Apostelgeschichte 19,1-19 (Vorlage für die persische Übersetzung) | Tag der Bekehrung des Apostels Paulus | Pfr. Dr. Martens

Wenn ich mich mit Menschen aus dem Iran oder Afghanistan über den christlichen Glauben unterhalte, merke ich oft sehr schnell, ob ihnen der christliche Glaube noch fremd ist, ob sie in diesem Glauben noch Neulinge sind. Denn wer sich noch nicht gut im christlichen Glauben auskennt, der redet immer wieder von „der christlichen Religion“ oder vom „Glauben an das Christentum“. Ja, so reden diejenigen, die irgendwo immer noch im Hinterkopf haben, dass der christliche Glaube letztlich doch so etwas Ähnliches ist wie der Islam, nur etwas netter.

Doch der christliche Glaube ist eben gerade keine Religion, kein Bemühen des Menschen, sich mit seinen guten Werken und mit seiner Frömmigkeit Gott zu nähern. Es geht im christlichen Glauben nicht um die Einhaltung von Regeln und Gesetzen. Und es geht im christlichen Glauben auch nicht darum, dass wir an „etwas“, eben an „das Christentum“ glauben. Leider denken ja nicht bloß Menschen so, die sich noch nicht so ganz vom Islam gelöst haben. Sondern leider denken genauso viele Anhörer beim Bundesamt und viele Richter: Sie meinen auch, dass der christliche Glaube eine Religion sei, bei der es darum geht, bestimmte Regeln einzuhalten.

Doch am heutigen Tag der Bekehrung des Apostels Paulus feiern wir genau dies, dass der christliche Glaube keine Religion ist und dass Christen eben nicht an „das Christentum“ glauben.

Der Paulus war ein sehr religiöser Mensch. Er hatte ganz genau die Gesetze des Alten Testaments studiert und bemühte sich, genau nach ihnen zu leben. Ja, er hatte eine Religion – eine Religion, die den Menschen genau zeigte, welche Gesetze sie einzuhalten hatten, um dem Willen Gottes zu entsprechen. Ja, Paulus war nicht allein darum bemüht, selber diese Gesetze einzuhalten, sondern es war ihm ganz wichtig, auch andere zu dieser Einhaltung der Gesetze zu bewegen – und wenn sie es nicht freiwillig taten, musste man zur Not auch etwas nachhelfen. Und das galt natürlich ganz besonders für die Christen: Denn die behaupteten etwas so Furchtbares, dass man dagegen auch mit Gewalt vorgehen musste: Sie behaupteten allen Ernstes, dass Gott Jesus von Nazareth von den Toten auferweckt habe. Aber das war gar nicht möglich. Denn Jesus war ja ein schlimmer Gotteslästerer gewesen. Er hatte behauptet, er sei Gottes Sohn. Und darum musste er natürlich hingerichtet werden, so befahl es das jüdische Gesetz. Doch wenn Gott nun Jesus auferweckt hätte, dann hätte er ihm ja Recht gegeben, dann hätte er damit ja gesagt: Jesus ist wirklich Gottes Sohn. Doch damit hätte er ja seinem eigenen Gesetz widersprochen – und das ging doch gar nicht!

Und so zog der Paulus los und ließ die Christen, die daran glaubten, dass Jesus auferstanden sei, verhaften und auspeitschen.

