St. Lukas 12, 13-21 | Tag des Erzengels St. Michael | Pfr. Dr. Martens
Im Internet gibt es eine Seite mit dem schönen Titel: „www.richtig-reich-werden.info“. Auf dieser Seite kann man sich ein kostenlosen E-Book herunterladen: „Die 3 Schritte, um nachhaltig reich zu werden.“ Natürlich schmunzeln wir jetzt hier in der Kirche darüber, wie man auf solch eine Seite, auf solche Versprechen hereinfallen kann. Aber wenn man mal den Selbsttest macht und sich diese Seite anschaut, dann stellt man schnell fest, wie dieses Thema unser Herz anzuziehen beginnt, wie ein Magnet ein Stück Eisen anzieht. Sobald wir uns näher mit dem Thema „Geld und Besitz“ befassen, mit Möglichkeiten, mehr zu verdienen, mehr zu haben, kreist unser Denken und unser Fühlen ganz schnell um dieses Thema, merken wir, dass es uns schwer fällt, von diesem Thema wieder ganz loszukommen.
Im Heiligen Evangelium des heutigen Tages ist von einem Menschen die Rede, der auch der Auffassung war, er habe es geschafft, er habe den Weg gefunden, um nachhaltig reich zu werden: Statt den Überschuss, den er bei seiner Getreideernte erzielt hatte, gleich weiterzuverkaufen und damit denen zu helfen, die in anderen Teilen des römischen Reiches dringend auf solche Verteilung von Getreide angewiesen waren, hat er eine bessere Idee: Er hortet den Überschuss, versucht damit seine Zukunft, seine Altersversorgung abzusichern. Klug ist der Mann, so möchte man meinen, einer, der auch heute in unserer Gesellschaft gut zurechtkäme. Doch dann mischt sich am Ende der Geschichte noch ein anderer ein, mit dem dieser Mann vorher überhaupt nicht gerechnet hatte: Gott selber. Und der lobt diesen Mann nicht für sein gutes Finanzmanagement, sondern fällt ein vernichtendes Urteil über ihn: „Du Idiot!“ Du glaubtest, nachhaltig reich zu sein, nachhaltig auf der Erfolgsspur zu sein – und hast dabei das Allerwichtigste übersehen, nein: den Allerwichtigsten: Den, der dich geschaffen hat und dich einmal zur Rechenschaft ziehen wird für dein Leben.
In der heutigen Predigt möchte ich euch, ausgehend von den Worten Jesu im Heiligen Evangelium dieses Sonntags, auch einen kurzen Ratgeber präsentieren: „Die 3 Schritte, um nachhaltig reich zu werden“. Ja, genau darum geht es Jesus, so macht er es uns am Ende des Evangeliums deutlich: Er möchte, dass ihr alle miteinander richtig reich werdet. Aber das geht eben ganz anders, als es uns die besagte Website im Internet verspricht.
Erster Schritt: Kreise nicht bloß um dich selbst! Das ist ja das erste Erschütternde in der Geschichte, die uns Jesus hier erzählt: Da hat ein Mann beruflich großen Erfolg, kann eine große Ernte einfahren, wird richtig reich. Aber als es nun darum geht, was er mit dem allen machen soll, hat er offenkundig niemanden, mit dem er reden kann. Er unterhält sich nur mit sich selber, mit seiner eigenen Seele. Was für ein armer Mensch ist er in Wirklichkeit, wenn er mit seinem ganzen Reichtum nur bei sich selber bleibt, gar nicht auf die Idee kommt, mal um sich zu blicken.
Nur mit sich selber redet dieser Mann. Er ist offenkundig nicht dazu in der Lage, zuerst und vor allem Gott für das zu danken, was er nun ernten durfte, was nun sein Besitz zu sein scheint. Und er ist ebenso wenig dazu in der Lage, darüber nachzudenken, was für eine Verantwortung er mit dem, was er nun hat, für andere hat, wie er ihnen mit dem, was er nun besitzt, helfen kann.
