Lukas 2,15-20 | Heiliges Christfest | Pfr. Dr. Martens

In diesen Tagen ist viel darüber diskutiert worden, ob in den Kirchen zu Weihnachten Präsenz-Gottesdienste, also Gottesdienste mit real anwesenden Gottesdienstteilnehmern, gefeiert werden sollten oder nicht. Es ist durchaus verständlich und angemessen, dass man sich darüber Gedanken macht, denn natürlich haben gerade auch Kirchen die Aufgabe, das Leben von Menschen zu schützen und es nicht leichtfertig zu gefährden. Eben darum betreiben wir ja bei uns auch einen ziemlichen Aufwand, um ja alle behördlich angeordneten Schutzmaßnahmen in unseren Gottesdiensten einzuhalten. Ich will darum auch gar nicht pauschal die Kirchengemeinden kritisieren, die sich entschieden haben, ihre Gottesdienste in diesem Jahr nur online auszustrahlen, oder die an die Stelle von Gottesdiensten irgendwelche anderen Aktionen gesetzt haben. Doch was mehr als bedenklich ist, sind die Begründungen und Erläuterungen, die ich oftmals für diese Schritte höre: Man kann den Menschen die Weihnachtsbotschaft doch auch digital nahebringen, man kann doch auch auf andere Weise ein Gefühl der Zusammengehörigkeit hervorrufen. Und die, die sich dafür entschieden haben, die Gottesdienste weiter in der Kirche stattfinden zu lassen, begründen es dann oftmals einfach damit, dass die Leute doch zu Weihnachten einfach ein gutes Gefühl in der Kirche brauchen.

Doch in Wirklichkeit geht es in unseren Weihnachtsgottesdiensten, ja grundsätzlich in allen Gottesdiensten um etwas ganz anderes, und das können wir von den Hirten im Heiligen Evangelium dieses Festtags lernen: Die haben auch schon in der Nacht die Weihnachtsbotschaft auf den Feldern von Bethlehem gehört, begleitet von höchst anspruchsvoller Kirchenmusik und bemerkenswerten Lichteffekten. Doch dass sie die Botschaft von der Geburt ihres Retters gehört haben, reicht den Hirten nicht. Sie bleiben nicht bei sich zu Hause, sondern gehen los, um die Geschichte zu sehen, die da geschehen ist, wie es im Evangelium heißt. Weihnachten wird es für die Hirten nicht schon da, wo sie die Friedensbotschaft der Engel über den Feldern von Bethlehem vernehmen. Sondern Weihnachten wird es für die Hirten da, wo sie zu diesem Jesus selber hingehen und ihn leibhaftig finden, ihm leibhaftig begegnen. Und als sie ihn, Jesus, selber in der Krippe gesehen haben, da kehren die Hirten dann auch voller Freude wieder um, können nicht für sich behalten, was sie in der Begegnung mit dem Kind in der Krippe erfahren haben.

„Lasst uns nun gehen“ – ja, genau darum geht es zu Weihnachten, dass wir nicht nur die Weihnachtsbotschaft hören, sondern dorthin gehen, wo er, Jesus, zu finden ist, nein, nicht irgendwo unter dem Tannenbaum bei Kerzenschein, nicht irgendwo in der freien Natur unter dem nächtlichen Sternenhimmel. Sondern zu finden ist Jesus genau dort, wohin die Hirten das Wort der Boten Gottes weist: in der Krippe, in Windeln gewickelt, ja auch heute noch, eingewickelt in die Zeichen von Brot und Wein: Er selber, Jesus Christus, leibhaftig, mit seinem Leib und Blut. Ja, es geht zu Weihnachten um das Hingehen zu Jesus, dass wir ihm leibhaftig begegnen, dass wir ihn selber empfangen, dass es nicht nur beim Hören bleibt, sondern wir teilhaben an Präsenz-Gottesdiensten der besonderen Art, an Real-Präsenzgottesdiensten, an Gottesdiensten, in denen wir dem Kind in der Krippe begegnen und dieses Kind in der Krippe uns neuen Mut und neue Freude in diesen schwierigen Zeiten schenkt, wenn wir von der Begegnung mit ihm wieder umkehren in unseren Alltag wie die Hirten damals auch. „Lasset uns nun gehen“ – ja, darum seid auch ihr heute Morgen hier, weil ihr es den Hirten nachgemacht habt. Ja, möge euch diese Begegnung mit Christus eine Weihnachtsfreude schenken, die tatsächlich nur die haben, die ihn, ihren Heiland, selber gesehen haben in seinen Windeln, in Brot und Wein, ihn, Christus den Herrn. Ja, wie gut, dass auch ihr diesen Herrn heute Morgen gemeinsam mit den Hirten findet! Amen.

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