Kolosser 3, 1-4 | Heilige Osternacht | Pfr. Dr. Martens
Eigentlich wollten sie die Terroranschläge in Brüssel ja zu Ostern verüben. Ganz bewusst hatten die Terroristen das Fest der Auferstehung Christi ins Auge gefasst, um dadurch ihre Botschaft besonders eindrücklich den Menschen in Europa nahezubringen: Dass der Hass stärker ist als die Liebe, der Tod stärker als das Leben, die Trauer stärker als die Freude. Ja, mit den Anschlägen in Brüssel sind die Terroristen ihrem Ziel wieder ein Stück näher gekommen: Dass wir Menschen auch hier in unserem Land vor Angst gleichsam immer ein wenig geduckt herumlaufen, immer verunsichert, ob es nicht bald schon irgendwo in unserer Nähe knallt. Ja, dann hätten sie, die Verbrecher des Islamischen Staates, gewonnen, wenn ihnen dies gelingen würde, dass wir uns vor lauter Angst den aufrechten Gang abgewöhnen, nur noch nach unten und um uns herumblicken statt nach oben.
Und auf diesem Hintergrund gewinnt nun auch die Epistel der Heiligen Osternacht eine unglaubliche Aktualität: Da ruft der Apostel die Christen in Kolossä und damit dann auch dazu auf, nach oben zu blicken statt nach unten, nicht geduckt durch die Gegend zu schleichen, sondern ganz bewusst mit erhobenem Haupt durchs Leben zu gehen. Nein, wir machen das als Christen nicht einfach bloß als Trotz, sondern wir haben einen viel besseren, viel tieferen Grund, weshalb wir als Christen nicht immer bloß nach unten, sondern nach oben blicken dürfen:
Wir sind mit Christus auferstanden, so macht es uns St. Paulus hier deutlich. Wir sind mit Christus auferstanden – ja, genau das und nicht weniger ist in unserer Heiligen Taufe geschehen, das ist heute Nacht auch mit unseren 15 Brüdern und Schwestern geschehen, als sie das Sakrament der Heiligen Taufe empfingen: Da sind wir mit Christus gestorben im Wasser der Taufe – und zu einem neuen, unvergänglichen Leben auferweckt worden. Ja, das heißt tatsächlich: Wir sind schon auferstanden, wir haben den Tod schon hinter uns gelassen, dürfen auf ihn schon zurückblicken, nicht anders als Christus selber auch. Ja, mit dem Tod im Rücken lebt es sich anders, lebt es sich befreiter, lässt es sich leichter nach oben blicken.
Wohin blicken wir denn als Christen, wenn wir nach oben blicken? Wir blicken auf Christus, der zur Rechten Gottes sitzt, so formuliert es St. Paulus hier. Wir haben als Christen vor Augen, dass Christus der Herr der Geschichte, der Herr der Welt bleibt, auch wenn man das im Augenblick am Verlauf der Weltgeschichte nicht unmittelbar ablesen kann. Noch herrscht Christus verborgen – und doch hat und behält er das Heft des Handelns in der Hand. Kein Terrorist kann ihn von seinem Platz zur Rechten Gottes wegbomben, kein Terrorist ist dazu in der Lage, unsere Taufe wegzubomben und zu zerstören, keine Bombe kann auch das neue, unvergängliche Leben gefährden, das uns in der Taufe schon längst geschenkt worden ist.
Ja, wir haben allen Grund, als Christen immer wieder nach oben zu schauen, hin auf Christus, hin auf das neue Leben, das wir schon haben und das Christus längst schon für uns in Sicherheit gebracht hat, dass keine Macht der Welt es jemals wieder angreifen könnte. Gewiss: Es ist verständlich, wenn wir uns Sorgen machen, wenn es uns auch nicht egal ist, ob möglicherweise auch hier in Berlin früher oder später die ersten Bomben hochgehen. Und doch: Wir blicken all dem, was auf uns zukommen mag, erhobenen Hauptes entgegen. Wer von Ostern her lebt, wer von seiner Taufe her lebt, der kann gelassen nach vorne blicken, der ist auch vorbereitet, wenn er vom Hass dieser Welt, wenn er auch und gerade vom Hass muslimischer Fanatiker getroffen wird.
Bleibe darum nur immer dran an Christus, begegne deinem auferstandenen Herrn immer wieder neu im Heiligen Mahl, dass er in dir wohne mit seinem lebensspendenden Leib und Blut! Dann wirst auch du es einmal erleben, dass du ganz in das helle Licht der Gegenwart des kommenden Christus getaucht wirst und dann für alle sichtbar sein wird, was jetzt noch verborgen ist: Dass das Leben eben doch stärker ist als der Tod, dass die Liebe am Ende eben doch den Hass überwindet, dass das neue Leben aus der Taufe sich auch nicht durch Krankheiten und Schicksalsschläge besiegen lässt.
„Kopf hoch!“ – Ich weiß, das ist im Leben oft eine billige Vertröstung. Doch für uns Christen ist es unendlich mehr. Es heißt: Schau auf Christus, der in dieser Nacht die Macht des Todes gebrochen hat, der in dieser Nacht unsere 15 Geschwister durch den Tod zum Leben geführt hat, wie er dies auch mit uns allen getan hat, als wir getauft wurden. Schau auf Christus: Er lebt – und du wirst mit ihm leben, wirst mit ihm strahlen ohne Ende. Dagegen kommt selbst der IS nicht an – Gott sei Dank! Halleluja! Amen.