Reichtum kann unglaublich arm machen. Das gilt nicht nur für den Kornbauern damals; das gilt auch für uns. Nun haben die allermeisten von uns keine besonderen irdischen Reichtümer vorzuweisen. Aber alle miteinander stehen wir in der Gefahr, beim Nachdenken über Geld und Besitz immer wieder nur auf uns selber zu schauen. Wie oft danken wir eigentlich Gott am Tag für all das, was wir haben dürfen, ja, was er uns anvertraut hat? Oder verharren wir etwa auch so schnell im Selbstgespräch, kommen gar nicht mehr auf die Idee, alles, was wir haben, als Gabe und Geschenk Gottes zu würdigen und dies auch Gott gegenüber immer wieder ganz bewusst auszusprechen? Und wenn wir darüber nachdenken, was wir mit dem, was wir haben oder hoffentlich einmal haben werden, machen werden – wie oft geraten dabei andere Menschen, die unsere Hilfe und Unterstützung brauchen, in den Blick? Lassen wir uns von ihnen in unseren Selbstgesprächen stören? Wenn du wirklich reich werden willst, nachhaltig reich werden willst, sagt Jesus, dann übe es erst einmal wieder neu ein, Gott zu danken, angefangen schon beim Tischgebet vor dem Essen. Wenn du wirklich reich werden willst, dann nimm die Menschen um dich herum wahr, die deine Hilfe, die auch deine Unterstützung brauchen könnten. So sieht er aus, der erste Schritt, um nachhaltig reich zu werden.
Zweiter Schritt: Übe es konsequent ein, alles, was du hast und besitzt, immer nur als Leihgabe zu betrachten und zu behandeln!
Es ist merkwürdig, wie schnell wir immer wieder auf die Idee kommen zu meinen, alles, was wir hätten, sei eigentlich nur unser Besitz, und was wir mit ihm machten, ginge eigentlich keinen anderen an. Die Bibel hat ein ganz anderes Verständnis von Besitz, so macht es uns hier auch Jesus selber im Heiligen Evangelium deutlich: Alles, was wir haben, kommt von Gott und ist uns nur für eine bestimmte Zeit anvertraut. Jawohl, anvertraut, geliehen ist uns alles, was scheinbar unser Besitz ist, in Wirklichkeit. Und von daher ist es klar, dass wir uns im Umgang mit dem Geliehenen an das zu halten haben, was der Besitzer von uns erwartet.
In dieser vergangenen Woche ist ein Mitarbeiter der Nicolai-Gemeinde in Potsdam vor Gericht verurteilt worden. Er hatte über eine längere Zeit den größten Teil der Einnahmen, die die Gemeinde durch das Eintrittsgeld zur Besichtigung der Kuppel einnehmen wollte, einfach für sich behalten und ausgegeben. Die Empörung und Enttäuschung in der Gemeinde war groß, als das herauskam. Doch verhalten wir uns eigentlich anders? Gott hat uns all das, was wir haben und besitzen, eben nicht dazu anvertraut, dass wir es nur für unsere eigenen Zwecke benutzen, sondern dass wir es natürlich auch an andere weiterreichen. Was er von uns will, das haben wir eben in der alttestamentlichen Lesung dieses Tages sehr deutlich gehört: „Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus!“ Dazu hat uns Gott all das geliehen, was wir so schnell als unseren Besitz betrachten.
