St. Lukas 10, 17-20 | Tag des Erzengels St. Michael | Pfr. Dr. Martens

Im Augenblick geben sich hier in unserer Dreieinigkeits-Gemeinde die Journalisten aus aller Welt die Klinke in die Hand. Alle wollen sie berichten von diesem ganz besonderen Phänomen hier in Steglitz, dass hier in unserer Gemeinde so viele Muslime sich dem christlichen Glauben zuwenden und sich taufen lassen. Ja, wie ist so etwas möglich? Woran liegt das? Und ist das alles überhaupt echt, was hier geschieht? Immer wieder sind es dieselben Fragen, die mir hier gestellt werden – und es liegt dann an den Journalisten selber, ob sie ernsthaft von dem berichten, was sie hier erleben, oder nur darauf aus sind, ihre vorgefasste Meinung, dass so etwas doch gar nicht ernsthaft sein kann, irgendwo bestätigt zu sehen.

Von Erfolgen ist in diesem Zusammenhang immer wieder die Rede – als ob das, was wir hier in unserer Gemeinde erleben, ein „Erfolg“ wäre: ein Erfolg unserer Arbeit oder gar ein Erfolg des Pastors. Doch eben darum geht es überhaupt nicht in unserer Arbeit, so macht es uns St. Lukas im Heiligen Evangelium des heutigen Festtags sehr eindrücklich deutlich.

Da kommen die 72 Jünger, die Jesus ausgesandt hatte, um den Menschen das Reich Gottes zu predigen, wieder zu Jesus zurück. Und sie sind begeistert: Was sie erlebt haben, hatte ihre Erwartungen und Hoffnungen noch übertroffen, war geradezu sensationell: „Herr, auch die bösen Geister sind uns untertan in deinem Namen.“ Wahnsinn, unglaublich, kaum zu beschreiben! Doch Jesus reagiert ganz anders, als die 72 das vielleicht erwartet haben mögen. Er sagt nicht: Jetzt habt ihr es selber erfahren: Ihr müsst nur machen, was ich sage, ihr müsst nur fest genug an mich glauben, dann gelingt euch alles im Leben, dann habt ihr immer Erfolg, dann fühlt ihr euch immer gut! Sagt Jesus nicht.

Sondern er lässt die Jünger erkennen, dass das, was sie gerade erlebt haben, noch eine ganz andere Tiefendimension hat: „Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz.“ Wo die Botschaft von Jesus Christus verkündigt wird, da geht es um nicht weniger als um einen Kampf zwischen Christus und dem Satan, um einen Kampf, den der Satan nicht gewinnen kann, wo Menschen im Auftrag von Christus sein Wort verkündigen, wo der Name Christi verkündigt und angerufen wird. Wenn man sich den griechischen Text genau anguckt, erkennt man hier in den Worten Jesu zweierlei: Zum einen: Jesus sieht, wie der Satan immer wieder vom Himmel stürzt, wo sich Gottes Reich ausbreitet. Und zum anderen: Dieser Sturz des Satan ist endgültig, nicht mehr wieder rückgängig zu machen. Er mag sich hier auf Erden noch kräftig austoben – und davon merken eben auch wir eine ganze Menge. Aber so sehr er auch tobt: Er ist und bleibt der Loser, endgültig, unwiderruflich.

„Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz.“ – Schwestern und Brüder, wir können nicht verstehen, was sich hier bei uns hier in der Gemeinde abspielt, wenn wir diese Dimension nicht vor Augen haben, wenn wir nicht begreifen, dass es auch in unserer Arbeit hier vor Ort immer wieder um einen Kampf zwischen Christus und Satan geht, ja, tatsächlich um nichts weniger. Es geht nicht darum, dass wir hier auf persönliche Erfolge aus wären, auch nicht darum, dass wir hier einen Fanclub sammeln würden und stolz präsentieren würden, wie viele Follower wir schon haben. Es geht erst recht nicht darum, dass wir zeigen, wie gut wir sind, dass wir es geschafft haben, so viele Leute hier bei uns in die Gemeinde zu holen. Sondern es geht hier immer wieder neu darum, dass Christus Menschen der Gewalt des Satans entreißt und in seine Gemeinschaft holt.

