Matthäus 17, 1–9 | Letzter Sonntag nach Epiphanias | Pfr. Marko Turunen

„Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.“ † (Amen).

Hört Gottes heiliges Wort aus dem Evangelium des St. Matthäus, aus dem siebzehnten Kapitel:

Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus und Jakobus und Johannes, dessen Bruder, und führte sie allein auf einen hohen Berg. Und er wurde verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia; die redeten mit ihm.

Petrus aber antwortete und sprach zu Jesus: Herr, hier ist gut sein! Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine. Als er noch so redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke. Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören! Als das die Jünger hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und fürchteten sich sehr. Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an und sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht! Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesus allein. Und als sie vom Berge hinabgingen, gebot ihnen Jesus und sprach: Ihr sollt von dieser Erscheinung niemandem sagen, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.

(Amen).

[Predigt] Liebe Schwestern und Brüder, hast du einmal ein geistliches Erlebnis gehabt, bei dem der Himmel aufzugehen schien? Einen besonderen Moment, an dem du besondere Nähe Gottes erfahren hast? Einen Moment der Verklärung?

Manchmal schenkt uns Gott solche Momente, solche Momente wie auf dem Berg in Galiläa. Da scheint uns Gott so nah zu sein, dass man Ihn mit Händen anfassen kann. So erging es diesen drei Jüngern, Petrus, Johannes, und Jakob. Zusammen mit Jesus stiegen sie auf einen hohen Berg in die Einsamkeit, und sie durften etwas Einzigartiges sehen.

Nach christlicher Tradition war es der Berg Tabor in Galiläa, ein 588 Meter hoher Hügel in der Mitte einer Ebene. Da hatte sich 1000 Jahre vorher schon die Armee der Israeliten unter Deborah und Barak versammelt, wie im Buch der Richter zu lesen ist. Das Neue Testament nennt den Namen des Berges jedoch nicht.

Es wird kein Zufall sein, dass genau vor dem Erlebnis auf dem Berg der Verklärung Jesus zum ersten Mal von seinem bevorstehenden Tod und Leiden erzählte. „Seit der Zeit fing Jesus an, seinen Jüngern zu zeigen, dass er nach Jerusalem gehen und viel leiden müsse von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und am dritten Tage auferstehen.“ (Matth. 16,21) Jesus sprach auch davon, was es bedeutet, ihm nachzufolgen: „Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir.“ (16,24) Die Jünger waren verwirrt über diese Rede. Was soll denn das? Petrus konnte es ganz und gar nicht wahrhaben, und tadelte den Herrn Jesus sogar. Vielleicht hatten die Jünger auch Angst vor der Zukunft. Da war es Zeit, dass sie eine Glaubesstärkung erhielten.

Jesus nahm die drei Chefs der Jünger mit sich auf den Berg in die Einsamkeit, um mit ihm zu beten. Manchmal ist es tatsächlich sinnvoll, dass wir uns vom Trubel des Alltages an einen ruhigen Ort zurückziehen, um Zeit für das Gebet zu haben. Vielleicht ist das eine Anregung für dein persönliches Andachtsleben: Wenn du beten möchtest, gehe an einen ruhigen Ort, vielleicht sogar nach draußen in die Natur, und bete dort in aller Ruhe. So hat es unser Herr auch getan.

Das Handy und den Computer sollte man solange ausmachen, vielleicht sogar die Armbanduhr ablegen. Wir Christen haben keinen Zwang, auf eine bestimmte Art und Weise zu beten. Wir dürfen unseren himmlischen Vater immer und überall anrufen, und er wird uns hören. Unserer selbst wegen aber ist es manchmal sinnvoll, unsere festgefahrenen Bräuche zu ändern, und sich auf besondere Weise Zeit für das Gebet zu nehmen. Leider klingt mein Abendgebet vor dem Einschlafen zu oft so: „Lieber Gott, danke für diesen Tag…“ (Schnarch). Und schon bin ich eingeschlafen.

Allzu lange schliefen die Jünger aber nicht, denn sie sahen das Wunder, das sich auf dem Berg ereignete: Jesus wurde verklärt, seine Form schien sich zu verändern und er leuchtete hell wie die Sonne. Metamorphosis heißt es im griechischen Original, Verwandlung oder Veränderung. Jesus bekam also das Aussehen, das er im Himmel haben sollte. Die göttliche Natur Christi war für einen Moment lang unter der menschlichen zu sehen.

Und nicht nur das: Die Propheten Moses und Elia erschienen neben Jesus und unterhielten sich mit ihm. Moses und Elia waren die größten Propheten des Alten Testamentes, der eine war auch Repräsentant des Gesetzes, der Torah, der andere der restlichen prophetischen Bücher. Welch eine absurde Situation: Gott steigt auf einen Berg hoch, um mit Menschen zu reden, die vom Himmel herunterkommen!

Worüber hat Jesus mit Mose und Elia gesprochen? Das erzählt uns St. Lukas: „sie redeten von seinem Ende, das er in Jerusalem erfüllen sollte.“ Inmitten des göttlichen Taborlichts ist das Hauptgesprächsthema Jesu Tod am Kreuz. Die Propheten, die die Geburt und den Tod des Gottessohnes vorausgesehen hatten, dürfen nun mit dem Messias in Person sprechen. Und das nächste Mal, das Jesus in einem verklärten Zustand den Jüngern erschien, war nach seiner Auferstehung, und da trug er die Wundmale des Kreuzes an seinen Händen und Füßen.

