St. Johannes 2,1-11 | Vorabend zum zweiten Sonntag nach Epiphanias | Pfr. Dr. Martens
Die Geschichte von der Verwandlung von Wasser in Wein bei der Hochzeit zu Kana gehört nach meinem Eindruck zu den beliebtesten Geschichten der Bibel für viele unserer iranischen und afghanischen Gemeindeglieder. Ja, ich kann das verstehen: Diese Geschichte ist so richtig schön unislamisch. Für viele ist es schon sehr beeindruckend, was Jesus für Wunder zu bewirken vermag – da hat der Mohammad nichts Vergleichbares vorzuweisen. Und dann auch noch solch ein Wunder: Jesus verwandelt doch tatsächlich 600 Liter Wasser in besten Wein. Da bekam anschließend sicher jeder mehr als ein Glas Wein ab. Es ist sicher kein Zufall, dass Mohammad diese Geschichte aus der Bibel nicht in den Koran übernommen hat. Sie macht nur allzu deutlich, dass Jesus das Trinken von Wein, von Alkohol ganz sicher nicht für haram gehalten hat.
Aber wir würden die Geschichte, die uns Johannes hier erzählt, doch nicht richtig verstehen, wenn wir nur erkennen würden: Jesus hat offenbar die besseren Partys als Mohammad anzubieten. Ja, es ist richtig: Jesus bringt uns Menschen Freude. Er ist nicht gekommen, um den Menschen Angst einzujagen oder ihnen ein schlechtes Gewissen zu machen. Er findet das schön, wenn Menschen sich freuen. Und er findet es ganz besonders schön, wenn ein Mann und eine Frau heiraten, denn so hat sich das Gott gedacht, so findet Gott das gut. Und so ist Jesus bei dieser Hochzeitsfeier fröhlich dabei und feiert mit. Ja, schau ihn dir an, deinen Herrn und Heiland Jesus Christus: Er ist auch einer, der sich einfach mit dir freuen kann, wenn es etwas Schönes in deinem Leben gibt.
Damals haben es die Hochzeitsleute genau richtig gemacht: Sie haben Jesus auf ihre Hochzeit eingeladen. Wie sieht es in deinem Leben aus? Lädst du Jesus auch mit ein zu den Festen in deinem Leben? Oder führst du zwei verschiedene Leben: ein Leben mit Christus in der Kirche, und ein anderes Leben ohne Christus in deinem Alltag? Denke daran: Jesus möchte auch in deinem Alltag gerne mit dabei sein, möchte, dass du ihn da nicht versteckst, sondern ihn auch da immer gerne bei dir hast. Es geht ja gar nicht darum, dass er dabei nun gleich große Wunder wirken soll. Aber mit Jesus zu feiern ist immer schöner als ohne ihn.
Damals war bei der Hochzeitsfeier auch Maria, die Mutter Jesu, dabei. Und die wusste natürlich, was ihr Sohn so draufhat, was er soll alles kann. Und dann bekommt die Maria mit, dass sich da bei der Hochzeitsfeier gerade eine mittlere Katastrophe anbahnt: Mitten während der Hochzeitsfeier geht der Hochzeitsgesellschaft der Wein aus. Etwas Schlimmeres konnte bei einer Hochzeitsfeier kaum passieren. Hochzeitsfeiern dauerten damals über mehrere Tage. Aber wenn mitten während der Feier der Wein ausging, dann war die Hochzeitsfeier vorbei, dann gingen die Gäste nach Hause. Das wäre natürlich sehr, sehr traurig für die Brautleute gewesen, wenn die Gäste alle schon vorzeitig nach Hause gegangen wären, wenn die Feier schon so bald zu Ende gewesen wäre, weil der Wein fehlte.
