St. Lukas 10,17-20 | St. Michaelis | Pfr. Dr. Martens

Erschreckende Zukunftsaussichten werden uns in letzter Zeit immer wieder von verschiedenen Klimaforschungsinstituten und anderen Organisationen vor Augen gemalt. Diese betreffen durchaus auch unsere Breitengrade. Es wird häufiger zu Trockenheiten kommen; umgekehrt wird die Erwärmung der Luft dazu führen, dass es zu heftigeren Gewittern kommt. Bei nicht wenigen Menschen löst die Aussicht auf die Veränderungen, die uns bevorstehen, Panik aus; der Weltuntergang scheint nicht mehr lange auszubleiben, und jeder Blitz am Himmel ist für so manche bereits ein Vorbote der Apokalypse.

Von einem Blitz vom Himmel ist auch im Heiligen Evangelium dieses Sonntags die Rede. Der wird allerdings nicht von irgendwelchen Wetterstationen wahrgenommen und auch nicht von irgendwelchen Klimaforschungsinstituten. Schaut man sich den griechischen Urtext genauer an, dann handelt es sich dabei auch um einen ganz ungewöhnlichen Blitz: Ganz lang andauernd ist er – und es gibt nur einen auf der Welt, der ihn sehen kann. Und dieser eine ist Jesus Christus, der hier in den Versen unseres Evangeliums zu uns spricht. Und während man bei einem Sommergewitter in Berlin durchaus fragen kann, ob das nun gleich der Anfang der Apokalypse sein muss, hat dieser Blitz, den Christus hier sieht und beschreibt, eindeutig apokalyptische Bedeutung und Auswirkungen.

Bei diesem Blitz handelt es sich nicht um irgendwelche elektrischen Entladungen, sondern dieser Blitz signalisiert ein entscheidendes Ereignis für die Geschichte unserer Welt: Der Blitz signalisiert den Sturz des Satan aus dem Himmel. Und das bedeutet: Der Blitz signalisiert, dass der Satan endgültig die Möglichkeit verloren hat, das letzte Wort in der Geschichte dieser Welt zu behalten. Er hat jegliche Möglichkeit verloren, in die Nähe der Kommandozentrale dieser Weltgeschichte zu gelangen, ist von Christus endgültig besiegt und aus seinem Machtbereich rausgeschmissen worden. Genau das feiern wir jedes Jahr an St. Michaelis, feiern den endgültigen Sieg der Mächte des Himmels unter der Führung des heiligen Michael über die Mächte des Bösen. Ja, wir feiern, dass der Teufel der größte Loser der Weltgeschichte ist und bleibt. Der Blitz, den Jesus da gesehen hat, ist der schönste und erfreulichste Blitz der Weltgeschichte – und ganz sicher kein Grund, in Panik zu geraten.

Der Blitz, von dem Christus hier spricht, hat allerdings eine äußerst unangenehme Nebenwirkung: Leider ist der Satan bei diesem Sturz nämlich nicht ums Leben gekommen, was ihm von Herzen zu wünschen gewesen wäre. Sondern leider ist er quicklebendig hier auf der Erde aufgekommen, und zwar direkt vor unseren Füßen. Und jetzt haben wir den Drachen hier. Und er tobt sich hier aus, auf ganz unterschiedliche Weise.

Woran kann man den Teufel erkennen? Den Blitz sehen wir nicht, und er ist entgegen anderslautender Gerüchte auch nicht am Schwefelgeruch zu identifizieren. Erkennen kann man ihn an seinen Wirkungen: Er macht nämlich hier auf Erden genau da weiter, wo er im Himmel aufgehört hat: Er kämpft gegen Christus und gegen die, die zu ihm gehören. Das macht er zum Teil in ganz brutaler Weise, wie wir es etwa im Iran und Afghanistan sehen können: Christen werden im Iran – auch wenn der Präsident des Bundesamtes davor bewusst die Augen verschließt – ausspioniert, verhaftet, gefoltert, ja, in nicht wenigen Fällen auch getötet. Und in Afghanistan ist die Überlebensdauer für Christen noch sehr viel kürzer als im Iran. Ja, was wir in diesen und in so vielen anderen Ländern dieser Welt, in denen Christen verfolgt werden, sehen, lässt sich nur begreifen auf dem Hintergrund der Epistel und des Evangeliums des heutigen Tages: Der Teufel, der größte Loser der Weltgeschichte, tobt sich aus, benutzt dazu gerne auch Religionen und deren Geistlichkeit, um Christus und die, die zu ihm gehören, zu bekämpfen.

