St. Johannes 8,12| Tag der Darstellung des Herrn (Mariae Lichtmess) | Pfr. Dr. Martens

Wenn man bei Facebook einen Account einrichtet, dann muss man immer auch ein Hintergrundbild und ein Profilbild auswählen, mit dem man seinen eigenen Account ganz persönlich gestaltet. Sehr bunt und vielfältig sind diese Bilder, geben jeweils einen Eindruck davon, was für ein Mensch das wohl ist, der sich da auf Facebook präsentiert. Doch von Zeit zu Zeit sehe ich, dass jemand sein Profilbild oder sein Hintergrundbild vollkommen schwarz einfärbt. Und dann ahne ich: Da ist in seinem Leben etwas passiert, das sein ganzes Leben nur noch dunkel, nur noch finster macht. Und dann frage ich nach – und oft erhalte ich als Antwort, dass ein enger Verwandter im Iran oder in Afghanistan gestorben ist oder dass dieser Mensch so heftig von Depressionen betroffen ist, dass er sein Leben nur noch vollkommen schwarz wahrzunehmen vermag.

Ja, das fällt heutzutage schon besonders auf, wenn ein Mensch von sich aus zu erkennen gibt: In meinem Leben ist es ganz dunkel, ist es ganz finster. Ich weiß gar nicht, wie es mit mir eigentlich noch weitergehen soll. Das passt nicht zu unserer heutigen Zeit, in der Menschen oft genug dazu gezwungen werden, nach außen hin eine Show abzuziehen, dass bei ihnen in ihrem Leben alles klar ist, dass sie immer stark und möglichst gut gelaunt sind. Wenn dann jemand postet: Bei mir ist es finster, dann ist das schon ein besonders starker Hilferuf, ein Ruf nach Anteilnahme, ein Ruf danach, dass da jemand kommen möge, der wieder Licht ins Leben bringt.

In unserer heutigen Predigtlesung präsentiert sich Jesus Christus als das Licht der Welt, verspricht, dass diejenigen, die ihm nachfolgen, nicht in der Finsternis bleiben. Doch damit bietet sich Jesus hier nicht einfach bloß als Notlösung in schwierigen Zeiten an, der dafür sorgt, dass es uns in unserem Leben wieder besser geht und wir das schwarze Profilbild irgendwann mal wieder löschen können. Sein Anspruch reicht viel weiter: Er sagt: Erst da, wo ihr mir begegnet, könnt ihr überhaupt wahrnehmen, was Finsternis heißt, erst da, wo ihr mir begegnet, könnt ihr überhaupt erst wahrnehmen, aus was für einer Finsternis euch dieses Licht der Welt geführt und gerettet hat.

Finsternis bedeutet eben nicht unbedingt, dass ich mich schlecht fühle und nicht mehr weiterweiß. Ich kann mich pudelwohl fühlen, Tausende von Facebook-Freunden haben, mehr oder weniger witzige Posts von mir geben, jede Menge Erfolg im Leben haben – und doch in der Finsternis bleiben. Ja, wenn Christus nicht das Licht meines Lebens ist, dann bleibt mein Leben dunkel, unbeleuchtet, dann kann ich ihn, Christus, durch keine andere Lichtquelle ersetzen.

Wir leben ja heutzutage in einer Welt, in der wir selbstverständlich davon ausgehen, dass uns Licht immer zur Verfügung steht. Wir haben Licht in unseren Wohnungen, ja auch in den Asylbewerberheimen, ganz klar. Und gerade jetzt in dieser Weihnachtszeit, die heute zu Ende geht, waren viele Häuser auch noch von außen mit Lichterketten versehen, leuchteten, was das Zeug hielt. Dass diese weihnachtliche Beleuchtung ursprünglich einmal etwas mit Christus zu tun hatte, auf ihn als das Licht der Welt verwies, dürfte heute nur noch den Wenigsten bewusst sein. So hell erleuchtet ist gerade auch unsere Stadt Berlin, dass man heutzutage schon von einer sogenannten Lichtverschmutzung redet, die es uns beispielsweise gar nicht mehr möglich macht, viele der Sterne am Himmel überhaupt noch wahrzunehmen, weil es hier unten einfach zu hell ist. An was für einem dünnen Faden wir dabei hängen, habe ich gerade in den letzten Tagen auch auf Facebook gesehen, als mir Freunde aus Amerika Bilder von ihrem Leben nach den Stromausfällen in der eisigen Kälte zeigten: Ein Zusammenbruch des Stromnetzes, und das scheinbar Selbstverständlichste auf der Welt wird sich mit einem Mal als alles andere als selbstverständlich herausstellen.

Doch nicht nur Licht, das unsere Netzhäute reizt, wird in unserem Leben reichlichst angeboten. Nicht weniger vielfältig sind die Angebote der angeblichen inneren Erleuchtung, von denen wir hier in unserer Stadt Gebrauch machen können: Meditationskurse, bei denen wir lernen können, das angebliche innere Licht in uns zu erkennen, fernöstliche Religionen, die uns Erleuchtung versprechen – ja, es sieht so aus, als ob Jesus im Supermarkt der Beleuchtungs- und Erleuchtungsartikel wirklich nur ein Angebot unter vielen ist.

Doch der Selbstanspruch Jesu ist in Wirklichkeit viel radikaler: Nur wer ihm nachfolgt, nur wer in der Verbindung mit ihm lebt, kommt aus der Finsternis seines Lebens heraus – ganz gleich ob er sein Leben selber als finster empfindet oder nicht.

