St. Johannes 3, 16 | Christvesper | Pfr. Dr. Martens

Na, habt ihr alle eure Geschenke zusammen? Habt ihr es noch geschafft, sie hübsch einzupacken, sie in manchen Fällen auch noch rechtzeitig auf den Weg zu bringen? Oder waren in diesem Jahr bei euch einfach gar keine Geschenke drin, weil das Geld, das ihr habt, kaum dazu gereicht hat, dass ihr euch ein Ticket für die Fahrt zur Kirche leisten konntet? Und rechnet ihr umgekehrt auch gar nicht damit, dass ihr irgendwelche Geschenke bekommt, weil ihr wisst, dass die, die eigentlich für euch Geschenke besorgen sollten, das einfach nicht können? Oder kommt ihr vielleicht auch gar nicht unbedingt auf die Idee, dass Weihnachten etwas mit Geschenken zu tun haben könnte, weil dies euer erstes Weihnachten in Deutschland ist und ihr immer noch davon ausgeht, dass wir zu Weihnachten doch eigentlich den Geburtstag von Jesus Christus feiern und nicht bloß irgendein Fest der Geschenke oder ein Fest der Liebe?

Ja, warum machen wir das eigentlich, dass wir uns Weihnachten gegenseitig Geschenke machen? Auch das haben wir allen Ernstes Martin Luther zu verdanken – auch wenn der wohl alles andere als beglückt wäre, wenn er zu kommentieren hätte, was heute aus der Feier der Geburt Christi hier in unserem Land geworden ist. Ja, Martin Luther hat das ab 1535 mit den Geschenken am Weihnachtsfest eingeführt.

Bis dahin war es üblich, Kinder am Nikolaustag, am 6. Dezember, zu beschenken. Die Geschenke sollten daran erinnern, dass der heilige Nikolaus sich als Bischof von Myra immer wieder in besonderer Weise um Kinder gekümmert und ihnen auch mit Geschenken Freude bereitet hatte. Doch Martin Luther sagte nun: Wenn die Kinder immer nur denken, dass der Nikolaus die Geschenke bringt, dann bekommen sie ja gar nicht mit, wer uns eigentlich das allergrößte Geschenk macht, ja, was eigentlich das allergrößte Geschenk ist. Und so verlegte er die Bescherung kurzerhand vom 6. Dezember auf den 24. Dezember, auf den Heiligen Abend. Jedes Geschenk, was die Kinder bekamen, sollte daran erinnern: Jesus Christus ist das allergrößte Geschenk, und wenn wir einander etwas schenken, dann kann das nur ein Ausdruck der Freude darüber sein, dass wir selber so reich von Gott beschenkt sind.

Nun mögen so manche unter euch, gerade unter euch Kindern, sagen: Das ist ja schön, wenn uns das Jesuskind geschenkt wird. Aber ein Smartphone oder eine Playstation oder auch nur eine Tafel Schokolade ist mir eigentlich doch noch lieber als Geschenk. Damit kann ich viel eher etwas anfangen.

Doch denken wir einmal darüber nach: Warum freuen wir uns eigentlich über Geschenke? Es ist doch in aller Regel nicht so, dass wir zu Weihnachten oder zu anderen Anlässen einfach nur abkassieren wollen. Sondern dahinter steckt doch eigentlich, dass wir uns über die Liebe freuen, die in diesen Geschenken zum Ausdruck gebracht wird. Es geht nicht um den Wiederverkaufswert, sondern um die besondere Zuwendung, die in einem Geschenk steckt und es so wertvoll macht.

Und genau von solch einem Geschenk erzählt uns Christus selber nun in der Predigtlesung dieses heutigen Abends: Gott selber macht uns ein Geschenk. Nein, er schenkt uns nicht bloß etwas, eine Sache, die wir mehr oder weniger gut brauchen können und die wir nach einiger Zeit wieder in die Schublade legen und dort allmählich verstauben lassen. Sondern er schenkt uns nicht weniger als seine Liebe. Und wenn ich „uns“ sage, dann meine ich tatsächlich uns alle, ohne Ausnahme. Christus sagt selber: Gott liebt die ganze Welt, der liebt sogar die Menschen, die von seiner Liebe überhaupt nichts wissen wollen, der liebt Christen und Muslime, der liebt allen Ernstes sogar Herrn Khamenei, ganz gleich, ob dem das recht ist oder nicht. Doch Liebe ist bei Gott eben nicht bloß ein schönes Gefühl, sondern die hat etwas mit Geschenken zu tun, so betont es Christus selber hier: Gott schenkt uns – nein, nicht bloß etwas, sondern er schenkt uns seinen Sohn, schenkt ihn uns gerade so, dass sein Sohn Jesus Christus für uns am Kreuz hängt und stirbt, damit wir für immer mit Gott verbunden sein können, für immer von seiner Liebe umfangen bleiben in alle Ewigkeit. Gott reißt sich dieses Geschenk vom Herzen, er bezahlt das nicht bloß eben mal aus der Portokasse. Mehr kann er überhaupt nicht geben.

