Epheser 6, 10-17 | 21. Sonntag nach Trinitatis | Pfr. Dr. Martens

Sie erfreuen sich bei vielen Jugendlichen wie bei vielen Erwachsenen nach wie vor großer Beliebtheit: Ballerspiele auf dem Computer, bei denen man immer realistischer Jagd auf irgendwelche anderen Menschen machen kann, sie verfolgen und abknallen kann – und wenn man es geschafft hat, sie abzuknallen, dann spritzt das Blut auch so richtig schön. Alles wie im wirklichen Leben – möchte man meinen!

Denjenigen unter uns, die selber schon in ihrem Leben genug Leichen gesehen haben, genug verspritztes Blut, haben vielleicht an solchen Ballerspielen doch nicht mehr ganz so viel Interesse, sehnen sich eher nach einem Leben, in dem es nach Kampf, Gewalt und Krieg endlich nur noch Frieden gibt, in dem kein Mensch mehr Jagd auf den anderen macht. Einfach nur Ruhe – das wäre doch schön!

In der Epistel des heutigen Sonntags berichtet der Apostel Paulus ebenfalls von einem Kampf. Der ist allerdings ganz anders als die Kämpfe, die Jugendliche vor dem Computer austragen mögen, und er ist, Gott sei Dank, auch ganz anders als die Kämpfe, vor denen so manche von euch in ihrem Leben bereits geflohen sind.

Zunächst einmal macht Paulus uns allen dies eine deutlich: Der Kampf, von dem er spricht, der ist nicht einfach bloß eine Computeranimation, nicht bloß ein Spiel, eine Vorstellung, ein Freizeitvergnügen, das man mit einem Mouseclick wieder beenden kann. Sondern dieser Kampf ist eine Realität – und wir sind in diesem Kampf, in dieser Realität niemals Zuschauer, sondern wir stehen da mitten drin, sind unmittelbar an diesem Kampf und in diesem Kampf beteiligt.

Schwestern und Brüder: Wenn ihr in der Zwischenzeit bei dieser Predigt schon ein wenig weggedöst und eingeschlafen seid, dann wacht ihr hoffentlich spätestens jetzt wieder auf, denn es ist eine der wichtigsten Meldungen für euer Leben überhaupt: Ihr steht mitten in einem Kampf, ob ihr es wollt oder nicht, und es ist für euch entscheidend wichtig, dass ihr euch diesem Kampf stellt, dass ihr euch nicht aus ihm zurückzieht. Nein, dieser Kampf macht keinen Spaß, der ist nicht unterhaltsam, der ist mühselig, der kann sogar wehtun, und den kann man eben nicht dann beenden, wenn man es selber möchte. Ja, mehr noch: In diesem Kampf können wir keine schnellen Erfolgserlebnisse erwarten, können nicht damit rechnen, dass wir unser Gegenüber mit ein wenig Geschicklichkeit schnell abknallen und uns als Sieger feiern lassen können.

Nein, das mit dem Abknallen geht nicht. Denn Paulus macht es uns sehr deutlich: Unser Gegner, gegen den wir zu kämpfen haben, der ist nicht aus Fleisch und Blut, den kann man nicht einfach mal schnell ins Visier nehmen und dann auf ihn losballern. Bei dem spritzt überhaupt kein Blut. Der lässt sich von uns überhaupt nicht töten. Der ist im Gegenteil viel stärker, geschickter und mächtiger als wir es von uns aus sind. Und mit dem haben wir uns nun tatsächlich angelegt, und zwar am Tag unserer Taufe. Das war für unseren Gegner ein ganz bitterer Tag, ein Tag, der ihn in eine ganz schwierige Lage gebracht hat. Doch deswegen gibt er noch längst nicht auf, versucht nun alles, um uns wieder aus der Position herauszuholen, in der wir uns seit dem Tag unserer Taufe befinden.

Wir merken also schon: Der Kampf, den wir zu führen haben, lässt sich weder mit Joysticks oder Mouseclicks, aber ebenso wenig mit Messern oder Gewehren gewinnen. Er setzt voraus, dass wir erst einmal wissen, was unser Gegner eigentlich will.

