St. Lukas 2, 8 | Christvesper | Pfr. Dr. Martens

Welche Tiere werden in der Weihnachtsgeschichte bei St. Lukas namentlich erwähnt? Na, habt ihr eben gut aufgepasst? Richtige Antwort: Namentlich erwähnt wird in der Weihnachtsgeschichte kein einziges Tier. Ochs und Esel sind erst im Verlauf der Kirchengeschichte in die Nähe der Krippe gewandert – als Erinnerung daran, dass wir mindestens so klug sein sollten wie ein Ochse und ein Esel, die die Krippe ihres Herrn genau kennen, wie es der Prophet Jesaja sagt. Und von den Hirten wird in der Weihnachtsgeschichte bei St. Lukas nur gesagt, dass sie ihre Herde gehütet haben. Was für Tiere da in der Herde waren, das erwähnt der Evangelist nicht. Aber wir werden es uns schon denken können. Schweine waren es in Israel ganz sicher nicht, Kühe wohl auch nicht – es bleiben eigentlich nur noch Schafe und Ziegen übrig. Und so kann man auf vielen Krippendarstellungen eben auch Schafe gemeinsam mit den Hirten sehen, die sich auf den Weg zu dem Kind im Futtertrog machen.

Doch die Botschaft der Schafe in der Weihnachtsgeschichte ist noch einmal eine ganz besondere. Sie sagen zu einem jeden von euch: Seid nicht wie wir, seid keine Schafe!

Was haben die Schafe damals gemacht? Sie haben erst mal ziemlich blöd rumgestanden, als die Engel kamen und den Hirten die frohe Botschaft von der Geburt des Heilands in Bethlehem verkündigt haben. Viel Licht haben sie gesehen – aber die Botschaft der Engel haben sie wohl kaum verstanden. Die war ja auch keine Botschaft für Schafe, sondern eine Botschaft für Menschen, für Leute, die ganz allein draußen vor der Stadt saßen und mit allem gerechnet hatten, aber nicht damit, dass Gott ihnen durch seine Boten die beste Botschaft der Weltgeschichte überbringen lässt.

Heute Abend feiern viele Menschen in unserem Land Weihnachten auch wie die Schafe damals auf den Feldern vor Bethlehem. Sie sehen vielleicht all die vielen Lichter, die heute Abend leuchten und eigentlich einmal an das helle Licht erinnern sollten, das mit der Geburt unseres Herrn Jesus Christus in die Welt gekommen ist. Sie sehen vielleicht das helle Licht – aber sie verstehen die Botschaft nicht, die die Engel den Hirten verkündigt haben: „Euch ist heute der Heiland geboren!“ Ja, man kann Weihnachten wie ein Schaf feiern: Ein bisschen Engelchor im Hintergrund, ein bisschen Lichtglanz, und ansonsten einfach ordentlich futtern und sich von der mitreißendsten Botschaft der Welt nicht weiter kratzen lassen. Nun muss ich die Schafe damals auch ein bisschen in Schutz nehmen: Denen galt die Botschaft der Engel ja auch wirklich nicht. Die hatten allen Grund, nach der Engelbotschaft einfach gemütlich weiter zu mampfen. Doch ihr seid alle miteinander keine Schafe. Ihr seid Menschen, und euch gilt die Botschaft der Engel darum ausnahmslos: Euch, jawohl, euch ist heute der Heiland geboren! Euch, die ihr irgendwo weit draußen vor der Stadt in Asylbewerberunterkünften wohnt, euch, die ihr vor einem Jahr noch nicht im Traum damit gerechnet hättet, heute hier in Berlin in einer Kirche zu sitzen, euch, die ihr heute Abend vielleicht auch sehr allein in eurer Wohnung sitzen werdet und an liebe Menschen denken werdet, die nicht mehr hier bei euch sind, euch, die ihr so gar nicht wisst, was das neue Jahr, das vor euch liegt, alles mit sich bringen wird, ja, auch euch, denen es richtig gut geht und die ihr vielleicht gar nicht auf die Idee kommen würdet, dass ihr einen Retter braucht, der sich auch für euch in einen Futtertrog in einem Viehstall in Bethlehem hat legen lassen, damit euer Leben nicht im Tod endet, sondern bis in die Ewigkeit führen wird.

