2. Mose 40, 33-38 | Mittwoch nach dem Fest der Verklärung Christi | Pfr. Dr. Martens

Es geht sichtbar vorwärts mit der Sanierung unserer Dreieinigkeitskirche. Wer heute mal in den Kirchenvorraum geschaut hat, der wird sehen, wie viel sich in den vergangenen Wochen bei uns wieder getan hat. Nun müssen wir noch das Ende des Frosts abwarten – und dann kann es hoffentlich auch mit dem Anbau des neuen Gemeindesaals losgehen. Ja, immer deutlicher wird erkennbar, was für ein schönes Zuhause wir hier in Steglitz in der Zukunft haben werden.

Doch gerade wenn es bei uns hier im Gebäude allmählich so schön und ansehnlich wird, erinnert uns die Predigtlesung des heutigen Abends wieder neu daran, wozu eine solche Kirche eigentlich da ist. Sie soll uns die Begegnung mit Gott unterwegs auf dem Weg zum Ziel ermöglichen. Sie ist gerade kein Selbstzweck, ist gerade nicht für die Ewigkeit gebaut, sondern ist, auch wenn sie aus festem Stein errichtet ist, nicht mehr als ein Begegnungszelt.

„Stiftshütte“ – so übersetzt Martin Luther hier ein Wort, das wörtlich im Hebräischen eigentlich „Begegnungszelt“ heißt. Da waren die Israeliten von Gott selber auf wunderbare Weise aus Ägypten gerettet worden, waren von ihm an den Berg Sinai geführt worden, wo er ihnen die Zehn Gebote gegeben hatte, wo Gott den Mose aber auch damit beauftragt hatte, eben ein solches Zelt der Begegnung zu errichten, einen Ort, an dem die Israeliten Gottes Gegenwart erkennbar erfahren durften, einen Ort, der ihnen zugleich auch als Orientierung für ihren weiteren Weg dienen sollte. Und dann hatte sich der Mose an die Arbeit gemacht, dieses Begegnungszelt zu errichten. Ja, es war tatsächlich nur ein Zelt, mobil, zusammenklappbar, ohne Betonfundamente im Boden, ohne Baugenehmigung. Die Israeliten sollten ja im Weiteren unterwegs sein Richtung Gelobtes Land – da hätte ein festes Bauwerk sie nur am Weitermarsch gehindert. Und nun war dieses Zelt fertig – umgeben von einem großen Vorhof, in dem sich auch ein Altar befand, auf dem die Israeliten Opfer darbringen konnten. Es war tatsächlich schon eine Vorandeutung des späteren Tempels in Jerusalem. Und nun ist das Begegnungszelt fertig, alles ist so ausgeführt, wie Gott es vorgeschrieben hatte. Und nun erleben wir ein beeindruckendes Geschehen: Eine Wolke bedeckt das Begegnungszelt – Gott selbst erklärt dieses Zelt zum Ort seiner Gegenwart, erfüllt es mit seiner Herrlichkeit. Und da kann selbst der Mose nicht einfach kurz mal in das Zelt gehen, um sich nun genauer anzuschauen, wer sich denn in dieser Wolke, wer sich denn in diesem Lichtschein der Herrlichkeit Gottes verbirgt. Auch Mose muss draußen vorbleiben, wenn Gott selber seine Gegenwart so direkt ihm und dem ganzen Volk kundtut. Doch damit ist die Geschichte nicht zu Ende. Der Erzähler blickt schon einmal voraus: In dieses Geschehen am Begegnungszelt wird immer wieder neu Bewegung hineinkommen: Die Wolke wird sich immer wieder vom Begegnungszelt erheben – und das wird für die Israeliten ein Zeichen sein, dass sie aufbrechen sollen, ihre Sachen zusammenpacken sollen und sich von der Wolke, nein: von Gott selbst, zur nächsten Zwischenstation leiten lassen sollen. Gott geht mit seinem Volk mit und schenkt ihm doch zugleich einen verlässlichen Ort der Begegnung mit ihm, einen vorübergehenden Ort und doch einen, an dem er, Gott selber, ganz gegenwärtig ist.

Was für eine wunderbare Geschichte auch für uns. Natürlich sind wir nicht das Volk Israel, natürlich wohnen wir nicht mehr in Zelten, sondern in festen Häusern, wenn wir nicht gerade wieder einmal wochenlang vor dem LaGeSo anstehen müssen. Und doch sind wir zugleich eben auch unterwegs wie das Volk Israel damals auch. Ja, das ist ganz wichtig, dass wir uns das immer wieder klarmachen: Wir sind unterwegs, sind alle miteinander Migranten, Menschen, die immer wieder neu zurücklassen, was gewesen ist, weil sie unterwegs sind in ein neues Land, das sie noch nicht kennen und das ihnen doch fest versprochen ist. Und auf diesem Wege ist auch unsere Dreieinigkeitskirche einfach ein Begegnungszelt, ein Ort, in dem wir auf dem Weg zu diesem Ziel immer wieder einkehren und der uns doch zugleich niemals festhalten soll, sondern immer wieder unseren Blick nach vorne wenden soll, dorthin, wo diese Dreieinigkeitskirche in unserem Leben, ja, einmal eben auch in dieser Welt insgesamt endgültig ausgedient haben wird.