Ja, liebe Schwester, lieber Bruder, so sehr hat Gott dich geliebt, dass Jesus für dich und für mich aufs Kreuz ging. So sehr hat in Christus die Gottheit die Menschheit umarmt, dass die Wundmale an Christi Händen und Füßen und an seiner Brust auch Teil des verklärten Körpers des Herrn werden sollten.

Die Jünger verstanden in diesem verschlafenen Moment von dem noch nichts. „Was ist hier los, was geht hier vor sich?“, werden die drei Männer gedacht haben. Als Moses und Elia schon am gehen waren, ergreift Petrus, wie so oft das Wort: „Herr, hier ist gut sein! Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine.“ Aber er wusste nicht, was er da sprach, fügt Lukas hinzu.

So menschlich, menschlich, ist das Handeln des Petrus. Wenn Gott in seiner Gnade uns mal einen guten und schönen Moment gibt, oder ein geistliches Erlebnis schenkt, so würden wir es gerne so machen wie Petrus: Wir würden gerne hier unsere Hütte bauen und in diesem Moment wohnen bleiben. Es wäre ja zu schön, in einer ständigen Anwesenheit Gottes, in einem ständigen guten Gefühl, wohnen zu bleiben. Aber so ist es nicht gemeint. Geistliche Erfahrungen, besondere gefühlsgeladene Momente sind schön und gut, und diese sind sicherlich als Glaubensstärkung gemeint, wie die Erfahrung der Jünger auf dem Berg. Wir sind auch untereinander unterschiedlich: der eine hat besondere Führung von Gott bekommen, der andere hat einmal eine Vision gesehen, der andere hat eine Antwort auf sein Gebet bekommen, der andere hat eine Heilung erfahren, der wieder andere hat nie etwas besonders Wunderliches erlebt. Ein persönliches geistliches Erlebnis kann man schlecht verneinen – aber seinen Glauben kann man auf ein Erlebnis oder ein Gefühl nicht aufbauen.

Ich kenne Christen, die bauen ihren gesamten Glauben auf ein Gefühl oder eine Erfahrung. Das führt dann dazu, dass man immer mehr tolle Erfahrungen sammeln muss, und die eine Erfahrung muss besser sein als die andere. Das läuft bis in den Bereich der Selbsthypnose oder Selbstsuggestion, ja, der Selbsttäuschung, über. Und im schlimmsten Fall führt es dazu, dass wenn einmal die geistlichen Erfahrungen ausbleiben, auch der Glaube endet, da dieser sich mit nichts mehr begründen lässt. Ein ständiges „In-Erlebnissen-und-Gefühlen-Leben“ führt auch zu einer Inflation von echten, von Gott gegebenen Wundern. Wenn Gott dir etwas Wunderbares zeigen will, dann tut er es auch, man muss die Erlebnisse nicht extra suchen. Stattdessen sollen wir im Gegensatz zu den Jüngern die Augen offenhalten und geistlich wach bleiben, dass wir nicht das verpassen, was vor uns abläuft.

Auf was kann man also seinen Glauben gründen, wenn nicht auf Wunder?

Als Moses und Elia aus den Blicken der Jünger verschwanden, ertönte die Stimme des Vaters aus dem Himmel: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!“ Gottes Anleitung zur Pflege des Glaubens ist sehr simpel: Höre auf Jesus! In der Bibel sind weder Gesetz des Mose noch Propheten wie Elia so wichtig, wie die Person, auf die Gesetz und Propheten zeigen: Jesus Christus, der wahre Mensch und der wahre Gott, ist das Zentrum der heiligen Schriften. Als Moses und Elia verschwanden, „sahen sie niemand als Jesus allein.“ Und so ist Gottes Botschaft an dich heute, an diesem Fest der Verklärung Jesu, und an allen Tagen: Höre auf Jesus! Höre, was er dir in der Bibel sagt. Höre, wie er die Sünder zu sich einlädt. Höre, wie er ihnen die Sünden vergibt. Höre, wie er im Heiligen Abendmahl sagt: das ist mein Leib, das ist mein Blut, für dich vergossen, zur Vergebung deiner Sünden. Höre, wie das Brot des Lebens sich für dich dahingibt, dass du das ewige Leben hast.

Ja, liebe Schwestern und Brüder, das Heilige Abendmahl ist kein Gefühl und kein Erlebnis, sondern es ist der wahre Leib und das wahre Blut unseres Herrn. Da darfst du mit allen Sinnen empirisch wahrnehmen und festhalten: Ja, da ist er, das ist Christus, für mich.

Wenn also alle Erfahrungen und Gefühle schwinden, bleibt stets Gottes Wort. Und ob du nun nie etwas Wunderliches erfahren hast, oder genauso viele Wunder erlebt hast wie die Propheten Elia und Moses zusammen, gründe deinen Glauben allein auf Gottes Wort, und du bist auf sicherem Grund. Höre auf Jesus!

Amen.

„Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.” † (Amen)

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