St. Johannes 6,47-51 | Laetare | Pfr. Dr. Martens

Da stirbt ein altes Ehepaar fast gleichzeitig und kommt oben im Himmel an. Es wird von Petrus empfangen und von ihm in eine wunderschöne Luxuswohnung mit allen Schikanen geführt. Die Eheleute kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Doch dann stößt der Ehemann die Ehefrau in die Seite und brummt: „Du mit deiner blöden gesunden Ernährung! Das hätten wir hier alles schon viel früher haben können!“

Schwestern und Brüder, natürlich ist das nur ein Witz, den ich euch gerade erzählt habe. Aber es steckt eben doch so einiges an Wahrheit in diesem Witz. Wenn man ein wenig im Internet surft, findet man dort unzählige Tipps, mithilfe welcher Lebensmittel man sein Leben um sieben oder gar um zwanzig Jahre verlängern kann. Leider habe ich noch keine Untersuchung gefunden, wie man durch den Verzehr von Schokolade sein Leben verlängern kann. Aber Knoblauch gehört beispielsweise dazu – und das ist ja auch sehr verständlich, denn wer Knoblauch isst, muss nicht so viel Angst haben, dass Menschen zu dicht an ihn herankommen und ihn anstecken könnten. Ja, der Glaube, mit der richtigen Ernährung sein Leben erhalten und verlängern zu können, ist bei nicht wenigen Leuten in unserem Land zu einem regelrechten Kult geworden – und entsprechend groß ist dann auch die Hysterie, wenn in einer Untersuchung wieder einmal festgestellt wird, was für Schadstoffe oder Keime sich in einem scheinbar doch so guten und lebensverlängernden Lebensmittel befinden. Man will doch essen, um lange zu leben, und nicht essen, um am Ende doch am Essen zu sterben!

Nun bleibt allerdings die Frage: Was bringen mir diese zusätzlichen sieben Jahre, die ich dadurch gewinnen kann, dass ich auf bestimmtes leckeres Essen verzichte und mich dafür von Nüssen, Olivenöl und Knoblauch ernähre? Wozu will ich eigentlich so lange hier auf Erden leben? Man muss ja nicht gleich den Verweis auf den brummenden Ehemann im Himmel verwenden; aber es bleibt die Frage: Wozu möchte ich eigentlich lange hier auf Erden leben? Und eines ist ohnehin klar: Ich kann mich noch so gesund und ausgewogen ernähren, ich kann noch so viele Wundermittelchen zu mir nehmen – meinen Tod kann ich dadurch nicht verhindern. Im Gegenteil: Mit jeder Mahlzeit, die ich zu mir nehme, esse ich mich weiter meinem eigenen Tod entgegen.

Und damit, Schwestern und Brüder, sind wir nun schon mitten drin in der Predigtlesung des heutigen Sonntags: Da geht es auch um Essen und Leben – allerdings in einem viel umfassenderen Sinne, als ihn uns irgendwelche Ernährungs- und Lebensratgeber jemals geben könnten. Auch Christus spricht hier in unserer Predigtlesung davon, dass wir durch Essen Leben gewinnen können. Er betätigt sich hier jedoch nicht als Diätratgeber, sondern er macht von vornherein deutlich, dass das Leben, das er verspricht, unendlich mehr ist als eine Verlängerung unseres Lebens hier auf der Erde um das eine oder andere Jahr.

Vom ewigen Leben spricht Christus hier wiederholt, macht damit deutlich, dass er ein Leben von völlig anderer Qualität verspricht, ein Leben, das nicht gekennzeichnet ist von der Furcht vor dem Vergehen, vor dem Sterben, sondern ein Leben, das den Tod gleichsam schon hinter sich gelassen hat, ein Leben, das nicht wir sichern müssen durch die Einhaltung diverser Öko-Gebote, sondern das gerade nicht auf unserem korrekten Handeln beruht. Dieses Leben, das Christus verspricht, hat eben darum eine völlig andere Qualität, weil es uns zuteilwird in der Gemeinschaft mit ihm, Christus, selber, mit ihm, der das Leben in Person ist.

