Ansprache über St. Matthäus 5,1-12 | Gedenktag der Reformation Gedenktag Der Heiligen | Pfr. Dr. Martens
Der Gedenktag der Heiligen kommt in diesem Jahr wirklich zur richtigen Zeit. Da sind unsere Gedanken in diesen Tagen so ganz auf das Leben hier auf der Erde gerichtet: Wo auch immer wir hinhören, ist von dem Corona-Virus die Rede. Wir mögen selber Angst spüren davor, dass dieses Virus auch uns befallen könnte, dass auch wir krank werden, vielleicht gar sterben könnten. Und wenn das nicht unsere erste Sorge ist, denken wir vielleicht doch in diesen Tagen besonders an den bevorstehenden Lockdown, denken daran, was uns in diesen kommenden Wochen wohl bevorstehen mag, worauf wir in diesen kommenden Wochen werden verzichten müssen, ja, was für Probleme er für uns wohl persönlich mit sich bringen mag.
Und dann gibt es natürlich auch noch viele in unserer Gemeinde, für die trotz allem das Corona-Virus und der Lockdown gar nicht das Erste ist, woran sie denken, weil sie so vieles andere in ihrem Leben erfahren, was sie zu Boden drückt: Das lange Warten auf eine Gerichtsverhandlung, in der sich endlich entscheidet, ob sie hier in Deutschland bleiben dürfen oder nicht, das unfaire Gerichtsurteil, in dem ein Richter, der keine Ahnung vom christlichen Glauben hatte, darüber befunden hatte, dass selbst langjährige christliche Asylbewerber in Wirklichkeit doch alles nur Asylbetrüger sind. Und was kommt nun? Ein Leben ohne Perspektive hier in Deutschland? Die Abschiebung in das Heimatland? Oder einfach nur noch Verzweiflung?
Ja, wir erleben es bei uns selber, wie fest unser Blick immer wieder auf dieses Leben hier auf der Erde gerichtet ist, wie all unsere Gedanken immer wieder nur darum kreisen, wie wir dieses Leben retten und so gut wie möglich gestalten können. Höchste Zeit ist es da für uns, Allerheiligen zu feiern, unseren Blick von all dem, was uns hier auf Erden zu Boden drückt, wegzulenken hin auf die unübersehbare Schar aller Heiligen, die vor dem Thron Gottes stehen und voller Freude ihre Siegeslieder singen. Ja, dieser Blick in den Himmel, um den es an diesem Fest geht, der hilft uns, unser Leben, unsere Probleme, die wir haben, noch einmal in einem ganz anderen Licht, aus einer ganz anderen Perspektive wahrzunehmen.
Zweierlei machen uns die Heiligen im Himmel deutlich:
Zum einen erinnern sie uns daran, was eigentlich das Ziel unseres Lebens ist. Das Ziel unseres Lebens besteht nicht darin, möglichst alt zu werden. Das Ziel unseres Lebens besteht nicht darin, möglichst lange gesund zu bleiben. Das Ziel unseres Lebens besteht auch nicht darin, möglichst viel Spaß zu erleben und möglichst wenig verpasst zu haben. Und erst recht besteht das Ziel unseres Lebens nicht darin, möglichst viel Geld verdient zu haben. Sondern es gibt nur ein Ziel unseres Lebens: Dass wir selig (gerettet) werden, dass wir für immer in der Gemeinschaft mit unserem Herrn Jesus Christus leben werden. Das allein ist wirklich entscheidend, und auf welchem Wege wir zu diesem Ziel gelangen, ist im Vergleich dazu dann gar nicht so entscheidend. Die Heiligen im Himmel, sie haben dieses Ziel erreicht, sie dürfen jetzt schon Jesus Christus schauen, dürfen sich jetzt schon ohne Ende freuen, und sie rufen uns zu: Verliert dieses Ziel niemals aus den Augen, auch und gerade in dieser Corona-Zeit nicht, auch und gerade dann nicht, wenn euch deutsche Behörden und Richter tiefstes Unrecht zufügen. Die Heiligen rufen uns zu: Haltet durch, gebt nicht auf, es lohnt sich so sehr, den Weg zu diesem Ziel zu gehen, auch wenn er noch so mühsam ist. Ja, denkt daran: Es geht in eurem Leben vor allem anderen darum, selig zu werden!
