1. Petrus 3,8-17 | Vorabend zum vierten Sonntag nach Trinitatis | Pfr. Dr. Martens

Man kann Krieg auch mit Worten führen. Genau so erleben wir es in vielfältiger Weise in unserem Land: Da wird in den gesellschaftlichen Diskussionen, die wir natürlich zu führen haben, immer weiter verbal aufgerüstet, zumeist auf Kosten der Schwächsten im Land, die sich gegen die Wortkanonaden, die ihnen gelten, schon allein sprachlich kaum wehren können. Da werden Christen, die davor fliehen, dass sie aus einem europäischen Land in ihre muslimische Heimat deportiert werden sollen, als Asyltouristen verhöhnt, da wird selbst in den großen Medien über Flüchtlinge fast nur noch so berichtet, als ob sie alle miteinander Verbrecher und Vergewaltiger seien.

Ja, unsere Schwestern und Brüder in der Gemeinde sind von diesem Krieg der Worte in besonderer Weise betroffen: Sie müssen sich nicht nur anhören, dass sie angeblich alle Asylschmarotzer sind, sondern sie erleben es zugleich auch, wie sie wegen ihrer Konversion zum christlichen Glauben von anderen Flüchtlingen, ja von ihrer eigenen Familie angegriffen und beleidigt werden, als Ungläubige, als dreckige Schweine bezeichnet werden. Und dann erleben sie obendrein, wie deutsche Behörden und Richter noch folgenreichere schlechte Worte gegen sie äußern, ihnen unterstellen, sie seien ja gar keine Christen, sondern nur aus asyltaktischen Gründen konvertiert. Doch dieser Krieg der Worte trifft eben nicht nur unsere geflüchteten Brüder und Schwestern allein. Man lese sich nur einmal die Kommentare durch, die unter Artikeln über unsere Gemeinde im Internet stehen, oder man lese sich nur einmal die netten Briefe durch, die wir mitunter hier in der Gemeinde bekommen, dann merken wir: Dieser Krieg der Worte trifft längst auch die, die es noch wagen, sich auf die Seite der Flüchtlinge in unserem Land zu stellen.

Gut und hilfreich ist es von daher, einen Blick zu werfen auf die Predigtlesung des heutigen Abends. Sie macht uns zunächst einmal deutlich: Das mit dem Krieg der Worte ist eine solch neue Sache nicht. Den hat es auch schon zur Zeit des Neuen Testaments gegeben, dass Christen mit Worten angegriffen und verleumdet wurden, als Minderheit, der man alle Schuld in die Schuhe schieben konnte. Wie sollten die Christen mit diesem Krieg der Worte, der schon damals gegen sie tobte, in der rechten Weise umgehen, wie sollten sie darauf reagieren? Der Apostel empfiehlt hier ein Doppeltes: Wir Christen sollten auf den Krieg der Worte reagieren

  • mit Worten des Segens
  • mit Worten der Hoffnung

 

I.

Wenn uns böse Worte an den Kopf geworfen werden, dann setzt bei uns geradezu ein Automatismus ein: Wenn der andere mir etwas Blödes sagt, dann antworte ich ihm entsprechend, dann zeige ich ihm, dass ich mir das nicht bieten lasse, dass ich im Gegenteil allemal noch besser zurückschlagen kann, als was ich gerade habe einstecken müssen. Mir sind solche Gedanken und Reaktionen jedenfalls nicht fremd; es ist tatsächlich so schwer, nicht so zu reagieren, erst recht, wenn man nicht genug geschlafen hat.