Normalerweise muss man bei einem Gegner ja befürchten, dass er etwas mit uns macht, was wir selber als höchst unangenehm empfinden, dass er uns Angst einjagen, uns wehtun und verletzen, vielleicht gar töten will. Ja, der, mit dem wir als Christen in unserem Leben zu kämpfen haben, kann tatsächlich auch so uns gegenübertreten. Da gibt es so manche unter uns, die können davon erzählen, was es bedeutet, wenn man etwa im Iran als Christ erwischt und verhaftet wird, was sie dann so alles mit einem anstellen. Das ist furchtbar, das tut weh – ja, das kann einen sein ganzes Leben lang bis in die Träume hinein verfolgen. Doch die Erfahrung zeigt: Solch ein Auftreten unseres Gegners bewirkt in aller Regel genau das Gegenteil von dem, was er eigentlich will: Da, wo Christen verfolgt, unterdrückt und bedroht werden, da werden sie im Gegenteil stärker, da wächst der Glaube, da wächst die Zahl der Christen. Genau so können wir es beispielsweise im Augenblick im Iran beobachten.

Doch unser Gegner hat ja eine viel bessere Taktik, die eben gerade darum so gut ist, weil wir es gar nicht merken, dass wir es dabei überhaupt mit einem Gegner, dass wir es dabei überhaupt mit einem Kampf zu tun haben. Wie gesagt: Wir müssen immer wissen, was unser Gegner eigentlich will. Nein, der will gerade nicht, dass wir uns schlecht fühlen, dass wir unglücklich sind, dass wir uns gegen diesen Gegner wütend zur Wehr setzen. Er will nur eins: Dass wir nicht mehr bei Christus bleiben, dass wir die Verbindung zu ihm allmählich verlieren, dass wir in dem Kampf, in dem wir stehen, ihm, dem Gegner, ganz allein gegenüberstehen. Das müssen wir immer wissen: Alles, was unser Gegner tut, hat nur das eine Ziel: Uns von Jesus Christus zu entfernen.

Und das kann er eben auch dadurch erreichen, dass er uns davon überzeugt, dass wir zunächst und vor allem darauf zu achten haben, dass wir uns wohlfühlen, dass es uns scheinbar richtig gut geht. Und wenn wir uns am Sonntagmorgen sehr unwohl fühlen würden, wenn wir zu früh aus dem Bett aufstehen, dann macht er uns klar, dass es viel besser ist, liegen zu bleiben. Er will doch nur das Allerbeste für uns! Und wenn wir die Woche über so viel tun und arbeiten müssen, dann macht er uns klar, dass wir die Zeit am Sonntagmorgen einfach brauchen, um uns auszuruhen, dass wir uns da nicht auch noch von Jesus unter Stress setzen lassen dürfen. Er macht uns deutlich, dass der Weg zum Gottesdienst viel zu weit ist und wir von daher nicht zu oft zur Kirche kommen sollten. Er macht uns deutlich, dass wir es mit dem christlichen Glauben auch nicht übertreiben sollten, dass ein bisschen Religiosität, ein bisschen Jesus im Leben doch auch reicht. Er macht uns deutlich, dass es für unsere Psychohygiene besser ist, dem anderen, der uns blöde gekommen ist, so richtig eins aufs Maul zu geben und ihm deutlich zu machen, dass wir das nie vergessen werden, was er uns angetan hat. Er macht uns deutlich, dass wir nur dies eine Leben haben und darum mitnehmen sollten, was wir können, weil es bald schon zu spät sein könnte. Ja, unser Gegner, der Teufel, kann einen hervorragenden Wellnesstrainer, einen hervorragenden Lebensberater abgeben.

Wie können wir diesem Gegner nun standhalten? Zunächst einmal macht Paulus uns dies eine ganz deutlich: Wenn wir glauben, wir würden das allein schaffen, wir seien klug genug, ihn zu durchschauen, wir hätten genügend Rückgrat, um uns gegen ihn zur Wehr zu setzen, dann werden wir keine Chance haben. Dann wird es nicht lange dauern, bis dieser Gegner uns aufs Kreuz gelegt hat – und wir werden es vielleicht noch nicht einmal gleich merken, wie er das geschafft hat. Nein, sagt Paulus, stark sind wir nur in dem Herrn, in der Macht seiner Stärke, nur dadurch, dass wir in Verbindung mit ihm, Christus, kämpfen.

Und das beschreibt der Apostel Paulus dann mit einem sehr eindrücklichen Bild. Er schildert die Kampfausrüstung eines römischen Soldaten und überträgt sie auf die Ausrüstung, die wir brauchen, um im Kampf mit den Tricks des Teufels bestehen zu können.