Doch wir würden zu kurz blicken, wenn wir den Teufel beispielsweise jetzt nur irgendwo im Islam festmachen würden. Gewiss, unsere Täuflinge sagen sich bei ihrer Taufe jeweils bewusst vom Islam los, weil sie wissen, was für eine Macht über die Herzen auch diese Religion zu entfalten vermag, was für eine Kraft sie hat, Menschen immer wieder auch von Christus wegzuziehen. Doch seien wir nicht naiv, dass wir denken, den Teufel so einfach irgendwo draußen vor der Tür lassen zu können, ja, auch vor der Kirchentür. Entgegen anderslautender Gerüchte fühlt sich der Teufel auch in der Kirche ganz wohl und findet auch dort genügend Möglichkeiten, sich auszutoben. Mit besonderer Freude verleitet er Prediger dazu, über alles Mögliche von der Kanzel zu predigen, nur nicht über Christus und das, was er für uns getan hat. Hauptsache, die Leute erfahren nichts von ihrer Rettung durch Christus. Dann sollen die Prediger ihnen ruhig alle möglichen Nettigkeiten von der Kanzel erzählen, dass sich die Leute religiös erbaut oder angeregt fühlen. Hauptsache, sie hören nichts von Christus – oder nehmen ihn höchstens als gutes Vorbild oder großen Lehrer wahr! Doch mit ebenso großer Freude liebt der Teufel es, Streit in christlichen Gemeinden zu säen und damit Leute dazu zu veranlassen, aus der Gemeinde wegzugehen. Es braucht ja gar kein großer Anlass zu sein – Hauptsache, die Leute sind weg, fühlen sich beleidigt oder fallen auf alle möglichen bösen Gerüchte herein! Ja, da ist der Teufel natürlich immer wieder besonders glücklich, wenn die Leute anfangen zu tratschen und hinter dem Rücken anderer böse Dinge zu verbreiten, am besten mitten in der Gemeinde. Da kommt beim Satan richtige Partystimmung auf, wenn er das mitbekommt.

Doch der Teufel tobt sich natürlich nicht nur rings um die Kirche aus. Ihm liegt auch daran, alle guten Ordnungen Gottes durcheinanderzubringen, dass Menschen gar nicht mehr wissen, was nach Gottes Willen eigentlich gut und richtig ist. Ungeborene Kinder zu töten, Flüchtlinge im Meer ersaufen zu lassen, christliche Flüchtlinge zurück in den Tod zu schicken, die Ehe von Mann und Frau zum Auslaufmodell zu erklären – ach, der Teufel leidet wahrlich nicht an Unterbeschäftigung. Ja, seien wir nicht naiv! Die Folgen dessen, was Jesus hier beschreibt, erleben wir Tag für Tag!

Doch damit endet unser Evangelium natürlich nicht. Auch wenn der Teufel sich hier auf Erden jetzt kräftig austobt, bleibt es doch dabei: Es sind nicht mehr als die letzten Zuckungen eines Verlierers, der keine Chance hat, am Ende noch zu gewinnen. Und es ist eben nicht so, dass wir diesem Treiben des Teufels einfach nur hilflos ausgeliefert sind.

In den Versen, die unserer heutigen Predigtlesung vorangehen, hatte Jesus 72 Jünger losgeschickt, damit sie in seinem Namen die Ankunft des Reiches Gottes in der Person Jesu verkündigten. Und nun kommen die 72 wieder und berichten davon, wie die Mächte des Bösen zurückweichen mussten, wenn sie den Namen Jesu aussprachen und in seinem Namen sein Wort in Vollmacht verkündigten. Gegen den Namen Jesu kommen die bösen Mächte nicht an. Da müssen sie immer wieder weichen.

