Christvesper I | Pfr. Dr. Martens

Was ist Ihnen zu Weihnachten besonders wichtig?

Vor kurzem hat ein Meinungsforschungsinstitut wieder eine Umfrage zu diesem Thema gestartet. Das Ergebnis ist etwas überraschend: Vor zehn Jahren sagten noch 66% der Befragten, dass ihnen die Geschenke besonders wichtig seien; jetzt, zehn Jahre später, sagen dies nur noch 44%. Da spiegelt sich sicher die gedrückte Stimmung dieses zweiten Corona-Weihnachtens wider, ebenso vielleicht ein gewisser Überdruss, dass man, wenn man Geschenke von anderen bekommt, sich ja dann immer wieder auch gleich verpflichtet fühlt, dem jeweils anderen etwas zu schenken.

Hätte man nur die Kinder danach gefragt, was ihnen zu Weihnachten besonders wichtig ist, wäre das Ergebnis wohl etwas anders ausgefallen: Da hätten wohl mehr als 44% der Kinder gesagt, dass ihnen Geschenke zu Weihnachten besonders wichtig sind.

Dabei war das früher einmal alles ganz anders. Bis vor 500 Jahren gab es zu Weihnachten noch gar keine Geschenke. Geschenke für die Kinder gab es nur am Nikolaustag, zur Erinnerung an jenen Bischof aus dem Gebiet der heutigen Südtürkei, der damals mit seinen Geschenken Kindern in Not geholfen hatte. Doch dann kam Martin Luther und sagte: Das ist nicht schön, dass die Kinder denken, dass Bischof Nikolaus die Geschenke bringt. Wir wollen uns doch zu Weihnachten daran erinnern lassen, dass Gott selber uns sein größtes Geschenk macht, seinen Sohn Jesus Christus, der für uns als kleines Kind im Stall von Bethlehem geboren wurde. Also sollte man den Kindern Weihnachten Geschenke geben, um sie damit an Jesus Christus zu erinnern. Gesagt – getan. Seitdem gibt es zu Weihnachten Geschenke. Wenn Martin Luther geahnt hätte, was für Geschenkorgien zu Weihnachten er damit in Gang gesetzt hat, hätte er sich das wahrscheinlich mit der Verlegung des Geschenktermins noch mal überlegt. Und erst recht wäre ihm wohl nicht in den Sinn gekommen, dass dann schließlich zu Weihnachten auch noch der Nikolaus wieder hinten durch die Tür kommen würde, immer noch im roten Bischofsgewand – aber jetzt mit dem neuen Namen „Weihnachtsmann“.

Doch ich will das mit den Geschenken an die Kinder nun gar nicht schlechtreden. Im Gegenteil: Das ist natürlich sehr schön, dass die Kinder zu Weihnachten Geschenke bekommen. Das ist besonders schön auch für die Erwachsenen, weil sie gerade zu Weihnachten etwas von den Kindern lernen können. Kinder – die freuen sich einfach von Herzen über die Geschenke, die denken nicht darüber nach, dass sie nun verpflichtet sein könnten, etwas zurückzugeben. Die sind einfach ganz wild auf die Geschenke, wollen sie unbedingt haben. Wie gesagt: Damit sind sie für uns Erwachsene Lehrmeister. Denn als Erwachsene wissen wir doch: Hier in der Kirche gibt es nicht nur zu Weihnachten eine Bescherung, sondern in jedem Gottesdienst. In jedem Gottesdienst teilt Gott uns seine Geschenke aus, viel größer und wertvoller als alles, was auch in diesem Jahr wieder unter dem Weihnachtsbaum liegen könnte: Seine Vergebung teilt er uns aus, den Leib und das Blut seines Sohnes. Und wie wir darauf am besten reagieren, das zeigen uns die Kinder. Kein Kind kommt auf die Idee, seine Eltern zu fragen: Muss ich mir denn jetzt wirklich eure Geschenke abholen? Kann ich darauf nicht auch verzichten? Nein, ein Kind weiß: Es gibt nichts Schöneres, als ein Geschenk in Empfang zu nehmen. Ja, lernen wir von den Kindern, wenn Gott uns hier im Gottesdienst immer wieder zu seiner Bescherung einlädt! Zögern wir nicht, sondern sagen wir: Vergebung der Sünden, Leib und Blut Christi – das ist ja wunderbar! Nichts wie hin, das will ich nicht verpassen! Ja, zu Weihnachten sind tatsächlich die Geschenke das Wichtigste, die Geschenke, die Gott selber uns macht – und das nicht nur einmal im Jahr! Amen.

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