Josua 1,1-9 | Mittwoch nach dem Sonntag nach dem Christfest | Pfr. Dr. Martens
Wahrscheinlich haben ihm damals ganz schön die Knie geschlottert, dem Josua, als er da mit dem Volk Israel am Ufer des Jordan stand und auf das Land blickte, in das er nun mit dem Volk Israel einziehen sollte. So lange hatten sie darauf gewartet, endlich an diesen Punkt zu kommen. Vierzig Jahre lang waren sie durch die Wüste gezogen. Und jetzt sollte es endlich soweit sein. Und er, Josua, sollte dieses große Volk nun anführen? Bisher hatte das ja immer der große Mose gemacht – wie sollte er bloß in seine Fußstapfen treten? Ja, wie sollte er das mit dem Einzug in das Gelobte Land schaffen – und was würde die Israeliten dort erwarten? Das Land, in das sie ziehen sollten, war ja nicht leer; da mussten sie schon mit heftigen Widerständen rechnen, wenn sie dort einzogen.
Und da hört Josua nun, wie Gott ihm an diesem entscheidenden Punkt Mut zuspricht, wie er ihm Kraft schenkt, diesen Weg, der vor ihm liegt, zu gehen: Nein, nicht er, Josua, soll das Land erobern. Gott hat es schon längst in Besitz genommen; Josua muss es einfach nur von ihm empfangen. Ja, mehr noch: Gott verspricht dem Josua, mit ihm zu sein auf dem ganzen Weg, der nun vor ihm liegt. Niemals wird er ihn verlassen. Josua kann ganz getrost sein: Hauptsache, er verlässt sich auf das, was Gott ihm sagt, Hauptsache, er orientiert sich in allem, was er tut, immer an Gottes Wort. Dann braucht er nicht zu erschrecken vor dem, was auf ihn zukommt: Gott wird auf seiner Seite sein.
Es hat natürlich seinen guten Grund, dass diejenigen, die die neue Ordnung der Predigttexte erarbeitet haben, gerade auch diesen Abschnitt vom Beginn des Josuabuchs als Predigtlesung für den Beginn eines Kalenderjahrs ausgewählt haben. Ja, es fällt uns nicht schwer, uns in den Josua da am Jordan hineinzuversetzen. Da liegt hinter uns auch ein langer, oftmals beschwerlicher Weg. Bei manchen lässt sich dieser lange, beschwerliche Weg schon an der Zahl der Lebensjahre ablesen. Andere unter uns können erst sehr viel weniger Lebensjahre vorweisen; aber was sie in diesen wenigen Lebensjahren schon alles an Schwerem erfahren haben, übersteigt oft genug das, was andere in einem langen Leben jemals durchgemacht haben. Und nun stehen wir also an der Schwelle dieses neuen Jahres und fragen uns: Wie wird unser Weg weitergehen? Was erwartet uns im neuen Jahr?
Eins ist klar: Auf dem Weg in dieses neue Jahr werden wir mit vielerlei Widerständen zu rechnen haben. Vor uns liegt kein einfacher, bequemer Weg. Sondern da gibt es so viele, die uns auf diesem Weg Schwierigkeiten bereiten werden: Das können Krankheiten sein, die uns in diesem neuen Jahr schwächen werden. Das können Schicksalsschläge sein, vor denen wir nicht bewahrt bleiben. Das können menschliche Enttäuschungen sein, die uns den Boden unter den Füßen wegzuhauen drohen. Das können Entscheidungen des Bundesamtes und der Verwaltungsgerichte sein, denen gegenüber wir uns so hilflos und machtlos vorkommen. Ja, wie sollen wir bloß gegen die Übermacht dieser Institutionen hinter ihren starken Mauern ankommen?
Wie gut, dass Gott auch uns in seinem Wort anspricht, uns Mut macht, uns seine Versprechen mit auf den Weg in das neue Jahr gibt! Doch wichtig ist, dass wir genau wahrnehmen, was uns Gott denn nun in seinem Wort verspricht. Wir sind nicht Josua, und wir sind auch nicht das Volk Israel. Gott verspricht uns nicht ein bestimmtes Land hier auf Erden, in dem wir künftig werden wohnen dürfen. Er verspricht uns nicht in seinem Wort einen Aufenthalt in Deutschland, und er verspricht uns erst recht nicht, dass wir den dadurch einfacher bekommen, dass wir immer in die Kirche gehen. Und Gott verspricht uns auch nicht, dass wir auf dem Weg in dieses kommende Jahr keine Schwierigkeiten und Widerstände zu bewältigen haben, wenn wir denn nur fest genug an ihn glauben. Das hat er dem Josua nicht versprochen, und das verspricht er uns auch nicht.