„Wer glaubt, der hat das ewige Leben.“ – So beginnt Jesus hier. In den Versen zuvor hatte Christus schon sehr deutlich gemacht, was mit diesem Glauben gemeint ist. Es geht nicht darum, dass wir einfach an irgendetwas glauben, weil wir uns dann besser fühlen. Sondern der Glaube, von dem Christus hier spricht, ist der Glaube an ihn, an seine Person. Hören wir genau hin, was Christus hier sagt. Er sagt nicht: „Wer an mich glaubt, der wird irgendwann in der Zukunft dann auch mal das ewige Leben bekommen.“ Sondern er sagt: Wer glaubt, wer an mich glaubt, der hat, jawohl, der hat das ewige Leben. Es geht nicht darum, dass wir dank Jesus ein paar Jahre hinten an unser Leben dranhängen können. Sondern es geht darum, dass wir hier und jetzt, mitten in unserem Alltag, mitten in all den Problemen, die uns bedrängen und beschäftigen, das ewige Leben haben – im Glauben an Jesus Christus.

Wie sollen wir das verstehen? Dazu muss uns zunächst einmal aufgehen, was „Glauben“ denn hier im Johannesevangelium eigentlich heißt. „Glauben“ ist nicht ein unbestimmtes Gefühl, und „Glauben“ ist auch keine Entscheidung, die wir Menschen treffen. Sondern Glauben ist nichts anderes als die Gemeinschaft mit Christus, dass er in uns lebt und wir in ihm. Darum haben wir das ewige Leben, weil Jesus Christus das ewige Leben in Person ist, von Gott, seinem Vater, dazu zu uns gesandt, dass er uns an diesem ewigen Leben Anteil gebe.  

Und dann geht Christus hier einen Schritt weiter und macht deutlich: Glauben heißt in der Tat: Essen. Beim Essen empfange ich etwas, da nehme ich etwas in mich auf. Und genau das heißt eben auch Glauben: nicht etwas tun, sondern etwas empfangen, nein, nicht bloß etwas empfangen, sondern ihn selber, Christus, empfangen, der von sich selber sagt: Ich bin das Brot des Lebens. Ich esse, weil ich etwas brauche, weil ich merke: Da fehlt etwas in mir. Glauben heißt: Ich brauche Christus, ich empfange ihn, er nimmt in mir Wohnung, und mit ihm empfange ich das ewige Leben, das stärker ist als der Tod.

Ich bin das Brot des Lebens – so stellt sich Christus uns hier vor. Mal abgesehen von dem heutigen Ernährungskult: Wir brauchen in der Tat Essen, um leben zu können, um überleben zu können. Brot – es ist das elementare Lebensmittel schlechthin. Und genauso meint es Jesus auch: So dringend nötig, wie du Essen brauchst, um nicht zu verhungern, um nicht zu sterben, so dringend nötig brauchst du mich, wenn du ewig leben willst, wenn du ein Leben haben willst, das auch der Tod nicht zunichtemachen kann.

Ja, höre, was Jesus hier sagt: Er sagt nicht: Ich bin eine Tiefkühlpizza unter vielen im Supermarkt. Probiere mich mal aus, ob ich dir schmecke – und wenn nicht, hast du ja immer noch genügend andere Angebote. Nein: Jesus sagt: Ich bin das Brot des Lebens. Ein anderes Brot, das Leben in sich birgt, gibt es nicht. Selbst das Manna, mit dem Gott damals die Israeliten gespeist hat, konnte ihnen kein ewiges Leben schenken, hat sie nur für einige Jahre auf ihrem Weg durch die Wüste ernährt, mehr nicht. Alles, was dir sonst als Lebensbringer, als Sattmacher präsentiert wird, hilft dir nicht, schenkt dir am Ende doch kein Leben. Mohammad schenkt dir kein Leben. Er ist nicht das Brot des Lebens. Buddha schenkt dir kein Leben. Er ist nicht das Brot des Lebens. Geld schenkt dir kein Leben. Es ist nicht das Brot des Lebens. Dein deutscher Pass schenkt dir kein Leben. Er ist nicht das Brot des Lebens. Jesus ist der einzige, der dir nicht bloß eine Lebensverlängerung, sondern das ewige Leben schenkt. Ohne ihn hast du kein Leben, bleibt der Tod das Letzte, was dich am Ende deines Lebens erwartet, ganz gleich, wie sehr du dieses Ende auch noch biologisch-dynamisch herauszögern konntest.