Und dann schau dir die Heiligen im Himmel an: Das ist keine Versammlung derer, die in ihrem Leben von einem Erfolg zum anderen geeilt sind. Im Gegenteil: Es ist kein Zufall, dass die Farbe des heutigen Festes Allerheiligen rot ist. Rot ist die Farbe des Blutes, und so viele derer, die jetzt vor dem Thron Gottes stehen und feiern, haben hier auf Erden um ihres Glaubens willen so viel erlitten, sind oft genug auch für ihr Bekenntnis zu Jesus Christus getötet worden. Ja, so bitter vieles ist, was wir jetzt in der Corona-Zeit erfahren: Im Vergleich zu dem, was so viele der Heiligen vor dem Thron Gottes in ihrem Leben erlitten haben, sind unsere Leiden dann doch sehr gering, selbst wenn uns ein ignoranter Richter hier in Deutschland die Ernsthaftigkeit unseres Glaubens absprechen sollte.
Ja, wie kommen wir in den Himmel, wie werden wir gerettet? Nicht durch unsere Erfolge, die wir im Leben haben, nicht dadurch, dass wir Gott am Ende einen deutschen Pass vorzeigen können. Sondern wir kommen in den Himmel nur mit ganz leeren Händen, wenn wir Gott nichts, aber auch gar nichts vorweisen können: „Selig sind, die da geistlich arm sind, denn ihrer ist das Himmelreich“, so heißt es im Evangelium dieses Festtags. Selig sind die, die wissen, dass sie Gott mit nichts beeindrucken können, die nur auf Gottes Gnade und Erbarmen vertrauen können. An diesem Wochenende feiern wir ja zugleich auch den Gedenktag der Reformation, feiern, dass Martin Luther wieder neu entdeckt hat, was die Heilige Schrift über unsere Rettung sagt: Allein um Christi willen kommen wir in den Himmel, weil er alles für uns getan hat, weil er allein unsere leeren Hände füllt und uns geistlich Arme ganz reich macht. Kein Heiliger im Himmel hat sich seinen Platz dort verdient. Sie alle staunen nur darüber, dass Gott ihnen geschenkt hat, was sie sich selber niemals hätten verdienen können.
Und so stehen sie nun alle da vor Gott: Die, die in ihrem Leben so viel Leid getragen haben, die, die nach der Gerechtigkeit gehungert und gedürstet haben, weil sie so viel Unrecht in ihrem Leben erfahren haben, diejenigen, die Frieden gestiftet haben und ihr Recht in dieser Welt gerade nicht mit Gewalt durchgesetzt haben, ja, die, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt worden sind: Menschen, deren Leben nach unseren Maßstäben oftmals gescheitert ist und die doch in Gottes Augen ganz groß dastehen.
„Selig seid ihr“, so heißt es am Ende der Seligpreisungen Jesu: Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und allerlei Böses gegen euch reden und dabei lügen. Selig seid ihr, wenn euch deutsche Richter zu Unrecht euren Glauben absprechen, selig seid ihr, wenn ihr in euren Heimen oder auf der Straße wegen eures Glaubens bedroht werdet, selig seid ihr, wenn euch deutsche Politiker unterstellen, ihr könntet auch ohne das Heilige Mahl als Christen leben. „Seid fröhlich und jubelt; es wird euch im Himmel reichlich belohnt werden.“ Ja, seid fröhlich und jubelt, auch in dieser bösen Corona-Zeit. Denn eure Hoffnung, sie liegt doch nicht hier auf der Erde. Sie liegt dort, wo die Heiligen schon auf einen jeden von euch warten. Seid fröhlich und jubelt! Kein Virus, kein BAMF und kein Gericht, keine Bosheit von Menschen kann euch daran hindern, das Ziel eures Lebens zu erreichen! Was für eine großartige Perspektive – heute, am Tag vor dem Lockdown! Amen.