Aber Gott lässt uns die Zukunft, die in diesem neuen Jahr nun noch vor uns liegt, noch einmal mit ganz anderen Augen wahrnehmen. Sie ist nicht einfach eine Drohkulisse, der wir uns immer mehr nähern, nicht ein dunkles Loch, in das wir allmählich hineingezogen werden. Sondern dieses Jahr 2019 ist ein Raum, in den wir eintreten und der schon längst Gott gehört. Jeder Tag in diesem neuen Jahr gehört Gott, und er hat jeden Tag dieses neuen Jahres so eingerichtet, dass er dich tatsächlich dem Ziel deines Weges näherbringt: einem Land, das du hier auf Erden noch nicht finden kannst und das du doch einmal ganz real bewohnen wirst: ein Land, in dem es einmal endgültig keine Widerstände und Anfeindungen mehr geben wird, in dem du um deinen Aufenthalt nie mehr wirst kämpfen müssen, ein Land, in dem all das von dir abfallen wird, was dich jetzt noch belastet, ein Land, in dem auch einmal der Tod endgültig der Vergangenheit angehören wird.
Ja, in diesem neuen Land wirst du einmal ankommen. Gott selber hat es dir ganz fest versprochen am Tage deiner Taufe, als du schon durch das Wasser hindurchgezogen bist in Gottes neue Welt, als du dein altes Leben schon hinter dir gelassen hast und schon Bürger dieser neuen Welt geworden bist. Und Gott hat auch dir in deiner Taufe schon versprochen, dass auch die Räume, die du auf dem Weg zu diesem Ziel durchschreiten musst, ihm gehören, seiner Kontrolle nicht entnommen sind. Was für Schritte du auch im neuen Jahr unternimmst: Du gehst diese Schritte nicht allein. Die Zusage, die Gott dem Josua gegeben hat, die gibt er auch dir: „Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen.“ Tora hargez tark nemikonam va tanhaa nemigozaram.
„Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen!“ Tora hargez tark nemikonam va tanhaa nemigozaram. – Ja, lerne diese Worte auswendig, halte dich an diese Zusage, was dir auch in diesem Jahr in deinem Leben begegnen mag. „Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen!“ – Tora hargez tark nemikonam va tanhaa nemigozaram. Halte dir diese Worte vor Augen, wenn du in diesem Jahr in Krankenhaus gehen musst! „Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen!“ – Tora hargez tark nemikonam va tanhaa nemigozaram. Habe dieses Versprechen Gottes im Ohr, wenn du in diesem Jahr eine traurige Nachricht vernimmst, die dir den Boden unter den Füßen wegzuziehen droht. „Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen!“ – Tora hargez tark nemikonam va tanhaa nemigozaram. Habe diese Zusage Gottes in deinem Herzen, wenn du in diesem Jahr bitteres Unrecht in unserem Land erleiden musst. „Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen!“ – Tora hargez tark nemikonam va tanhaa nemigozaram. Das war auch der Taufspruch unseres Bruders Mehrdad Alizadeh Vandchali, über den ich bei seiner Beerdigung gepredigt habe. Ja, dieses Versprechen unseres Gottes trägt selbst noch durch den Tod hindurch.
Gott sagt dem Josua hier, dass er sein Wort Tag und Nacht immer wieder bedenken und vor Augen haben soll und so den Weg gehen soll, der vor ihm liegt. Was für eine gute Weisung auch für uns zu Beginn dieses neuen Jahres! Höre jeden Tag auf das Wort dessen, dem die Zukunft gehört; höre von ihm, wie er dich auf dem Weg zum Ziel geleiten will! Höre gerade dann darauf, wenn du in diesem Jahr auf Widerstände stößt! Gott will dir den Rücken stärken auf deinem Weg durch dieses Jahr. „Habe ich dir nicht geboten: Sei getrost und unverzagt?“ Ja, er hat es uns geboten, Gott sei Dank! Und er weiß, was er sagt, Gott sei Dank! So können wir uns getrost auf den Weg in das Neuland des Jahres 2019 machen. Dies Neuland ist und bleibt Gottes Land – Gott sei Dank! Amen.