Darum hat es eben seinen tiefen Sinn, dass jeder Täufling, der zuvor Muslim war, bei seiner Taufe gefragt wird: „Sagst du dich los vom Satan, sagst du dich los auch vom Islam?“ Es geht in der Taufe nicht bloß um einen Religionswechsel, so wie jetzt gegen Jahresende eine Autoversicherung versucht, einer anderen Autoversicherung vielleicht ein paar Kunden wegzuschnappen. Es geht wirklich darum, dass in jeder Taufe Satan eine entscheidende Niederlage erleidet, dass Jesus ihn jedes Mal vom Himmel fallen sieht, wenn Menschen durch das Wasser der Taufe zum ewigen Leben gerettet werden.

Und wenn es denn in unserer Arbeit immer wieder neu um einen Kampf zwischen Christus und Satan geht, dann sollten wir eben auch niemals vergessen, was wir eben in der Epistel dieses Festtags gehört haben: Der Teufel kann zwar nicht mehr gewinnen; aber er tobt sich hier noch aus, versucht noch so viel Verwirrung und Zerstörung wie möglich in der Kirche anzurichten. Wir haben etwas davon in der letzten Zeit gemerkt, wie unsere Gemeinde von einem Menschen, der unsere Gemeindeglieder gar nicht kannte, öffentlich verleumdet wurde, wie euer Bekenntnis zu Jesus Christus in Zweifel, ja in den Dreck gezogen wurde. Wundert euch darüber nicht! Das ist hier kein Ponyhof. Aber habt auch keine Angst. Wir sind in diesem Kampf nicht allein. Christus ist und bleibt der Sieger – und er schickt uns immer wieder neu seine heiligen Engel, die uns immer wieder neu beschützen, bewachen, verteidigen. Ja, es ist in der Tat ein Wunder, dass wir unsere Arbeit hier in Steglitz bisher so ungehindert haben tun können, dass uns hier nicht noch ganz andere Widerstände von innen und außen begegnen. Danken wir Christus, danken wir ihm immer wieder neu für den Dienst seiner heiligen Engel!

Und dann macht Christus seinen Jüngern, macht er uns hier noch etwas anderes deutlich: Das, was andere Menschen vielleicht als sensationell, als großen Erfolg ansehen mögen, das soll für euch gar nicht so wichtig und interessant sein. Freut euch nicht darüber, dass ich euch in eurem Dienst besondere Vollmachten gegeben habe, auch Außergewöhnliches zu tun. Freut euch vielmehr darüber, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind. Das allein ist wichtig, das allein zählt – nicht das, was Menschen zunächst einmal ins Auge fallen mag.

Genauso ist es bei uns. In verschiedenen Medienbeiträgen wurde mir bereits unterstellt, ich würde ja nur deshalb so viele Menschen taufen, weil ich es genießen würde, eine volle Kirche zu haben. Wer so etwas schreibt, hat vermutlich noch niemals an einem Sonntag 16 Leute getauft, 200 Kommunikanten das Sakrament gereicht und weitere hundert gesegnet. Für mein Ego brauche ich das wirklich nicht. Das ist einfach Arbeit, die einem ganz schön an die Kräfte geht. Aber es geht in dieser Arbeit doch in Wirklichkeit um etwas ganz anderes: Dass ich wirklich jedem Menschen, der hier am Altar das Sakrament empfängt, das Heilmittel des ewigen Lebens reichen darf, dass ich mich darüber freuen darf, dass tatsächlich der Name eines jeden Menschen, der hier die Heilige Taufe empfängt, im Himmel geschrieben wird. Es geht nicht darum, ob wir um 300, um 600 oder um 700 Gemeindeglieder wachsen. Es geht darum, dass jeder einzelne, der den Weg zu seinem Herrn und Heiland Jesus Christus findet, durch ihn, Christus, in den Himmel kommt. Es geht darum, dass wir uns über einen jeden einzeln freuen, über seinen ganz persönlichen Namen, der im Himmel aufgeschrieben wird, dass wir uns darüber freuen, nicht über Massen oder über Erfolge.

Lassen wir uns darum durch nichts und niemanden den Blick auf das verstellen, worum es hier bei uns in der Kirche, ja in jeder Kirche geht, die Kirche Jesu Christi ist: Dass Menschen in ihrer Taufe von Christus bei ihrem Namen gerufen werden, dass Menschen sich um Christus sammeln und schon hier auf Erden im Heiligen Mahl einen Vorgeschmack dessen erfahren, wozu sie von Christus in ihrer Taufe eingeladen worden sind. Ja, da singen und feiern die Heiligen Engel schon jetzt schon hier auf Erden. Und Gott geb’s, dass in diese Freude noch ganz viele Menschen in der Zukunft einstimmen werden – ja, auch hier in unserer Gemeinde! Amen.

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