Ansprache zur Erstkommunion über Johannes 6,51-56

Das hätte ich mir vor einem halben Jahr noch nicht einmal in meinen wildesten Träumen vorstellen können: Eine Erstkommunionfeier mitten in den Sommerferien im Juli, mit Konfirmanden und ihren Familien, die zu diesem Anlass einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Da kommt man sich irgendwie wie im falschen Film vor. Aber das ist hier kein Film, das ist Realität, an die wir uns langsam gewöhnt haben – auch wenn ich hoffe, dass dies die einzige Erstkommunion in meinem Leben bleibt, die ich unter diesen Bedingungen feiern muss.

Doch diese ungewöhnlichen Umstände, unter denen wir nun heute eure Erstkommunion, liebe Konfirmanden, begehen, haben auch etwas sehr Gutes an sich. Sie lassen euch und uns nämlich noch einmal in ganz besonderer Weise erkennen, worum es im Heiligen Abendmahl, das ihr heute nun zum ersten Mal empfangt, eigentlich geht.

Da haben wir eben im Heiligen Evangelium gehört, dass Jesus sagt: „Wer mein Fleisch isst und trinkt mein Blut, der hat das ewige Leben und ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken.“ Ja, es geht im Heiligen Abendmahl tatsächlich um nicht weniger als um Leben und Tod. Das ist ein Thema, das euch, liebe Konfirmanden, erst einmal ziemlich fernzuliegen scheint. Ihr habt noch das ganze Leben vor euch – und da macht man sich normalerweise verständlicherweise nicht so viele Gedanken über das Ende des Lebens oder gar über das ewige Leben. Doch gerade jetzt in dieser Corona-Zeit ist uns allen miteinander die Frage nach dem Ende unseres menschlichen Lebens näher gerückt, als uns dies selber lieb war. Wir haben sehr direkt erfahren, dass das Leben von Menschen schneller enden kann, als man sich das normalerweise vorstellen würde. Ja, das ist etwas, was ihr, liebe Konfirmanden, in diesen letzten Monaten sehr direkt gelernt habt: Das Leben ist nicht einfach nur ein einziger großer Spaß. Sondern das ist schon eine ganz ernste Angelegenheit. Und gerade jetzt in diesen Monaten, in denen wir so vieles nicht können, was wir gerne möchten, stellt sich uns diese Frage ganz besonders: Was ist denn nun eigentlich wirklich wichtig im Leben, wenn es nicht einfach nur der Spaß ist, den wir haben? Und was ist, wenn es mit dem Spaß in meinem Leben einmal endgültig vorbei ist?

Wie gut, dass wir als Christen diese Frage ohne jede Angst stellen und darüber nachdenken können. Denn wer im Heiligen Mahl den Leib und das Blut Christi empfängt, der bekommt hier und jetzt schon das ewige Leben geschenkt, der bekommt hier eine Medizin, die stärker ist als der Tod. Ja, das muss man sich mal vorstellen, was das bedeutet: Da geben im Augenblick Firmen, ja Regierungen Milliarden von Euro aus, um einen Impfstoff zu entwickeln, der uns vor dem Corona-Virus schützt. Doch hier im Heiligen Mahl bekommt ihr eine Arznei, die sogar gegen den ewigen Tod wirkt, die uns so gut schützt, dass wir damit ewig leben werden. Und dafür müssen wir überhaupt nichts bezahlen, diese Arznei gibt es ganz umsonst. Ich ahne schon, wie sich die Leute vermutlich im nächsten Jahr drängeln werden, wenn, Gott geb’s, endlich Impfungen gegen das Corona-Virus angeboten werden. Doch hier im Gottesdienst bekommen wir viel, viel mehr als bloß solch eine Impfung gegen ein einzelnes Virus. Da bekommen wir eine Medizin, die viel stärker ist, weil dadurch der auferstandene Christus selber in uns wohnt, der stärker ist als der Tod, der den Tod besiegt hat. Die Erstkommunion, die hier heute empfangt, ist allerdings nicht bloß eine Impfung. Eine Impfung, die braucht man, wenn es hoch kommt, einmal im Jahr, aber nicht öfter. Doch Leib und Blut Christi braucht ihr eben nicht bloß einmal im Jahr oder gar nur einmal im Leben. Diese Medizin braucht ihr in der Tat jede Woche, diese Medizin, die euch das ewige Leben schenkt, ja, die uns damit als Christen auch die Angst vor dem Tod nimmt, auch die Angst vor Corona.