Doch dann nimmt sein Leben von einem Augenblick auf den anderen eine Wende, mit der er nie und nimmer gerechnet hatte: Auf seiner Suche nach den Christen, die die Grundfesten der jüdischen Religion in Frage stellten, ist er bis nach Damaskus gereist, um dort Haftbefehle an Christen zu vollstrecken. Doch da erscheint ihm mit einem Mal der auferstandene Christus in seinem ganzen Lichtglanz und stellt an ihn nur eine Frage: „Warum verfolgst du mich?“ Und da geht es dem Paulus von einer Sekunde auf die andere auf: Dieser Jesus Christus ist das Ende meiner Religion. Alles, was ich bisher für richtig und wichtig gehalten habe, erweist sich im Licht von diesem Jesus Christus als falsch, als Irrweg. Der Weg zu Gott führt nicht über die Einhaltung von Gesetzen. Sondern der Weg zu Gott – der steht hier in Person vor mir, der ist offenkundig stärker als der Tod, ja, der ist offenkundig nicht weniger als der lebendige Gott selber. Und darum kann es im Glauben nicht mehr um den Glauben an „etwas“ gehen, auch nicht um den Glauben an „das Christentum“, sondern es kann nur noch darum gehen, mit diesem Jesus Christus verbunden zu sein.

Und Christus, der lässt das den Paulus auch sehr drastisch erfahren, dass nicht er es ist, der sich mit seinen guten Werken den Weg zu Gott bahnen kann: Er nimmt dem Paulus das Augenlicht, sodass er geführt werden muss und selber gar nichts mehr tun kann. Erst als ein Christ namens Hananias ihn besucht und ihm die Hand auflegt, kann er wieder sehen – und das Allererste, was er dann unternimmt, ist dies, dass er sich taufen lässt, dass er sich mit Christus verbinden lässt, an seinem Tod und seinem neuen Leben Anteil bekommt.

Ja, Paulus hat das selber an seinem eigenen Leibe sehr drastisch erfahren, dass der christliche Glaube keine Religion ist, sondern nichts anderes als die Gemeinschaft mit dem auferstandenen Christus. Später hat er es dann den Christen in Rom in seinem Brief geschrieben: „Christus ist das Ende des Gesetzes, wer an ihn glaubt, der ist gerecht!“

Den meisten von uns ist der auferstandene Christus nicht so erschienen wie dem Paulus damals. Aber gerade darum feiern wir eben diesen heutigen Tag der Bekehrung des Apostels Paulus, damit es sich auch uns wieder neu einprägt: Der christliche Glaube ist nicht nur eine nette Variante des Islam. Er ist genau das Gegenteil aller Religionen. Denn in ihm geht es immer wieder nur um den einen: um ihn, Christus, der den Tod besiegt hat, damit wir keine Angst davor haben müssen, dass unser Leben in der Finsternis der Hölle und des ewigen Todes endet. Nein, ich komme nicht in den Himmel, weil ich an das Christentum glaube, sondern ich komme in den Himmel, weil Christus auch mir ganz persönlich in meiner Taufe begegnet ist und auch meinem Leben damit eine ganz neue Richtung gegeben hat. Ja, unser ganzes Leben lang sollen und wollen wir das immer wieder einüben, dass unsere Rettung nicht an uns hängt, nicht daran, dass wir so gute und anständige oder fromme Menschen sind. Wir können uns immer wieder nur beschenken lassen von Christus. Und darum hat es seinen guten Grund, dass wir gleich wieder beim Empfang des Heiligen Abendmahls selber gar nichts machen, dass wir nur unseren Mund öffnen und den Leib und das Blut des Herrn empfangen. Da erfahren wir es wieder neu am eigenen Leibe: Wir glauben nicht an eine Religion, sondern wir sind verbunden mit einem Herrn, der alles für uns tut, damit wir für immer mit ihm leben. Davon hat der Paulus sein ganzes Leben lang Menschen in vielen verschiedenen Städten erzählt. Und genau davon wollen auch wir immer wieder den Menschen erzählen, wie wunderbar es ist, dass Jesus Christus selber unser Weg zu Gott ist. Ja, Gott geb’s, dass noch viele, die jetzt noch dem Islam anhängen, erkennen, dass der Weg zu Gott keine Religion ist, sondern eine Person, nämlich Jesus Christus! Ja, Gott geb’s, dass das auch viele Deutsche neu begreifen – und hoffentlich auch viele Richter und viele Entscheider im BAMF! Amen.

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