Lukas 3,1–20 | Dritter Sonntag im Advent | Pfr. Turunen

„Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. † (Amen).

Hört Gottes heiliges Wort aus dem Evangelium des St. Lukas, aus dem dritten Kapitel:

Im fünfzehnten Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter in Judäa war und Herodes Landesfürst von Galiläa und sein Bruder Philippus Landesfürst von Ituräa und der Landschaft Trachonitis, und Lysanias Landesfürst von Abilene, als Hannas und Kaiphas Hohepriester waren, da geschah das Wort Gottes zu Johannes, dem Sohn des Zacharias, in der Wüste. Und er kam in die ganze Gegend um den Jordan und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden, wie geschrieben steht im Buch der Reden des Propheten Jesaja (Jesaja 40,3-5): »Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn und macht seine Steige eben! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden; und was krumm ist, soll gerade werden, und was uneben ist, soll ebener Weg werden. Und alle Menschen werden den Heiland Gottes sehen.«

Da sprach Johannes zu der Menge, die hinausging, um sich von ihm taufen zu lassen: Ihr Schlangenbrut, wer hat denn euch gewiss gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet? Seht zu, bringt rechtschaffene Früchte der Buße; und nehmt euch nicht vor zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken. Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt; jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.

Und die Menge fragte ihn und sprach: Was sollen wir denn tun? Er antwortete und sprach zu ihnen: Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat; und wer zu essen hat, tue ebenso. Es kamen auch die Zöllner, um sich taufen zu lassen, und sprachen zu ihm: Meister, was sollen denn wir tun? Er sprach zu ihnen: Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist! Da fragten ihn auch die Soldaten und sprachen: Was sollen denn wir tun? Und er sprach zu ihnen: Tut niemandem Gewalt oder Unrecht und lasst euch genügen an eurem Sold!

Als aber das Volk voll Erwartung war und alle dachten in ihren Herzen von Johannes, ob er vielleicht der Christus wäre, antwortete Johannes und sprach zu allen: Ich taufe euch mit Wasser; es kommt aber einer, der ist stärker als ich, und ich bin nicht wert, dass ich ihm die Riemen seiner Schuhe löse; der wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen. In seiner Hand ist die Worfschaufel, und er wird seine Tenne fegen und wird den Weizen in seine Scheune sammeln, die Spreu aber wird er mit unauslöschlichem Feuer verbrennen. Und mit vielem andern mehr ermahnte er das Volk und verkündigte ihm das Heil.

„Der Herr segne sein Wort an uns allen.“ Amen.

[Predigt] Liebe Schwestern und Brüder, Advent bedeutet: Das Kommen des Herrn. Jeder Adventssonntag bringt einen weiteren Aspekt dazu, wie der Herr Jesus zu uns kommt. Am ersten Advent war der Fokus der biblischen Texte darin, dass Christus sanftmütig zu uns kommt, dass sich der Herr der Welt uns als Friedefürst und König der Gnade darstellt. So möchte er auch in unsere Herzen einziehen. Der zweite Advent steht im Gegensatz dazu: Christus kommt zu uns als der Pantokrator und Richter, vor dem sich jedes Knie beugen muss. Wehe dem, der in dieser Welt sein Feind war, denn das Ende aller Dinge und der Tag des Gerichts ist nahe. Der dritte Advent bringt wieder eine neue Sichtweise in das Kommen des Herrn: Jesus kommt als der Messias, als das Lamm Gottes, als der, den alle Schriften des Alten Testaments und alle Propheten vorausgesagt haben. Er kommt als die Erfüllung der Schrift.

So erleben wir auch in unserem heutigen Predigttext eine alttestamentlich anmutende Gestalt, nämlich Johannes den Täufer. Wenn wir den Stil des Johannes mit Propheten wie z.B. Amos oder Elia vergleichen, erkennen wir Gemeinsamkeiten. So wird Johannes der Täufer auch der letzte Prophet des Alten Bundes genannt. Stell dir vor: 400 Jahre lang hat Gottes prophetische Stimme geschwiegen, seit dem letzten Propheten Maleachi sind etwa 400 Jahre vergangen. Die Erwartung, ja der Durst nach dem lebendigen Wort Gottes ist groß in der Bevölkerung, und gleichzeitig erwarten die Menschen den Messias, den Retter des Gottesvolkes. In diesem Moment erscheint nun Johannes. Auch vom Äußeren her entspricht er dem Bild eines klassischen Asketen: er ist gekleidet in ein Kamelfell, das er sich mit einem Ledergürtel umgebunden hat. Er verbringt sein Leben in der Wüste, in der Einsamkeit und in der Entsagung. Wenn er mal was isst, dann sind es gerade Heuschrecken oder wilder Honig, sofern er diese einmal findet. Sein Haar und Bart sind lang, und geben dem Mann ein wildes Aussehen. Es ist anzunehmen, dass Johannes ein Nazir war, ein nach dem Gesetz dem Herrn Geweihter. Sein Aussehen und seine Diät lassen darauf schließen.

Solche kargen Gestalten und Gurus ziehen aus irgendeinem Grund viele Menschen an. So auch bei Johannes: viele Menschen von unterschiedlicher gesellschaftlicher Stellung kamen zu Johannes in die Wüste. Alles Neue und Sonderbare zieht Menschen ja immer an. Vielleicht erhofften sie, von Johannes tiefe Lebensweisheiten zu hören. Andere kamen dann einfach deshalb, weil alle anderen auch dahingingen. Sicherlich gab es aber auch die, die ernsthaft fromm waren, ein ernstes religiöses Interesse hatten, und den Worten des Johannes auch glaubten. Denn das Kommen des Johannes war in der Heiligen Schrift angekündigt worden.