Was fällt bei dieser Ausrüstung auf? Sie ist zunächst und vor allem eine Verteidigungsausrüstung. Sie dient zunächst und vor allem dem Schutz des Soldaten vor den Angriffen des Gegners. Wir brauchen in der Tat zunächst und vor allem eine gute Verteidigung im Kampf mit den Tricks des Teufels. Es geht, wie gesagt, nicht darum, den Teufel abzuknallen, geschweige denn irgendeinen Menschen. Es geht darum, dass die Angriffe und Tricks des Teufels an uns abprallen, dass sie uns nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Und diese Verteidigungsausrüstung stellt Christus uns selber zur Verfügung: Er gibt uns Versprechen, auf die wir uns verlassen können, gegen die auch der Teufel nicht ankommt; er beschenkt uns mit seiner Gerechtigkeit, macht uns zu Menschen, die in Gottes Augen richtig dastehen und die wissen: Ich muss nicht erst noch irgendetwas tun, um bei Gott Anerkennung zu finden: Christus hat alles für mich getan, damit ich in den Himmel kommen kann. Und da kann mir der Teufel noch so oft meine Schuld und mein Versagen vor Augen stellen. Ich bin ausgerüstet mit dem Panzer der Gerechtigkeit, die Christus mir geschenkt hat. Und da ist dann vor allem der Schild des Glaubens: Verbunden mit Christus können wir all die feurigen Pfeile, die scheinbar so guten Argumente, mit denen uns der Teufel umzuhauen versucht, auslöschen, abprallen lassen, dürfen gewiss sein: Im Glauben an Jesus Christus bin ich geborgen; ja, letztlich ist Christus selber der Schild, der immer wieder alle Angriffe des Bösen abwehrt.

Nur eine einzige Angriffswaffe erwähnt der Apostel hier in diesem Bild: Es ist das Schwert, das wir in der Hand halten und führen sollen – und dieses Schwert ist das Wort Gottes. Christen bekämpfen keine anderen Menschen, erst recht nicht mit Sprengstoffgürteln und Messern. Christen bekämpfen keine Muslime und keine Atheisten. Die sind nicht ihre Gegner. Sie wissen, mit wem sie zu kämpfen haben: Mit dem Teufel, der sie in ihrem Glauben immer wieder durcheinanderzubringen versucht. Und da hilft nur eins: Dass wir uns mit dem Wort Gottes wehren können, dass wir dieses Wort immer besser kennenlernen und mit ihm zum Gegenangriff ansetzen können, wenn uns der Teufel einreden will, es sei doch gar nicht so wichtig, bei Christus zu bleiben.

Ja, ganz entscheidend wichtig ist es, dass wir dazu in der Lage sind, das Wort Gottes als Angriffswaffe zu gebrauchen, um damit alle Angriffe des Bösen abzuwehren. Die römischen Soldaten mussten damals immer wieder trainieren, damit sie mit ihren Waffen gut umgehen konnten. Ebenso wichtig ist es, dass wir Tag für Tag, Woche für Woche einüben, mit dieser einzigen Waffe, die wir haben, umzugehen, dass wir Gottes Wort immer besser kennenlernen und es dann auch im Kampf ins Feld führen können.

Schwestern und Brüder: Denken wir daran: Es ist kein Spiel; es geht tatsächlich um unser Leben, um unser ewiges Leben! Ja, denken wir daran: Christus hat uns nicht versprochen, dass wir als Christen ein einfaches, bequemes Leben haben. Aber er hat uns versprochen, dass wir in der Gemeinschaft mit ihm stärker sind als alles und alle, die uns von Christus wegziehen wollen. Lassen wir uns darum niemals vom Teufel einlullen, leisten wir Widerstand gegen ihn, wann immer er sich daran macht, unsere Verbindung zu Christus lockern! Ja, seien wir dazu bereit, immer wieder auch loszumarschieren, an den Beinen gestiefelt, bereit, einzutreten für das Evangelium des Friedens. Ja, genau das will Christus uns schenken: Frieden, mitten im Kampf, in dem wir stehen, Frieden, den uns auch der Teufel nicht nehmen kann, und wenn er noch so viele Pfeile auf uns schießt. Empfangt diesen Frieden gleich wieder, wenn ihr mit Christus eins werdet im Heiligen Mahl – und dann marschiert los, tretet ein für diese gute Botschaft, für das Evangelium des Friedens: mit dem, was ihr sagt, und mit dem, was ihr tut. Lasst euch von nichts und niemandem Angst einjagen. Ihr habt doch Christus auf eurer Seite. Und gegen den kommt der Teufel niemals an. Ein Wörtlein kann ihn fällen. Amen.

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