Und daran hat sich in den letzten 2000 Jahren auch nichts geändert. „Door sho, ey ruhe napak!“ – „Weiche, du unreiner Geist!“: So hören wir es hier bei jeder Taufe. Und wo im Namen Jesu den Mächten des Bösen befohlen wird, zu verschwinden, da müssen sie weichen, müssen hilflos dabei zusehen, wie ihnen Menschen entrissen werden, wie Menschen durch das Bad der Heiligen Taufe wiedergeboren und Eigentum Jesu Christi werden, ja, wie in der Taufe ihr Name im Himmel geschrieben wird. Das können sie nicht mehr rückgängig machen; das hat Bestand, wird auch und gerade dann noch Bestand haben, wenn er, der Teufel, und all seine Mächte einmal endgültig vernichtet sein werden.

Ja, immer wieder erleben wir es in unserer Mitte, was für eine Macht der Name Jesu hat, wie er sich stärker erweist als alle Kräfte, die Menschen von Jesus Christus wegziehen wollen. Und das ist auch ein Grund zu großer Freude, zweifellos. Und doch sollen wir aufpassen, wie der Teufel versucht, selbst diese Niederlagen, die er erleidet, noch zu seinen Gunsten zu nutzen. Er versucht, uns dazu zu verleiten, die Niederlagen, die der Teufel erleidet, als unsere eigenen Siege zu feiern, auf unsere Erfolge zu schauen, zu glauben, das läge dann vielleicht doch an uns, wenn Menschen aus dem Machtbereich der Finsternis in das helle Licht unseres Herrn Jesus Christus überwechseln.

Jesus sieht diese Gefahr sehr deutlich. Und darum holt er die Jünger, die so beglückt sind über ihre Erfolgserlebnisse, sehr schnell wieder runter auf den Teppich. Ja, es gibt immer wieder auch sichtbare Erfolge in der Arbeit der Kirche. Und das ist auch schön. Allerdings haben wir nicht die Verheißung von Christus, dass wir in unserer Missionsarbeit in der Gemeinde und in der Gesamtkirche nur von Erfolg zu Erfolg eilen, dass vor dem Namen Jesu auch das BAMF und die Verwaltungsgerichte stets klein beigeben müssen. So ist es eben nicht. Im Gegenteil mögen wir oft genug sogar den Eindruck haben, dass die Misserfolge in unserer Arbeit viel zahlreicher sind als unsere Erfolge. Doch ganz gleich, ob wir uns in unseren scheinbaren Erfolgen sonnen oder uns von Misserfolgen herunterziehen lassen – wir sollen überhaupt nicht auf das schauen, was wir in unserer Arbeit erreichen oder nicht erreichen. Nur eines ist wirklich wichtig: Dass unsere Namen im Himmel geschrieben sind. Freuen sollen und dürfen wir uns über das, was Gott an uns und für uns getan hat und tut und was in Ewigkeit feststeht, weil der Teufel da im Himmel endgültig nichts mehr verloren hat.

Ja, du hast allen Grund zur Freude: Ob du in deinem Asylverfahren eine positive oder eine negative Antwort bekommen hast: Freue dich, dass dein Name im Himmel geschrieben ist. Ob du deine Prüfungen bestanden hast oder nicht: Freue dich, dass dein Name im Himmel geschrieben ist. Ob du deine Zukunft hier in Deutschland eher rosarot oder tiefschwarz siehst: Freue dich, dass dein Name im Himmel geschrieben ist. Ob du gesund bist oder ob du merkst, dass deine Kräfte immer weniger werden: Freue dich, dass dein Name im Himmel geschrieben ist. Ja, es gibt etwas, was 100% feststeht, woran der Teufel nicht herankommt – und das ist dein reservierter Platz im Himmel. Gegen den kräftigen Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, der in der Taufe über dir genannt wurde, wird der Teufel in alle Ewigkeit nicht ankommen. Und darum freue dich, freue dich an diesem Michaelistag, an dem wir die Niederlage des Teufels feiern, freue dich über Christus, deinen Herrn, freue dich über deine Taufe, freue dich über die heiligen Engel Gottes, die dich auf deinem Lebensweg begleiten – bis du einmal dorthin kommen wirst, wo du mit eigenen Augen deinen Namen, deinen Taufnamen lesen wirst: Dort, bei dem großen himmlischen Festmahl, das doch jetzt schon anfängt, an dem du jetzt schon Platz nehmen darfst, so gewiss du getauft bist: Ja, komm und freu dich, dass dein Name auf der Gästeliste steht – ja, komm, denn es ist alles bereit! Amen.

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