St. Johannes 16,23b-33 (Vorlage Für Die Persische Übersetzung) | Vorabend zu Rogate | Pfr. Dr. Martens
Neulich ging mir in meinem Besprechungszimmer hier in der Kirche der Toner für den Kopierer aus. Schnell ging ich zu meinem Computer und bestellte per Expressbestellung bei Amazon einen neuen Toner. Das kostete zwar etwas mehr, aber das war es mir in diesem Fall auch wert. Und siehe da – 24 Stunden später war der Toner da. Die Expressbestellung hatte sich gelohnt.
Solch eine Expressbestellung würden wir uns auch oftmals bei unseren Gebeten wünschen, die wir an Gott richten. Wir wären ja gerne bereit, das eine oder andere zusätzlich für Gott zu machen, wenn er uns dafür schneller liefern würde, was wir im Gebet von ihm erbitten. Doch von solch einer Expressbestellfunktion ist in der Predigtlesung des heutigen Abends nicht die Rede – und wir finden sie auch sonst nirgendwo in der Heiligen Schrift.
Was unterscheidet also unser Gebet zu Gott von einer Amazon-Bestellung? Genau darum geht es hier im 16. Kapitel des Johannesevangeliums.
Jesus spricht hier davon, dass die Jünger Jesu, dass wir Christen nach seiner Auferstehung in seinem Namen beten werden. Was ist damit gemeint?
Damit ist zunächst einmal gemeint, dass es wirklich nur einen Weg zu Gott gibt, und dieser Weg heißt Jesus Christus. Es gibt viele Menschen, die denken: „Beten heißt einfach nur, irgendwie mit einem Wesen da oben im Himmel zu sprechen – das kann doch eigentlich jeder, und jeder macht es eben so auf seine Weise.“ Doch Christus macht uns deutlich: In Wirklichkeit ist es ganz anders. Beten heißt: Den Zugang durch Jesus Christus nutzen, um an Gottes Ohr zu kommen. Darum können wir eben zum Beispiel nicht gemeinsam mit Muslimen beten, weil Muslime aufgrund ihrer Religion es ablehnen, dass Jesus Christus der einzige Weg zu Gott ist. In dieser einen Hinsicht ähneln sich die Bestellung bei Amazon und das Gebet dann doch: Ich muss schon die richtige Adresse nehmen, sonst kommt meine Bestellung nicht an. Wenn ich meine Bestellung für den Toner an die Ausländerbehörde geschickt hätte, dann hätte ich noch so schöne und freundliche Worte gebrauchen können – die Ausländerbehörde hätte mir den Toner nicht zugeschickt. Wenn ich nicht im Namen Jesu bete, dann habe ich nicht den Zugang zu Gott, dem Vater, dann landet mein Gebet an der falschen Adresse. Darum sagen wir in unseren Gebeten immer wieder: „Das bitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn.“ Genauso lehrt es uns Christus selber hier.
Doch es geht eben nicht bloß darum, dass wir hier irgendwelche Formeln verwenden. Beten im Namen Jesu meint viel mehr: Jesus sagt: Wenn wir mit ihm, Jesus, verbunden sind, dann wird das auch Einfluss darauf haben, wie und wofür wir beten.
Es gibt ja Leute, die machen sich über das Beten lustig und sagen: „Jetzt habe ich schon dreimal darum gebetet, dass Gott mir einen Mercedes schenkt – und er hat es immer noch nicht gemacht! Also funktioniert das Beten nicht!“ Wer so redet, zeigt nur, dass er vom Beten im Namen Jesu nicht die geringste Ahnung hat. Wenn ich im Namen Jesu bete, dann heißt das: Ich lasse mir von Jesus die Augen dafür öffnen, was wirklich wichtig für mich ist und was ich brauche. Wer im Namen Jesu betet, wird eben nicht auf eine solch dumme Idee kommen, um einen Mercedes zu bitten. Der wird vielmehr darum bitten, dass Gott ihm gibt, was er für seinen Weg ins ewige Leben braucht. Ein Mercedes gehört dazu in aller Regel nicht.
Leider gibt es auch christliche Prediger, die ihren Zuhörern versprechen: „Du musst nur richtig an Jesus glauben, dann schenkt er dir Gesundheit und Wohlstand, ja, dann schenkt er dir auch den Mercedes. Und wenn du noch keinen Mercedes hast, liegt das nur daran, dass du noch nicht fest genug geglaubt hast.“ Was für ein Unsinn! Jesus ist nicht für dich am Kreuz gestorben, damit du Mercedes fahren kannst oder damit du dich immer gut fühlst, gesund bist und keine Probleme hast. Er ist für dich gestorben, damit du in den Himmel kommst. Und dazu will er dir helfen, wenn du auf sein Wort hörst.
Nein, der Service von Amazon ist eben in Wirklichkeit nicht besser als die Versprechen, die Jesus dir hier in seinen Worten gibt. Genau das Gegenteil ist richtig: Bei Amazon bestellen Leute immer wieder allen möglichen Blödsinn, den sie am Ende gar nicht gebrauchen können. Jesus hilft dir dagegen, wirklich nur das zu erbitten, was du tatsächlich nötig hast. Und wenn du dann doch einmal etwas erbeten hast, was dir nicht nutzt, dann sortiert dein Vater im Himmel deine Bestellungen auch noch mal, nimmt die Dinge heraus, die dir in Wirklichkeit schaden würden, und schickt sie dir gerade nicht, auch wenn du dir sie noch so sehr wünschst. Ja, wir haben es im Gebet in Wirklichkeit viel besser als bei Amazon. Gott ist keine Computerplattform, sondern unser Vater, der uns liebt, weil wir in Liebe mit Jesus verbunden sind. Wie schön, dass wir gerade so beten dürfen!
Ja, es bleibt richtig: Es gibt bei Gott keine Express-Bestellungen. Wir überlassen Gott das richtige Lieferdatum. Und das kann sich nach unserem Empfinden manchmal ganz schön hinziehen. Jesus selber sagt es hier ganz deutlich: „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ (Vers 33) Jesus sagt nicht: „Wenn ihr nur richtig an mich glaubt, dann habt ihr keine Angst und keine Probleme mehr. Dann geht das alles ganz schnell weg.“ Sagt Jesus nicht. Aber er sagt: „Ihr seid in eurer Angst, ihr seid in all dem, was ihr an Schwerem erlebt, nicht allein. Ich bleibe bei euch. Ja, mehr noch: Ich werde euch in eurem Leben zu dem allerbesten Ziel führen, dorthin, wo ihr mich einmal nie mehr etwas fragen werdet, weil euch einmal alles klar sein wird.“ Das hat Amazon nicht im Angebot, das kann wirklich nur Jesus bieten: Ein Leben, in dem eure Freude einmal vollkommen sein wird, ein Leben, in dem einmal alle Angst und alle Traurigkeit ihr Ende finden werden.
Ja, gerade so macht Beten auch jetzt und hier schon Freude, weil wir wissen, zu wem wir beten: Zu ihm, unserem Gott, der uns unendlich liebt. Er macht seine Liebe zu uns nicht von der Stärke unseres Glaubens abhängig. Er versteht uns selbst dann noch, wenn wir nur noch seufzen können. Er gibt uns auch jetzt wieder, was wir brauchen: den Leib und das Blut seines Sohnes. Da erfüllt er unsere Bitte um seine Gegenwart immer wieder ganz schnell, noch in derselben Stunde. Und so wollen wir genau dies jetzt auch von ihm erbitten: Ja, komm, Herr Jesu, komm zu uns, hier und jetzt! Amen.