Doch Petrus erinnert uns hier daran, dass wir doch ein ganz anderes Potential haben, um auf solche bösen Worte, die wir hören, zu reagieren: Wir haben doch ganz andere Worte zu hören bekommen und bekommen sie immer wieder neu zu hören: Worte des Segens aus dem Munde Gottes, Worte, die wir immer wieder hören, wenn wir uns hier im Gottesdienst versammeln. Und diese Worte haben eine ganz andere Kraft als all die bösen und schlechten Worte, die uns sonst um die Ohren fliegen. Diese Worte haben die Kraft, uns ewiges, unvergängliches Leben zu schenken. Ja, diese Worte sind viel stärker als all die schlechten Worte, die zwar zunächst so verletzend wirken, sich am Ende aber eben doch als hohl und leer herausstellen. Auf diese Worte sollen wir uns besinnen, ja, mehr noch: Diese Worte sollen und können unser Herz so sehr füllen, dass da kein Raum mehr übrig bleibt für die vielen bösen Worte, die unser Herz belegen und vergiften wollen. Doch diese Worte des Segens, sie dienen uns nicht nur als Schutz vor den bösen Worten, sondern sie haben die Kraft, uns dann auch selber anders reden zu lassen, haben die Kraft, uns Worte des Segens sprechen zu lassen, wenn wir böse und schlechte Worte zu hören bekommen. Segnen sollen wir diejenigen, die uns Böses sagen, sollen für sie beten, sollen ihnen den Segen unseres Herrn Jesus Christus selber zusprechen. Ja, diese Worte sind stärker als alle bösen Worte, mit denen wir zurückschlagen könnten. Und mehr noch: Mit diesen Worten erweisen wir uns als Zeugen unseres Herrn Jesus Christus, der doch will, dass auch diese Menschen, die uns solch böse Worte gesagt haben, gerettet werden, der auch für sie und für ihre bösen Worte am Kreuz gestorben ist. Ja, denken wir daran, wenn wir das nächste Mal wieder in einen Kampf der bösen Worte hineinzurutschen drohen: Segnen wir einfach, sprechen wir dem anderen zu, dass Christus ihn segnen möge. Solch eine unerwartete Wendung kann mitunter ganz erstaunliche Wirkungen zeitigen!

 

II.

Und dann kann es passieren, dass Menschen nachdenklich werden, dass Menschen zu fragen beginnen, warum wir so ganz anders sind, als sie es von uns eigentlich erwartet hätten. Dann kann es passieren, dass Menschen in einer Umgebung, die von Christus gar nichts mehr weiß, doch neugierig werden, wenn sie merken, dass wir als Christen nicht die Spiele mitspielen, die doch sonst scheinbar alle in unserer Gesellschaft spielen, wenn sie sehen, dass wir auf zugefügtes Leid nicht mit Rache, sondern mit guten Worten und guten Taten reagieren. Und dann sollen wir in der Tat dazu in der Lage, dazu bereit sein, dann auch Antworten zu geben, wenn Menschen uns nach der Hoffnung fragen, die in uns ist, nach dieser Hoffnung, von der sie selber so wenig wissen.

Ja, gerade in einer Umgebung, die zwar manchmal noch das Wort „christlich“ im Munde führt, aber in Wirklichkeit selber gar nicht mehr weiß, was das eigentlich heißt, ist es ganz wichtig, dass wir zu solcher Rechenschaft in der Lage sind, dass wir über unseren Glauben, über unsere Hoffnung tatsächlich reden können, dass wir sprachfähig sind, wenn wir nach unserem Glauben gefragt werden – im Bundesamt und vor Gericht genauso wie im Gespräch mit den Nachbarn und Arbeitskollegen oder im Asylbewerberheim. In einer Zeit so vieler böser und hohler Worte ist es wichtig, dass wir fundiert Antwort geben können, dass wir wissen, worum es in unserem christlichen Glauben geht und das auch aussprechen können, ja, dass wir von unserem Glauben her dann auch Stellung nehmen können zu dem, was wir in unserer Welt erleben. Ja, wichtig ist es, dass wir die Möglichkeiten nutzen, die wir auch hier in unserer Gemeinde haben, um unseren Glauben zu vertiefen, um mit anderen so über unseren Glauben reden zu können, dass die anderen merken: Das ist etwas anderes als das oft so hohle Geschwätz, was wir Tag für Tag zu hören bekommen.

Ja, geistliche Fortbildung ist das eine Wichtige. Doch ebenso wichtig ist die andere Mahnung, die der Apostel Petrus uns hier mitgibt: „Heiligt den Herrn Christus in euren Herzen!“ Lebt und sprecht aus dieser Kraft heraus, dass Christus selber in euch lebt, in euch Wohnung genommen hat, lasst durch ihn euer Reden und auch euer Handeln prägen! Wir haben es doch so gut, wir haben Quellen, aus denen wir schöpfen können, die Menschen ohne Christus überhaupt nicht haben. Wenn wir unsere Kraft aus diesen Quellen schöpfen, wenn Christus selber immer wieder in uns Wohnung nimmt in seinem Heiligen Mahl, dann braucht uns vor dem Krieg der Worte nicht bange zu sein. Wir haben so viel mehr, was uns trägt und schützt. Ja, Gott geb’s, dass dies dann auch diejenigen merken, die uns jetzt noch verleumden, die jetzt noch so Böses über uns sagen und schreiben! Wir brauchen uns vor ihnen jedenfalls nicht zu fürchten. In uns lebt doch Christus, der Herr der Welt. Und wenn wir ihn haben, dann kann uns schlussendlich kein böses Wort dieser Welt wirklich schaden. Amen.

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