2. Korinther 4,7-10 (Vorlage für die persische Übersetzung) | Tag des Apostels St. Bartholomäus | Pfr. Dr. Martens

In gut zwei Wochen feiern die schiitischen Muslime wieder Ashura. Sie werden wieder weinen und klagen, sich auf die Brust schlagen, und manche werden sich oder auch ihren eigenen Söhnen den Kopf aufschlitzen als Zeichen der Trauer um den Tod von Imam Hussein vor gut 1300 Jahren. O der arme Hussein, was hat man mit ihm damals bloß gemacht!

Heute Abend begehen wir Christen den Tag des Apostels St. Bartholomäus. Im Vergleich zu Bartholomäus hat der Hussein damals noch Glück gehabt. Bartholomäus war einer der zwölf Apostel von Jesus. Jesus hatte ihn wie die anderen Apostel auch in alle Welt losgeschickt, um den Menschen die frohe Botschaft von seinem Tod und seiner Auferstehung zu verkündigen. Und so war der Bartholomäus losgezogen – Richtung Persien. Dort hatte er den Persern das Evangelium gepredigt – lange bevor die christliche Botschaft hierher nach Deutschland gekommen war. Auch nach Armenien war Bartholomäus gezogen und hatte dort sogar am Königshof von Christus gepredigt. Doch einige Priester der alten Religion hatten sich darüber geärgert, dass nun auch noch der König Christ werden wollte, und so stachelten sie den Bruder des Königs an, dass er Bartholomäus ermorden ließ: Zuerst wurde Bartholomäus nach altem persischem Brauch die Haut vom lebendigen Leib abgezogen; danach wurde er mit dem Kopf nach unten gekreuzigt.

Da hätten wir nun als Christen noch viel mehr Grund als die Schiiten, um den armen Bartholomäus zu trauern, der so furchtbar ums Leben gekommen ist. Doch wir weinen heute Abend nicht, und wir ritzen uns nicht die Köpfe auf. Gewiss, die Farbe des heutigen Abends ist rot, wie bei allen Tagen der Apostel. Die Farbe rot erinnert uns daran, dass die Zeugen von Jesus Christus bis auf Johannes allesamt sich für Jesus haben töten lassen. Sie haben mit ihrem Blut bezeugt, dass die Botschaft, die sie verkündigt haben, wirklich die Wahrheit ist. Und so danken wir Gott an diesem Tag für die Apostel, für das Evangelium, das sie verkündigt haben und für das sie mit ihrem Leben eingestanden sind. Und wir freuen uns darüber, dass wir auch heute Abend den Gottesdienst gemeinsam mit dem heiligen Bartholomäus feiern können, weil in jedem Gottesdienst der Himmel auf die Erde kommt, weil alle Engel und Heiligen mit dabei sind, wenn wir uns hier am Altar versammeln, um den Leib und das Blut Christi zu empfangen.

Doch zugleich macht uns der Apostel Bartholomäus noch etwas anderes deutlich: Wenn wir unserem Herrn Jesus Christus nachfolgen, wenn wir als Christen leben, dann bedeutet es gerade nicht, dass es uns deswegen immer gut geht und wir keine Probleme haben. Wir leben heute in einer Zeit, in der uns Fernsehprediger aus Amerika im Internet, in Büchern und auf vielen anderen Wegen ein falsches Evangelium verkündigen. Und in vielen Fällen wird dieses falsche Evangelium auch noch auf Farsi übersetzt. Diese Prediger behaupten: Wenn du nur fest genug glaubst, dann hast du die Kraft, alles Schlechte und alle deine Probleme aus deinem Leben verschwinden zu lassen. Dann musst du nur sagen: Ich will im Namen von Jesus dieses oder jenes erreichen – und schon wird es passieren! Dann wirst du im Namen Jesu gesund werden, dann wirst du im Namen Jesu reich werden, dann wirst du im Namen Jesu immer ein glückliches Leben führen! Was für ein schrecklicher Missbrauch des Namens unseres Herrn! Jesus hat sich nicht für dich ans Kreuz hängen lassen, damit du in deinem Leben Mercedes fahren kannst. Jesus hat sich nicht für dich ans Kreuz hängen lassen, damit in deinem Leben immer alles glatt läuft. Er ist deshalb für dich am Kreuz gestorben, damit du in den Himmel kommst, damit du das ewige Leben bekommst – und nicht bloß einen Aufenthalt in Deutschland!