Und noch etwas wird uns gerade jetzt in diesen Wochen und Monaten der Corona-Pandemie ganz deutlich: Wir merken, wie schwer es fällt, immer auf Abstand zu anderen Menschen zu bleiben, keine leibliche Nähe zu erfahren, sondern immer eineinhalb Meter auf Distanz zu bleiben. Das macht etwas mit uns, das macht uns auf die Dauer in anderer Weise krank, wenn wir uns nicht auch leiblich nahekommen können. Es hat ja auch Vertreter von Kirchen gegeben, die in diesen Wochen gesagt haben: Ach, eigentlich ist der Gottesdienst in der Kirche gar nicht so wichtig. Wir können die Gottesdienste ja eigentlich auch fast genauso gut im Internet feiern! Und das Heilige Abendmahl – nun ja, das ist ja eigentlich ohnehin nicht so wichtig!

Doch das ist ein großer Irrtum: Wir leben als Christen nicht auf Distanz, sondern wir brauchen leibliche Nähe. Und wenn das zwischen uns Menschen noch nicht so möglich ist, dann brauchen wir zumindest die leibliche Nähe unseres Herrn Jesus Christus. Und genau das ist das Wunderbare, was wir immer wieder bei der Feier des Heiligen Abendmahls erleben: Unser Herr Jesus Christus hält sich an keine Abstandsregel. Der schaut sich unsere Gottesdienste nicht irgendwo weit entfernt von oben an, der bleibt auch keine 1,50 m auf Abstand. Sondern der kommt so dicht an uns heran, dass er uns berührt, dass auch wir ihn mit unserem Mund berühren können, wenn wir seinen Leib und sein Blut empfangen. Jesus kennt keine Kontaktsperre, sondern er möchte mit uns immer und immer wieder leiblich verbunden werden, so dicht und so eng, dass er in uns lebt und wir in ihm. Darum können wir unsere Gottesdienste hier in der Kirche niemals durch irgendwelche Internet-Gottesdienste ersetzen, und darum feiern wir eben auch jede Woche hier 20 Gottesdienste, damit alle, die es möchten, jede Woche neu die leibliche Berührung mit Jesus erfahren, damit alle, die es möchten, jede Woche erleben, wie Christus sie anrührt, ja, in ihnen lebt. Wer hier zum Heiligen Mahl kommt, der geht nicht einsam und allein aus der Kirche heraus, der trägt Christus in sich, der darf gewiss sein: Christus wird mich begleiten auch durch diese belastenden Wochen und Monate der Corona-Zeit hindurch.

Ja, ich wünsche euch, liebe Konfirmanden, dass euch dies gerade heute am Tag eurer Erstkommunion in diesen besonderen Zeiten besonders bewusst wird: Wir mögen auf vieles in unserem Leben verzichten können – aber ganz sicher nicht auf die Begegnung mit Christus, auf seinen Leib und sein Blut. Christus wird niemals auf Distanz zu euch gehen, der lädt euch immer wieder ein zu seiner großen Umarmung hier am Altar. Ja, ich wünsche euch, liebe Konfirmanden, dass ihr daran immer denken werdet, auch wenn diese Zeit der Pandemie, Gott geb’s, irgendwann einmal vorbei sein wird: Ich brauche Christus, ich brauche seinen Leib und sein Blut. Ja, wie gut, dass Christus euch darauf nicht vergeblich warten lässt! Amen.

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