Um es an einem Beispiel deutlich zu machen: Eine Gruppe von Menschen sitzt in einem Zimmer zusammen und diskutiert kräftig. Die Stunden vergehen, und allmählich wird es dunkel. Doch die Augen haben sich ganz allmählich an die Dunkelheit so gewöhnt, dass die Menschen in dieser Gruppe gar nicht merken, in was für einer Dunkelheit sie eigentlich sitzen. Doch da geht mit einem Mal die Tür auf – ein anderer Hausbewohner kommt rein, knipst das Licht an und sagt: „Warum sitzt ihr hier denn im Dunkeln?“ Ja, das hatten die Betreffenden selber gar nicht so wahrgenommen, hatten sich an ihren Zustand gewöhnt, bemerkten die Dunkelheit erst, als ihnen jemand von außen Licht machte. So viele Menschen verbringen ihr ganzes Leben lang in diesem Halbdunkel, halten es für völlig normal, vermissen auch gar kein Licht – und merken hoffentlich nicht erst in der Stunde ihres Todes, dass ihnen das wirkliche, entscheidende Licht in ihrem Leben gefehlt hat!

Jesus hat die Worte unserer heutigen Predigtlesung im Tempel in Jerusalem gesprochen. Dort, so glaubten es die Juden, wohnte die Herrlichkeit Gottes, unseren Augen verborgen, und doch ganz real gegenwärtig. Wenn Jesus hier nun sagt: Ich bin das Licht der Welt, dann war es klar, wie seine Zuhörer das verstehen mussten: Jesus sagt: Ich bin diese Shekhina, die Herrlichkeit Gottes, in mir könnt ihr Gott in seiner Herrlichkeit finden, in seiner Herrlichkeit, die nach außen hin strahlt und leuchtet. Was für ein Anspruch!

Etwa 30 Jahre vorher war Jesus schon einmal in diesem Tempel gewesen, als kleines Baby, getragen auf den Armen seiner Eltern, für die Augen der Außenstehenden nicht unbedingt als Licht der Welt wahrnehmbar. Doch als er dorthin in den Tempel gebracht wird, da wartet dort auf ihn schon der Simeon, der sein ganzes Leben lang sich nach ihm gesehnt hatte, nimmt ihn auf die Arme und preist ihn, dieses kleine Baby, als das Licht, das alle Völker erleuchtet.

Licht ist Jesus – nicht als Trostpflaster, sondern weil er selber wahrer Gott ist, der wahre Gott, der das Licht in Person ist und uns an diesem Licht Anteil geben will. Dieses Licht blendet auch uns heutzutage nicht, sondern es scheint für so viele Menschen zunächst einmal kaum wahrnehmbar in ihr Leben hinein. Ja, Christus, das Licht der Welt, leuchtet auf, wenn Menschen in der heiligen Taufe zum neuen Leben in der Gemeinschaft mit Christus wiedergeboren werden. Christus, das Licht der Welt, leuchtet in uns, wenn wir seinen Leib und sein Blut im Heiligen Mahl empfangen und daraufhin fröhlich singen: „Meine Augen haben deinen Heiland gesehen, ein Licht zu erleuchten die Heiden!“ Immer wieder geht es darum, dass das Licht der Welt uns in seinen Lichtschein hineinzieht, uns in die Lebensgemeinschaft mit ihm hineinzieht. Und nur in dieser Lebensgemeinschaft wird es dann auch in unserem Leben hell bleiben. Ohne Christus fallen wir immer wieder in die Finsternis zurück.

Nachfolge – so nennt Christus selber dieses Leben in seiner Gemeinschaft hier in seinem Wort. Ja, wenn wir in unserem Leben tatsächlich einmal in völliger Dunkelheit sitzen, dann sind wir dringend darauf angewiesen, von irgendwoher ein Lichtsignal zu empfangen, damit wir wissen, wo wir eigentlich sind. Genau dieses Licht gibt uns Christus: Er lässt uns erkennen, wo und wer wir eigentlich sind. Er nimmt uns nicht eigene Entscheidungen im Leben ab – aber er verspricht uns: Wenn wir uns von Christus, dem Licht der Welt, leiten lassen, dann gehen wir unseren Lebensweg nicht allein, dann gehen wir ihn gemeinsam mit Christus. Und mit Christus unseren Lebensweg zu gehen – das bedeutet in der Tat ganz praktisch: Einen Weg des Leidens zu gehen, einen Weg, auf dem wir angefeindet und ungerecht behandelt werden, einen Weg, auf dem wir damit rechnen müssen, auch mit dem Tod bedroht zu werden. Ja, die Leiden, die so viele Glieder unserer Gemeinde im Augenblick erfahren durch die christenfeindlichen Entscheidungen deutscher Behörden und Politiker, sie sind und bleiben Leiden in der Nachfolge unseres Herrn Jesus Christus, der selber erfahren hat, was es heißt, von Justizirrtümern betroffen zu sein und von denen verleumdet zu werden, die es eigentlich besser wissen müssten.

Und doch bleibt es dabei: Wenn wir diesen Weg in der Nachfolge unseres Herrn Jesus Christus gehen, dann werden wir in allem Leid, in aller Anfechtung und Verfolgung, die wir jetzt auch hier in Deutschland erfahren, doch stets das Licht des Lebens haben, das kein Richter und kein BAMF-Mitarbeiter, das auch kein Mullah und keine Erkrankung, ja noch nicht einmal der Tod selber auszulöschen vermögen.

Gott geb’s, dass euch dieses Licht der Welt in der Kraft des Heiligen Geistes stets einleuchten möge! Ja, Gott geb’s, dass ihr in eurem Leben stets im Lichtschein dieses Lichtes der Welt bleibt und dann auch einmal mit eigenen Augen dieses Licht der Welt sehen werdet, das unser Leben in allem Leid doch auch jetzt schon ganz hell zu machen vermag! Amen.

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