Ja, nur weil Jesus für dich am Kreuz gestorben ist, kommst du in den Himmel – nicht weil du so gut bist, auch nicht, weil du solch ein guter Christ bist! Alles hängt nur an Jesus, nichts an dir. Das zeigt uns der Apostel Bartholomäus mit seinem Leben, und das zeigt uns auch der Apostel Paulus in der Lesung des heutigen Abends: Der Apostel Paulus war auch kein Strahlemann, dem es immer gut ging. Sondern der war richtig krank, und der wurde in seiner Verkündigung immer und immer wieder bedrängt, verprügelt, ins Gefängnis geworfen. Ja, so sagt er: Christus macht mir das schon sehr deutlich, dass ich nicht der große Macher bin, dass ich selber gar nichts kann, dass ich nur sein Werkzeug bin, mehr nicht. Der führt mich immer wieder an meine Grenzen, der lässt mich immer wieder meine Ohnmacht erfahren, damit ich es deutlich merke: Alles hängt an Jesus, nichts an mir. Der führt mich gerade dann noch weiter, wenn ich keinen Ausweg sehe, wenn ich verfolgt werde, wenn ich denke: Jetzt bin ich ganz am Ende. Das ist die Art und Weise, wie Jesus die, die zu ihm gehören, in den Himmel bringt.

Das ist die Art und Weise, wie er auch euch, Schwestern und Brüder, in den Himmel bringt: Ihr habt es in eurem Leben immer wieder erfahren und erfahrt es auch jetzt immer wieder neu: Gott bringt euch immer wieder an die Grenzen eurer Kräfte. Er lässt euch immer wieder erleben, dass ihr selber nicht mehr weiterkommt. Ihr erlebt es wie der Apostel damals, dass ihr von allen Seiten bedrängt werdet: von deutschen Behörden und Richtern, von den Verfolgern in eurer Heimat, von Heimbewohnern, die euch bedrohen, von dummen Deutschen, die für eure Hinwendung zum christlichen Glauben nur böse Sprüche übrig haben. Ja, so viele von euch erleben nicht anders als die Apostel damals Todesangst, und das mitten in einem Land, das behauptet, in ihm würde Religionsfreiheit herrschen.

Ja, Schwestern und Brüder, diese Erfahrungen, die ihr machen müsst, sind schlimm, sie bringen euch an eure körperlichen und psychischen Grenzen, so erlebe ich es immer wieder mit euch. Doch lasst euch zugleich von Bartholomäus und von Paulus euren Blick weiten: Gerade da, wo ihr nicht mehr weiterkönnt, sollt und werdet ihr erfahren, dass Christus euch trägt. Gerade da, wo ihr keinen Weg mehr seht, will Christus euch doch weiterführen. Da, wo ihr erfahrt, dass euch kein Mensch mehr helfen kann, lässt Christus euch nicht im Stich. Ja, selbst da, wo ihr am Ende den Tod erleiden müsst, wird selbst der Tod für euch der Durchgang zum Leben mit Christus, eurem Herrn, werden. Christus ist und bleibt stärker als alle Mächte, die euch bedrängen. Nichts, aber auch gar nichts kann euch von seiner Liebe trennen. Genau das hat er auch heute unseren Täuflingen versprochen, als sie in ihrer Taufe mit Christus gestorben und auferstanden sind. Nichts wird sie von nun an wieder von Christus trennen können.

Und darum feiern wir heute am Tag des Apostels Bartholomäus einen fröhlichen Gottesdienst. Darum singen wir heute im Gottesdienst fröhliche Lieder, keine Trauerlieder, und schlagen uns nicht an die Brust. Denn der Weg, den wir mit Christus gehen, führt immer weiter – bis in den Himmel! Amen.

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