Und da mischt sich nun Maria ein. Sie gibt Jesus einen kräftigen Stoß in die Rippen: Ey, die haben keinen Wein mehr, mach was! Doch Jesus reagiert nicht so, wie seine Mutter es sich wünscht. Er springt nicht gleich auf, veranstaltet auch keine Wunder-Show, sondern sagt nur: Was geht dich das an? Meine Stunde ist noch nicht gekommen!
Jesus macht deutlich: Er ist kein Wundermacher, der auf Bestellung zeigt, was er alles so kann. Er macht dann etwas, wenn er erkennt, dass es soweit ist, dass es nötig ist, nicht, wenn wir denken, dass er etwas tun müsste. Und wenn er sagt. „Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“ – Dann erinnert er daran, was eigentlich seine Aufgabe ist, mit der er in diese Welt gekommen ist. Die Aufgabe Jesu besteht nicht darin, möglichst die ganze Menschheit mit leckerem Wein zu versorgen. Sondern die Stunde Jesu, sie kommt schließlich dann, als er für die Menschen sich ans Kreuz schlagen lässt und stirbt. Dafür ist Jesus in diese Welt gekommen.
Es gibt auch heute Gruppierungen, die sich christlich nennen und damit Werbung machen, was für großartige Wunder in ihrer Mitte geschehen. Doch damit können sie sich nicht auf Jesus berufen. Jesus hat keine sensationellen Wunder angekündigt und sich dafür feiern lassen. Er hat dann geholfen, wenn er sah, dass es Zeit war, aus seiner Sicht die richtige Zeit. Und dann hat er etwas getan, was erst einmal keiner so richtig mitbekommen hat. Erst im Nachhinein merken die Beteiligten, was für ein Wunder Jesus eigentlich gewirkt hat. Als er es vollbrachte, hatte es noch keiner wahrgenommen.
Maria sagt hier in der Geschichte einen ganz wichtigen Satz: Was er euch sagt, das tut! Ja, darum geht es in dieser Geschichte, darum geht es auch bei uns immer wieder: Wir sollen tun, was Jesus uns sagt. Und wir wissen, was Jesus auch zu uns gesagt hat: Nehmet hin und esset, das ist mein Leib! Nehmet hin und trinket alle daraus, das ist mein Blut! Und wenn wir dann tun, was er uns sagt, wenn wir auch gleich wieder hier am Altar seine Worte über dem Brot und dem Wein sprechen, dann geschieht ein noch viel größeres Wunder als damals bei der Hochzeit zu Kana: Dann wird das Brot wirklich der Leib Christi, und der Wein wird wirklich das Blut Christi. Das sieht man erst mal gar nicht, das bekommt man als Außenstehender erst mal gar nicht mit, was für ein großes Wunder hier geschieht. Doch wenn wir tun, was Jesus sagt, dann passiert es auch, dann bekommst du hier im Heiligen Mahl unendlich mehr geschenkt als die Hochzeitsgäste damals in Kana. Gewiss, Jesus will dir auch hier im Heiligen Mahl Freude schenken. Aber die Freude, die er dir hier schenkt, ist eine viel größere Freude als die, die man empfindet, wenn man das eine oder andere Glas Wein getrunken hat. Hier im Heiligen Abendmahl geht es eben auch gar nicht mehr um den Wein. Es geht darum, dass du mit Christus verbunden wirst, dass du durch ihn das ewige Leben empfängst. Das mit der Hochzeit damals in Kana ist eine einmalige Geschichte geblieben. Nach ein paar Tagen waren auch die 600 Liter Wein ausgetrunken – und dann war Schluss. Doch das Wunder, das Jesus hier in unserer Mitte vollbringt, das geschieht immer wieder, das dürfen wir unser ganzes Leben lang immer wieder erfahren, bis wir schließlich durch seinen Leib und sein Blut in den Himmel kommen. Hört darum auf Maria: Was er euch sagt, das tut! Und Jesus sagt es euch: Nehmt, esst, nehmt, trinkt: Wer meinen Leib isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben. Darum kommt auch gleich wieder, kommt, denn es ist alles bereit! Amen.