Hört darum diese Botschaft, macht es nicht wie die Schafe, erkennt, dass ihr gemeint seid heute Abend, ja, dass euch der Heiland geboren ist!

Seid nicht wie die Schafe! So verkündet es uns St. Lukas heute Abend. Die Hirten, die haben sich nach dem Besuch der Engel sofort auf den Weg gemacht – hin zur Krippe, hin zu dem Kind, das darin liegt. Ob sie dabei ihre Schafe mitgenommen haben, wissen wir nicht. In der Bibel steht davon nichts. Es mag sein, dass sie tatsächlich mitgenommen wurden – aber allein wären sie sicher nicht auf den Gedanken gekommen, mitten in der Nacht noch einmal loszuziehen. Und es mag eben sehr wohl sein, dass die meisten Schafe eben doch auch nicht mitgekommen sind, weil sie nach dem Futtern zu müde waren für einen längeren Weg.

Seid nicht wie die Schafe! So ruft es uns St. Lukas zu! Wenn ihr nur die Botschaft von der Geburt des Heilands im Stall von Bethlehem gehört habt und euch dann nicht selber auf den Weg zu ihm macht, wenn ihr nach dieser Botschaft immer noch weiter lebt wie zuvor, als wäre nichts geschehen, dann seid ihr Schafe, aber keine Hirten. Versteht doch, was diese Botschaft für euch bedeutet: Ihr könnt das Kind finden, ihr könnt Christus finden, ganz einfach, ganz eindeutig erkennbar. Der Weg ist gar nicht weit. Das galt damals für die Hirten, und das gilt auch für euch. Ihr könnt ihn finden, Christus, euren Heiland, eingewickelt in die Windeln von Brot und Wein, ganz klein und unscheinbar, jawohl, hier an diesem Altar. Bleibt also nicht liegen wie die Schafe, sondern zieht los, immer und immer wieder, begegnet dem Kind, begegnet eurem Retter immer und immer wieder. Ihr findet ihn nicht da, wo ihr wollt, sondern da, wohin Gottes Boten euch mit ihrem Wort weisen. Nein, Weihnachten wird es bei dir nicht, wenn du dich nach dem Gesang der Engel und dem Futtern auf den Bauch legst und liegen bleibst. Weihnachten wird es bei dir, wenn du dich mit den Hirten auf den Weg begibst, wenn du dich anstecken lässt von der Freude der Hirten über ihren Heiland. Sei kein Schaf, komme mit zu Jesus, bleibe bei ihm – nicht nur zu Weihnachten, sondern auch, wenn das Fest vorbei ist. Jesus lässt sich das ganze Jahr über finden, will dein Herz das ganze Jahr über mit der Freude über sein Kommen füllen. Und wenn du es selber nicht schaffst, dann hast du hoffentlich auch einen Hirten an deiner Seite, einen, der dich mitnimmt, der dich eben nicht liegen lässt, sondern zu dir sagt: Lasst uns nun gehen, hin zu Jesus, auch wenn der Weg dorthin vielleicht ein bisschen länger ist. Ja, werdet selber zu solchen Hirten, die andere Schafe mitbringen, die andere zu Jesus mitbringen, wenn sie selber den Weg zu ihm nicht finden. Ja, an all das sollen euch die Schafe erinnern – ja, auch die Schafe, die unser Bastelkreis nun für die Kinder vorbereitet hat. Denkt an die Schafe – hört hin auf das Wort der Engel und kommt zu Jesus! Amen.

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