Jesus – das Brot des Lebens. Nur durch ihn bekomme ich das ewige, unvergängliche Leben. Doch wie bekomme ich dieses Leben nun genau? Wir wird Jesus auch mein Brot des Lebens? Wenn Jesus sich als Brot des Lebens bezeichnet, ist das eben nicht bloß ein hübsches, beliebiges Bild. Nein, er meint ganz genau das, was er sagt: Jesus wird mein Brot des Lebens eben dadurch, dass ich ihn esse, dass ich dieses Brot des Lebens esse, jawohl, mit meinem Mund empfange. „Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch – für das Leben der Welt.“ – So formuliert es Christus selber. In den anschließenden Versen entfaltet er dies dann noch weiter, macht unübersehbar deutlich, dass er von nichts anderem als vom Heiligen Mahl redet, in dem wir in der Tat Fleisch und Blut Christi unter den Gestalten von Brot und Wein empfangen. Nein, „Fleisch“ bedeutet gerade nicht, dass wir im Heiligen Mahl ein Stück von Christus empfangen. Sondern „Fleisch“ – das bedeutet: ihn, Christus, selber leibhaftig, anfassbar, berührbar. Ja, genau das geschieht im Heiligen Mahl, dass wir Christus selber leibhaftig in uns aufnehmen, dass wir mit ihm nicht nur irgendwie geistig, sondern körperlich verbunden werden, dass wir durch ihn das ewige Leben empfangen, das eben auch nicht nur etwas Geistiges ist, sondern an dem wir einmal mit Leib und Seele Anteil haben werden.

Du willst nicht bloß ein paar Jahre länger hier auf Erden leben, sondern ewig leben? Dann komm und iss – empfange die Medizin des ewigen Lebens, empfange Leib und Blut deines Herrn hier im Heiligen Mahl. Für dein Leben hat Christus seinen Leib und sein Blut in den Tod gegeben, damit dich nichts mehr von Gott trennt, damit dir alle Schuld vergeben wird, damit du in alle Ewigkeit leben kannst. Nein, komme nicht damit an, dass du sagst: Ich kann doch auch zu Hause an Jesus glauben. Nein, Glauben heißt Essen. Ich kann Glauben und Essen nicht voneinander trennen, eben weil Christus sich uns hier als das Brot des Lebens präsentiert, eben weil er ganz deutlich macht, dass wir durch Essen das ewige Leben bekommen. Ein Glaube, der nicht der Einladung Christi folgt, sein Fleisch, seinen Leib und sein Blut zu essen, nimmt Christus nicht ernst, macht aus Christus eine Idee oder eine Geistgestalt.

Darum komm, komm, iss und trink hier am Altar immer und immer wieder! Lass dich durch nichts und niemanden von diesem Essen und Trinken abhalten! Du brauchst das Brot des Lebens, brauchst es immer wieder neu! Denke daran: Wenn du dieses Brot des Lebens empfängst, dann wirst du leben in Ewigkeit. Was für eine Einladung! Du bekommst hier die Medizin des ewigen Lebens – und das ganz umsonst! Christus, dein Herr, lebt in dir, wird dich darum einmal auferwecken zu einem neuen Leben. Und da wirst du dann tatsächlich einmal aus dem Staunen nicht mehr herauskommen – aus dem Staunen darüber, was die Gaben des Heiligen Mahles an dir und in dir bewirkt haben. Ja, komm, iss – und lebe: in alle Ewigkeit! Amen.

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