorteile für uns selber erhoffen? Und wenn wir jetzt uns vielleicht schon so schwer tun, dem Ruf Christi in seine Gemeinde, an seinen Altar jeden Sonntag zu folgen, weil es angeblich so viel Anderes gibt, was für uns wichtiger ist – wie würden wir uns dann erst verhalten, wenn uns wirkliche Verfolgung vom Besuch des Gottesdienstes abzuhalten versucht? Und wie steht es mit der Liebe untereinander auch bei uns? Prägt sie unser Zusammenleben, sind uns die anderen in der Gemeinde als Schwestern und Brüder tatsächlich so wichtig, dass ihr Geschick uns am Herzen liegt, ja dass wir ihnen in Liebe begegnen? Oder möchten wir hier in der Gemeinde am liebsten nur im kleinen Kreis unter uns sein? Und sind wir dazu in der Lage, Antwort zu geben, wenn wir einmal wegen unseres christlichen Glaubens verhört werden? Immer wieder kündigt Christus in den Evangelien an, dass Christen wegen ihres Glaubens vor Gericht gestellt werden. Haben wir dann etwas zu sagen – ja, würden die Indizien bei uns tatsächlich ausreichen, um uns als Christen zu verurteilen?

Den Abfall vieler kündigt Christus an. Ja, auch davon können wir schon jetzt etwas bei uns wahrnehmen, dass Menschen, die einmal versprochen hatten, Christus treu zu sein, jetzt schon nichts mehr von ihm wissen wollen. Und erst recht gibt es in der Verfolgungssituation nicht nur Helden und Märtyrer, sondern immer auch viele, die von Christus wieder weggehen. Christus lässt uns das ganz nüchtern wahrnehmen. Aber er kündigt zugleich auch eine andere Bewegung an: Das Evangelium vom Reich Gottes wird in der ganzen Welt gepredigt werden zum Zeugnis für alle Völker. Auch alle staatlichen Verfolgungsmaßnahmen können es nicht verhindern, dass sich die christliche Botschaft immer weiter verbreitet, dass immer mehr Menschen von Christus erfahren. Gerade in diesen letzten Tagen habe ich wieder bewegende Geschichten gehört von Brüdern aus Afghanistan, die gerade hier in Deutschland angekommen sind und die aus Afghanistan fliehen mussten, weil sie dort schon Christen geworden waren – in einem Land, in dem es kein einziges christliches Kirchgebäude gibt. Und wenn die Botschaft nicht direkt von Mund zu Mund verbreitet wird, dann eben etwa auch über das Internet. Ja, noch nie in der Geschichte der Menschheit war es möglich, so viele Menschen mit der guten Botschaft durch die verschiedensten Medien zu erreichen, wie dies jetzt der Fall ist.

Aber noch ein Weiteres lässt uns Christus in seinen Reden über die Christenverfolgung immer wieder erkennen: Die Verfolgung von Christen gehört in die Reihe der Zeichen, die uns daran erinnern sollen, dass er, unser Herr, wiederkommt. Die Wiederkunft unseres Herrn wird eben nicht irgendwann einmal überflüssig werden, weil wir Menschen es schon allein geschafft haben, diese Welt in ein Paradies zu verwandeln. Sondern all die so bedrückenden Nachrichten von der Verfolgung von Christen auf der ganzen Welt, die uns hier in unserer Gemeinde in so besonderer Weise nahegebracht werden, sollen uns dazu bewegen, immer wieder neu mit besonderem Nachdruck und besonderer Sehnsucht zu rufen: Amen, ja, komm, Herr Jesu! Bereite du selbst diesen Verfolgungen ein Ende, lass bald den Tag kommen, an dem einmal alle Menschen ohne Ausnahme anbetend vor dir niederfallen werden – und hilf uns, dass wir einmal nicht voller Schrecken, sondern voller Freude dich anbeten werden und über unsere Erlösung jubeln werden! Ja, unser Herr kommt. Darum ist es nicht vergeblich, ihm treu zu bleiben, ja, für ihn auch auf vieles zu verzichten. Wir haben eine wunderbare Hoffnung – und diese Hoffnung sollen und dürfen wir all denen bezeugen, die davon noch nichts wissen. Wir wissen nicht, wie viel Zeit uns noch bleibt. Aber wir kennen den, der kommt. Denn wir begegnen ihm auch heute Abend wieder hier in den Gestalten von Brot und Wein im Heiligen Mahl. Rufen wir darum zu ihm immer wieder neu für all unsere verfolgten Brüder und Schwestern. Und rufen wir es ihm zugleich auch nachher wieder zu: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir – bis du kommst in Herrlichkeit!“ Amen.

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