St. Johannes 3,30 | Tag der Geburt St. Johannes des Täufers | Pfr. Dr. Martens
Heute in einem halben Jahr feiern wir den Heiligen Abend, feiern wir Weihnachten. Noch mögen wir daran gar nicht denken wollen an diesen schönen langen warmen Sommertagen und den hellen Sommerabenden. Aber es wird nicht lange dauern, da werden auch wir wieder merken, dass die Tage kürzer werden, dass es wieder dunkler wird bei uns.
Dass die Kirche am 24. Juni den Tag der Geburt St. Johannes des Täufers feiert, ergibt sich natürlich zum einen aus den biblischen Angaben selber, dass Elisabeth ein halbes Jahr vor Maria schwanger geworden war. Und wenn wir das Weihnachtsfest auf den 25. Dezember ansetzen, dann ist es klar, wann der Geburtstag St. Johannes des Täufers gefeiert werden muss. Aber die Kirche hat in dieser Ansetzung zugleich noch einen tieferen Sinn gesehen: So wie die Geburt Jesu gerade an den Tagen gefeiert wird, in denen es am allerdunkelsten ist, so wie an diesen Tagen besonders eindrücklich erfahrbar wird, dass Christus als das Licht der Welt in die Dunkelheit dieser Welt gekommen ist, so feiern wir den Geburtstag St. Johannes des Täufers gerade an einem der längsten Tage des Jahres, von dem ab die Tage kürzer werden, bringen damit zum Ausdruck, was Johannes der Täufer über Jesus sagt: Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen.
Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen – dieses Wort des Täufers ist auch dein Taufspruch, lieber Javid: Ja, genau darum geht es in unserem Leben als Christen, dass Christus in unserem Leben immer größer wird, dass er unser Leben immer mehr bestimmt, dass er nicht nur eine Randnotiz in unserem Leben bleibt.
Heute in der Taufe bist du mit Christus gestorben und auferstanden. Dein altes Ich, das sich immer nur um sich selber dreht, das selber groß herauskommen will im Leben, das ist heute ersäuft worden. Und herausgekommen bist du nun als ein neuer Mensch, der von sich sagt: Ich lebe, aber nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.
Er muss wachsen. Darum ist es so wichtig, dass wir alle miteinander immer wieder Gottes Wort hören, dass wir immer wieder uns mit dem Evangelium von Jesus Christus befassen, dass dieses Evangelium, ja, dass er, Christus selber, immer mehr unser Denken, unser Reden, unser Handeln bestimmt. Darum ist es so wichtig, dass du, lieber Javid, dass wir alle miteinander immer wieder den Leib und das Blut Christi empfangen, dass Christus selber in uns lebt, uns erfüllt, uns prägt, uns immer mehr um ihn statt um uns selber kreisen lässt.
Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen. Nein, das Ziel des Lebens eines Christen besteht nicht darin, sich selber zu verwirklichen, das eigene Ich mit seinen Wünschen und Vorstellungen groß herauszubringen. Das Ziel des Lebens eines Christen besteht stattdessen darin, immer mehr von Christus geprägt, bestimmt zu sein, mit ihm immer neu und immer mehr eins zu werden.
Abnehmen ist gar nicht so einfach. Das wissen wir, wenn es darum geht, überflüssige Pfunde an unserem Körper loszuwerden. Aber so abzunehmen, dass Christus in unserem Leben immer größer und stärker wird, das ist noch schwieriger, ja, das ist für uns Menschen selber unmöglich. Doch da, wo Christus zu uns spricht in seinem Wort, da, wo wir ihm begegnen im Heiligen Mahl, da vollbringt er selber dieses Wunder in unserem Leben, da merken wir, dass wir nicht verlieren, sondern gewinnen, dass wir nichts verpassen, sondern im Gegenteil immer reicher werden, wenn Christus in unserem Leben wächst und immer größer und bedeutender wird.
Ja, da, wo Christus in unserem Leben immer mehr gewachsen ist, da brauchen wir uns eben auch nicht zu fürchten, wenn wir merken, dass unsere eigenen Kräfte schwinden, dass wir selber tatsächlich auch erfahrbar immer weniger werden: Es geht doch nicht dem Nichts entgegen, sondern der sichtbaren Gemeinschaft mit demselben Christus, der jetzt schon in unserem Leben immer größer werden soll und wird.
Mögen wir unseren Blick darum durch St. Johannes den Täufer immer wieder auf Christus hin richten lassen, dass wir diese Worte dem Täufer ganz fröhlich und bewusst auch als Motto unseres eigenen Lebens immer wieder nachsprechen: Er, Christus, muss wachsen, ich aber muss abnehmen. Amen.