Ein Begegnungszelt ist diese Kirche – und doch ist sie in Wirklichkeit viel mehr als bloß das Begegnungszelt, von dem hier im 2. Mosebuch berichtet wird. Damals konnte noch nicht mal der Mose selber in dieses Begegnungszelt gehen, weil die Gegenwart Gottes ihn daran hinderte, weil er die Begegnung mit dem heiligen Gott ansonsten gar nicht überlebt hätte. Schwestern und Brüder, wenn wir uns das vor Augen halten, dann ahnen wir hoffentlich, wie gut wir es haben, dass wir heute Abend alle miteinander hier in diese Kirche hineingehen durften, dass wir nicht draußen stehen bleiben mussten, um von außen zu erahnen, dass hier drinnen der Ort der Gegenwart Gottes ist. Nein, wir dürfen hineinkommen, nicht, weil Gott hier nicht so direkt zu finden wäre wie damals in der Wüste Sinai. Gewiss, Wolke und Lichtglanz können wir mit unseren Augen nicht wahrnehmen. Aber es ist derselbe Herr, der damals das Zelt der Begegnung mit seiner Gegenwart erfüllt hat und dem wir heute Abend hier in diesem Raum, in dieser Wohnung Gottes begegnen. Wenn du nachher wieder hierher an den Altar kommst, dann halte dir noch einmal die Geschichte von der Stiftshütte, von dem Begegnungszelt vor Augen: Du trittst hier ein ins Allerheiligste, kommst hier an Gott dichter heran als der Mose damals, ja, mehr noch: Der nimmt in dir Wohnung, in dessen Angesicht die Herrlichkeit Gottes selber aufleuchtet. Im Heiligen Evangelium haben wir es eben noch einmal gehört, wie derselbe Mose, der damals nicht in das Begegnungszelt gehen konnte, nun den verklärten Christus in seiner Herrlichkeit sieht und miterlebt, wie Gott erneut aus einer Wolke sich bezeugt, nun hörbar, so, dass die Jünger es klar vernehmen können: Mir, dem lebendigen Gott, begegnet ihr dort, wo ihr ihn, meinen geliebten Sohn hört, wo er zu euch spricht in seinem Wort. Ja, dieses Wort Christi hat solch eine Kraft, dass es ein Stück Brot und einen Schluck Wein mit der Herrlichkeit des lebendigen Gottes zu erfüllen vermag. Und es hat eben solch eine Kraft, dass es zugleich alles von dir wegzunehmen vermag, was dich daran hindern könnte, direkt in die Gegenwart deines Herrn und Gottes einzutreten. Damals stand der Altar vor dem Begegnungszelt, damals musste immer wieder neu die Schuld des Volkes gesühnt werden. Jetzt steht der Altar mitten im Heiligtum Gottes, weil von ihm nun immer wieder neu die Vergebung ausgeteilt wird, die Christus durch sein Opfer am Kreuz ein für allemal vollbracht hat.

Ja, du wirst umhüllt von der Wolke und dem Lichtglanz der Herrlichkeit Gottes, wenn er dich nun gleich wieder in seine Herrlichkeit ruft, wenn er dich hier wieder neu bereit macht für den weiteren Weg zum Ziel deines Lebens.

Wie dieser Weg aussehen wird, wie langsam oder schnell es auf diesem Weg vorangehen wird, das weiß Gott allein. Er bestimmt das Tempo – in unserem persönlichen Leben und auch im Leben unserer Gemeinde. Wir wären in unserer Gemeinde im letzten Jahr so manches Mal sicher gerne noch schneller vorangekommen, was etwa das Bauen angeht, und wir würden so gerne wissen, in welchem Tempo es in diesem Jahr insgesamt in unserer Gemeinde weitergeht, ja, vielleicht auch in welchem Tempo es in unserem persönlichen Leben dem Ziel unserer Wanderung entgegengeht. Doch das bestimmt eben Gott allein. Wie damals das Volk nicht weiterziehen konnte, wenn die Wolke sich nicht bewegte, so können auch wir Gott nicht schieben oder ihm ein anderes, vielleicht auch langsameres Tempo vorschreiben. Gott weiß, welches Tempo für uns richtig ist. Und solange wir unterwegs sind, haben wir ihn immer wieder, den Ort der Begegnung mit Gott, hier, wo wir immer wieder auftanken können auf dem Weg. Und ein bisschen dürfen wir hier immer wieder schon erahnen von der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi, von dem, was uns einmal am Ziel erwartet, wenn wir sie einmal alle miteinander hören werden, die große Stimme von dem Thron her: „Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein.“ Da geht es hin – in diese Stiftshütte, in dieses Begegnungszelt, das einmal groß genug sein wird für Menschen aus allen Völkern. Ja, denke daran, wenn du gleich wieder herzutrittst zum Altar: Hier darfst du ihn schon erfahren: den Himmel auf Erden! Amen.

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