Matthäus 1,18-25 | 2. Heiliger Christtag | Pfr. Dr. Martens

Habt ihr das auch schon mal erlebt: Da erhaltet ihr eine Nachricht – und diese Nachricht wirft von einem Augenblick auf den anderen eure gesamte Lebensplanung über den Haufen. Alles, was vorher noch so selbstverständlich erschien, ist euch mit einem Mal aus den Händen gerissen.

Genau solch eine Erfahrung musste der Josef damals machen. Er war verlobt mit einer jungen Frau, freute sich schon auf die Hochzeit, freute sich darauf, mit ihr eine Familie zu gründen und Kinder zu bekommen. Eine gute Frau hatte er, davon war er überzeugt. Eigentlich wäre es ihm nach den damaligen gesellschaftlichen Regeln auch schon erlaubt gewesen, mit ihr zusammenzukommen. Wenn sie dann schwanger geworden wäre, wäre das kein Makel gewesen. Doch Josef hatte noch gewartet, hatte sie noch nicht angerührt. Und dann erfährt er eines Tages, dass Maria schwanger ist. Eines ist für ihn sofort klar: Von ihm kann sie nicht schwanger geworden sein. Es muss jemand anders gewesen sein. Maria muss fremdgegangen sein. Was für ein Schock für ihn! Alle seine Zukunftsträume über das gemeinsame Leben mit Maria, sie zerplatzen von einem Augenblick auf den anderen. Doch der Josef ist ein hochanständiger Mensch. Statt Maria öffentlich bloßzustellen, dass das Kind nicht von ihm sein kann, überlegt er sich, dass er Maria dadurch schützen will, dass er selber die Rolle des bösen Buben übernimmt: Er geht weg, lässt Maria nach dem Eindruck der Außenstehenden einfach sitzen und rettet damit ihre Ehre – und das, obwohl er doch ahnen muss, dass es da im Leben von Maria wohl noch jemand anders geben muss. Und dieser andere, der kann dann ja die Rolle des edlen Helden übernehmen, der sich der armen, verlassenen Maria annimmt. Josef ist bereit, sein eigenes Leben zu ruinieren, nur um Maria zu retten – Hut ab vor ihm!

Doch dann greift Gott selber ein: In einem Traum erscheint ihm der Engel des Herrn und klärt ihn über die Hintergründe von Marias Schwangerschaft auf, die er nicht erahnen konnte: Maria ist schwanger vom Heiligen Geist, sie ist nicht fremdgegangen; da gibt es keinen heimlichen Liebhaber, dem Josef Maria überlassen müsste. Keinen Grund gibt es für ihn, von Maria wegzugehen. Im Gegenteil: Josef erhält ausdrücklich den Auftrag, die schwangere Maria zu heiraten, ja, mehr noch: Ihm wird auch schon gleich von Gott mitgeteilt, welchen Namen das Kind bekommen soll: Es soll Jesus heißen, „Retter“, ja, der Retter von den Sünden seines Volkes. Und der fromme Josef hält sich an die Anweisungen des Engels, nimmt es auf sich, mit einer schwangeren Frau zusammen zu sein, deren Kind nicht von ihm stammt – und gibt dem Kind am Ende, wie von Gott befohlen, nach seiner Geburt den Namen „Jesus“.

Eine ganz andere Weihnachtsgeschichte ist das als die, die Lukas erzählt – nein, sie steht natürlich nicht im Widerspruch zu der uns bekannten Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium; aber sie zeigt uns die Geschichte unter einem ganz anderen Aspekt: Er macht deutlich: Jesus kann das Leben von Menschen ganz schön durcheinanderbringen. Das ist eine Erfahrung, die ja auch so viele Glieder unserer Gemeinde gemacht haben. Sie hatten auch ihre Lebensplanungen, alles lief normal – doch dann lernten sie Jesus kennen, das fiel auf – und bald darauf mussten sie ihr Heimatland verlassen, mussten alles aufgeben, was sie bisher an Planungen und Hoffnungen für ihr Leben hatten. Dieser 2. Weihnachtsfeiertag ist ja auch der Stephanustag, der Tag, an dem wir des ersten Märtyrers in der Geschichte der Kirche gedenken. Schon zu Weihnachten soll uns deutlich werden: Wer in seinem Leben mit Jesus zu tun bekommt, hat darum kein einfacheres Leben; er bekommt im Gegenteil viele Probleme, die er ohne Jesus nicht hätte. Und doch, so macht es uns auch Matthäus hier deutlich, lohnt es sich allemal, diese Probleme auf sich zu nehmen. Denn dieser Jesus ist es allemal wert. Er ist es doch, der auch uns von unseren Sünden, von unserer Trennung von Gott rettet, er ist es doch selber in Person: Der Gott mit uns, der Immanuel. Wer Jesus sein Leben durcheinanderbringen lässt, gewinnt am Ende tausendmal mehr, als er verliert. Er gewinnt ein Leben in der Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott, ein Leben mit einer neuen Zukunftsperspektive, die unendlich großartiger ist als all die Planungen, die wir selber für unser Leben uns machen mögen. Wichtig ist nur dies eine: Dass wir wie Josef stets auf das Wort der Boten Gottes hören, dass wir gerade da, wo alles bei uns im Leben durcheinandergerät, immer auf das achten, was Gott uns in seinem Wort sagt. Dann werden auch wir am Ende erkennen: Gott mag uns ungewöhnliche Wege in unserem Leben führen. Aber er weiß, was er tut. Sein Plan steht fest. Und dieser Plan wird sich einmal als richtig gut herausstellen. Amen.

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