Was machst du, wenn du ein Geschenk erhältst, das dir besonders lieb und wichtig ist, das dir besonders viel bedeutet? Dann wirst du natürlich deine Freude darüber zum Ausdruck bringen, wirst demjenigen Danke sagen, der dir dieses Geschenk gemacht hat. Ja, wenn der, der dir dieses Geschenk macht, es wirklich ernst mit seinem Geschenk meint, dann wird er nicht von dir erwarten, dass du dich nun gleich revanchierst, dass du ihm nun auch ein Gegengeschenk machst. Deine Freude reicht ihm. Und genau so ist es auch mit Gott. Der macht dir mit seinem Sohn Jesus Christus das größte Geschenk deines Lebens. Denn sein Sohn Jesus Christus sorgt dafür, dass du ewig leben wirst, dass selbst die allerschönste Bescherung hier auf Erden, selbst das allerschönste Weihnachtsfest nur ein ganz blasser Abglanz dessen ist, was dich einmal am Ziel deines Lebens erwartet. Was für ein Geschenk – eine Lebensperspektive, die über alles hinausreicht, was wir uns vorstellen können, eine Lebensperspektive, die am Ende nur noch vollkommenes Glück kennt! Feiern und Freude ohne Ende – weil wir am Ziel unseres Lebens einmal Gott selber sehen werden, weil wir am Ziel unseres Lebens einmal Christus mit eigenen Augen sehen werden, dessen Geburtstag wir heute Abend feiern! Wenn das kein Grund zur Freude, zum Feiern ist! Und mehr erwartet Gott auch gar nicht von uns, als dass wir uns über dieses Geschenk von Herzen freuen, dass wir sagen: Danke Gott, dass du mir dieses allergrößte Geschenk gemacht hast!

Das heißt aber auch umgekehrt: Wenn wir uns zu Weihnachten alle möglichen Geschenke machen und dabei das wichtigste Geschenk vergessen und übersehen, dann bleibt Weihnachten am Ende hohl und leer, ein verabredeter Zeitpunkt zum Austausch von Konsumgütern mit stimmungsvoller Bedudelung im Hintergrund, mehr nicht. Nein, nur das eine Geschenk gibt den anderen Geschenken ihren Sinn.

Aber wenn sich dann Menschen gemeinsam über das Geschenk freuen, das Gott ihnen macht, dann ist das natürlich besonders schön. Ja, wenn Menschen diese Freude nicht für sich behalten können und darum anderen eine Freude machen, ein Geschenk, dann ist das erst recht schön, und dann hat das durchaus etwas zu tun mit dem eigentlichen Sinn von Weihnachten. Und genau so können wir es heute Nachmittag auch erleben: Da hat der Bastelkreis unserer Gemeinde wieder viele Geschenke für die Kinder unserer Gemeinde vorbereitet, die sie sich gleich hier vorne abholen können, Geschenke, die alle an das eine große Geschenk, an das Kind in der Krippe, erinnern sollen. Und dann haben sich einige Glieder der anglikanischen Gemeinde St. George‘s hier in Berlin auch gedacht, dass sie in besonderer Weise den Flüchtlingskindern eine Freude zu Weihnachten machen wollten – und so haben sie auch mehr als 50 Geschenke in Schuhkartons gepackt. Und wenn der Gottesdienst nachher fertig ist, dann dürfen die Kinder alle in den Vorraum gehen und sich diese Geschenke auch noch abholen. Ja, auch unsere Brüder und Schwestern aus der anglikanischen Gemeinde wollen euch damit an das eine ganz große Geschenk erinnern – an das kleine Baby, das nach seiner Geburt wohl auch noch in solch einen Schuhkarton hineingepasst hätte und das doch zugleich unser Herr und Gott ist, der uns vor dem ewigen Tod rettet und uns das ewige Leben schenkt. Was für eine Bescherung an diesem Abend! Amen.

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