Wir feiern in diesem Jahr das Erntedankfest natürlich unter dem Eindruck der vielen Flüchtlinge, die in unser Land kommen. Gewiss sollen wir die Gefahren nicht kleinreden, die dort drohen, wo Menschen in großen Scharen den Islam als Gesellschaftsordnung auch hier in unserem Land einführen wollen. Und doch sollen wir zugleich auch immer auf uns selber schauen: Was für Ängste sind es in Wirklichkeit, die uns in der Diskussion um dieses Thema antreiben? Ist es vielleicht doch die Angst, dass diese Flüchtlinge an die Scheunen heranwollen, die wir uns gebaut haben, dass wir Angst haben um den Vorrat für viele Jahre, der uns doch scheinbar ein ruhiges, sicheres Leben versprach? Vergessen wir niemals: Wenn wir etwas haben und besitzen, ist dies nie unser Verdienst. Wir haben es nicht verdient, in einem wohlhabenden Land wie Deutschland leben zu können; wir haben es nicht verdient, seit 70 Jahren im Frieden leben zu können; wir haben es nicht verdient, dass vor 25 Jahren Deutschland ohne Blutvergießen wieder zu einem Land vereinigt werden konnte. Wir haben es nicht verdient, dass wir gesund genug waren in unserem Leben, um selber Geld verdienen zu können. Gott hat uns das alles geschenkt – und er hat uns eben auch für eine bestimmte, begrenzte Zeit unser Leben anvertraut: Er hat es gegeben, und er wird es uns irgendwann auch einmal wieder nehmen. Alles, wirklich alles ist Leihgabe Gottes für eine begrenzte Zeit. Ach, dass wir diese Sicht unseres Lebens doch täglich neu einüben mögen! Dann können wir auch viel gelassener an all die Herausforderungen herangehen, die in unserem Lande vor uns liegen, die auch in unserem persönlichen Leben auf uns zukommen. Es geht immer wieder darum, dass wir das, was uns anvertraut wurde, an die weiterreichen, für die Gott uns seine Gaben anvertraut hatte. Machen wir das ganz fröhlich – denn eben dadurch werden wir wirklich reich, so verspricht es uns Christus.
Und damit sind wir schon beim dritten entscheidenden Schritt, um nachhaltig reich zu werden: Bedenken wir stets das Ende unseres Lebens!
Es ist ja erstaunlich, wie viele Menschen es gibt, die überhaupt nicht auf die Idee kommen, sich mal mit dem Gedanken auseinanderzusetzen, dass sie morgen schon nicht mehr am Leben sein könnten. Der reiche Kornbauer hier in unserer Geschichte gehört ganz sicher zu diesen Menschen. Er plant schon gleich für viele Jahre, denkt überhaupt nicht daran, dass er für sein Leben, für sein Handeln vor Gott einmal wird Rechenschaft ablegen müssen. Und so endet sein Leben mit dem Urteil Gottes: Du Idiot, oder, etwas drastischer formuliert: Du armes Schwein! Du glaubtest, reich zu sein, und musst am Ende doch erkennen, dass du dein Leben verfehlt hast!
Ja, denke im Umgang mit allem, was du hast, immer daran: Du wirst nichts davon später mal ins Grab mitnehmen können, geschweige denn, dass du Gott mit dem, was du in deinem Leben an Geld, an Erfolgen vorweisen kannst, wirst beeindrucken können. Ja, das hilft dir, richtig reich zu werden. Denn richtig reich wirst du nicht dadurch, dass du ein dickes Konto auf der Bank hast, ein Haus, ein Auto, ein besonders gutes Smartphone. Richtig reich wirst du auch nicht dadurch, dass du einen deutschen Pass bekommst. Sondern richtig reich bist du nur, wenn du bei Gott reich bist. Und diesen Reichtum kannst du dir eben nicht verdienen. Dieser Reichtum wird dir immer wieder geschenkt, wenn Gott dir die ganze Schuld deines Lebens vergibt, ja, auch dein Versagen im Umgang mit Geld und Besitz. Reich bist du, reich wirst du, wenn Gottes Urteil über dein Leben das Wichtigste für dich ist, wenn du darauf ganz dein Leben ausrichtest.
Vor einiger Zeit erzählte mir ein Gemeindeglied, das im Iran sehr viel besessen hatte: Im Iran war ich scheinbar ein reicher Mann – aber wirklich reich bin ich erst jetzt, auch wenn ich hier jetzt im Asylbewerberheim sitze. Denn nun habe ich Jesus gefunden, und der macht mich wirklich reich. Gott geb’s, dass ihr alle miteinander so nachhaltig reich werdet und bleibt, dass ihr reich werdet und bleibt bei Gott! Dann ist es ganz gleich, wann Gott einmal euer irdisches Leben beenden wird. Ihr steht vor ihm als reiche Menschen, so reich, dass es für eine ganze Ewigkeit reicht. Mehr geht nicht, mehr braucht ihr nicht. Ja, genau das feiern wir heute am Erntedankfest. Amen.