Der Prophet Jesaja hatte gesagt: „Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn und macht seine Steige eben! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden; und was krumm ist, soll gerade werden, und was uneben ist, soll ebener Weg werden. Und alle Menschen werden den Heiland Gottes sehen.“ Und der Prophet Maleachi hatte ebenso geschrieben: „Siehe, ich will euch senden den Propheten Elia, ehe der große und schreckliche Tag des HERRN kommt.“ (Mal. 3:23) Ganz sicher war nun die Erwartungshaltung bei den Menschen da, und sie fragten sich: ob es nun dieser ist? Ist das nun der, auf den wir warten sollten?

Die Leute, die zu Johannes gingen, um nette und trostreiche Dinge zu hören, wurden zumindest enttäuscht. Allen rhetorischen Regeln widersprechend beginnt Johannes seine Rede mit den Worten: „Ihr Schlangenbrut! Ihr Otterngeschlecht!“ Die Aussage Johannes des Täufers war klar: Ihr habt gesündigt, ihr habt Gottes Willen missachtet und nun steht eure Vernichtung vor der Tür, wenn ihr nicht umkehrt. Ihr seid wie unfruchtbare Bäume im Wald, und die Axt lehnt schon an euren Stamm. Wenn der Holzfäller nun bald kommt, dann beginnt das große Bäumefällen. Dann gibt es viel Brennholz für die kalten Wintertage.

Diese Worte des Johannes sind hart, aber auch wir müssen sie zu Herzen nehmen. Wir können nicht hochmütig sagen: „Ach, ich weiß das doch schon alles.“ So haben es die Hörer von Johannes damals auch gesagt: „Wir sind Nachkommen von Abraham, Abrahams Kinder, wir gehören zum Volk Gottes. Was redest du so mit uns!“ Da antwortete Johannes: „Was kümmert mich euer feiner Stammbaum. Wenn Gott möchte, kann er sich aus diesen Steinen Kinder erwecken. Seht zu, bringt rechtschaffene Früchte der Buße.“

Vor Gott geht es niemals um die Äußerlichkeiten. Vor Gott geht es nicht darum, dass wir in Sonntagskleidung in der Kirche sitzen. Vor Gott geht es darum, was im Herzen ist. Vor Gott geht es darum, ob wir unseren Nächsten lieben und dies auch durch unser Verhalten zeigen. So war ja auch die Predigt des Johannes: „Gib dem, der nichts hat. Führe dein Geschäft ehrlich. Nutze deine Stellung nicht aus. Setze immer das Wohl des anderen vor dein eigenes.“

Und die, die Johannes Predigt annahmen, ließen sich von dem Wüstenpropheten im Fluss Jordan taufen. Dies war keine christliche Taufe, sondern eine Taufe der Buße und Umkehr. In den Traditionen des Judentums gibt es viele Beispiele für derartige rituelle Waschungen. Durch diese Taufe des Johannes zeigte ein Mensch seine Reue, und machte deutlich, dass er sich bessern möchte. Johannes betonte dies auch: „Ich taufe euch mit Wasser; es kommt aber einer, der ist stärker als ich, und ich bin nicht wert, dass ich ihm die Riemen seiner Schuhe löse; der wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.“ Johannes betonte auch, dass er nicht der versprochene Messias war, sondern nur der Vorgänger des Christus, der Wegbereiter. Schon bald würde Johannes in der Kraft des Heiligen Geistes seine Hand erheben und mit dem Finger auf den Mann zeigen, den er meinte. Schon bald würde er ausrufen: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt!“

Auch wir brauchen immer wieder Johannes den Täufer. Auch wir brauchen manchmal die strenge Stimme des Alten Bundes, die von uns komplette Treue und Liebe und Gehorsam verlangt. Auch wir müssen mal als Schlangenbrut bezeichnet werden, dass wir aus unserem geistlichen Tiefschlaf aufwachen. Auch wir müssen immer wieder feststellen: es kann so nicht weitergehen in meinem Leben. Auch wir müssen von Johannes in die Enge getrieben werden, ja bis zur Verzweiflung, so dass wir erkennen: meine guten Werke reichen nicht, meine guten Vorsätze sind Staub und Asche. Mein Herz ist immer noch gefüllt von Sünde. Wenn das geschieht, dann ist die Arbeit des Propheten getan. Dann hat er erreicht, was er erreichen sollte. Dann hat er nämlich unsere Herzen vorbereitet. Dann hat er die Berge unseres Stolzes erniedrigt und die krummen Wege unserer Selbstgerechtigkeit geradegebogen. Und was kommt dann? Etwa das strafende Feuer? Nein! Dann kommt der Mann, der helfen kann, dann kommt das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt. Dann kommt das Sühneopfer Jesus Christus, dann kommt der Retter der Welt. Er kommt zum armen Sünder und sagt: „Dir sind deine Sünden vergeben.“ Er kommt inmitten unseres Chaos und unserer Katastrophe und macht uns sauber und rein. Er sagt: „Das was dich belastet hat, das nehme ich auf mich.“ Ja, das ist damit gemeint, wenn wir singen: „Der du trägst die Sünd‘ der Welt.“ Du brauchst es nicht mehr mit dir rumtragen, denn Jesus nimmt es dir ab.

Auch heute hier im Gottesdienst darfst du diesem Lamm Gottes, diesem Jesus Christus begegnen. Er kommt zu uns in seinem Leib und Blut, im Brot und Wein des Altars. Da darfst du alle deine Sünden ablegen, du brauchst diese schweren Lasten nicht mehr mit dir rumtragen, da wirst du frei, da wirst du heil, da wirst du neu. Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt.

Amen.

“Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. † Amen.”

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