St. Lukas 12, 8-12 | Mittwoch nach Exaudi | Pfr. Dr. Martens

Vor einigen Monaten konnte man im Internet ein bewegendes Bekenntnis nachlesen: „Ich bin bekennender Wurstesser“, so erklärte der Zwei-Sterne-Koch Peter Hagen in einem Interview. Was für ein Bekenntnis – in der Tat angefeindet von Erklärungen der Weltgesundheitsorganisation und so mancher Veganer-Vereinigung! Solche Bekenntnisse sind nicht nur im Internet „in“. Der frühere sächsische Landesbischof Jochen Bohl ließ sich vor einigen Monaten als „bekennender Wanderfreund“ outen, wobei ich mich frage, wieviel Überwindung ihn dieses Bekenntnis wohl gekostet hat. Und wenn man dann im Netz ein wenig weitersucht, findet man noch ganz andere Bekenner, etwa bekennende BMW-Fahrer. Dieses Bekenntnis lässt sich aus naheliegenden Gründen tatsächlich ja auch nur schwer verbergen.

Ums Bekennen geht es auch in der Predigtlesung dieses heutigen Abends. Doch dieses Bekenntnis, von dem Christus hier spricht, hat mit den Bekenntnissen im Internet zu Wurst, BMW oder regelmäßigem Saunagang nichts zu tun. Das Bekenntnis von dem Christus hier spricht, ist kein Bekenntnis zu irgendwelchen persönlichen Vorlieben, die man pflegt und die einen in der Öffentlichkeit mehr oder weniger interessant erscheinen lassen. Sondern dieses Bekenntnis hat ein Gegenüber, hat einen konkreten Inhalt: Es ist ein Bekenntnis zu Jesus Christus, ein Bekenntnis, das erklärt: Ich gehöre zu diesem Jesus Christus, ich bin mit ihm verbunden. Und es ist damit zugleich ein Bekenntnis, das tatsächlich ganz massive Widerstände und Proteste hervorruft, ja, das einen mitunter sogar das Leben kosten kann.

Das Bekenntnis der Christen hat einen klaren Inhalt: Es bezieht sich auf Jesus Christus, den Herrn der Welt, den Herrn auch unseres Lebens. Wenn ich die Prüfungen für unsere Taufbewerber halte, dann ist das immer eine ganz entscheidende Frage, dass die Taufbewerber davon erzählen können, was das Zentrum des christlichen Glaubens ist, und dass sie davon so erzählen können, dass deutlich wird: Jawohl, dieses Zentrum hat mit ihnen, mit ihrem eigenen Leben zu tun. Und was für eine Freude ist es für mich, immer wieder erleben zu können, dass unsere Taufbewerber darüber tatsächlich Bescheid wissen und sehr persönlich davon Rechenschaft ablegen können. Ich frage mich manchmal, wie viele unserer deutsch- und russischsprachigen Gemeindeglieder so klar und eindeutig ihren Glauben bekennen können, wie dies unsere neuen Gemeindeglieder alle miteinander tun, bevor sie getauft werden können.

Ja, das Bekenntnis der Christen hat einen klaren Inhalt. Es geht im christlichen Glauben nicht bloß um irgendwelche persönlichen Gefühle, die man hat, auch nicht um persönliche Meinungen, die man vertritt. Wenn Peter Hagen ein bekennender Wurstesser ist oder Jochen Bohl ein bekennender Wanderfreund, dann bleibt das ihr Privatvergnügen. Doch das Bekenntnis zu Jesus Christus erhebt tatsächlich den Anspruch, universale Gültigkeit zu haben, ja, es wird von keinem Geringeren als Christus selber mit dem ewigen Geschick von uns Menschen verbunden. Bist du selber dazu in der Lage, dich zu Jesus Christus zu bekennen? Nein, ich meine jetzt gar nicht so sehr, ob du dazu in der Lage bist, an diesem Bekenntnis auch dann noch festzuhalten, wenn dir eine Gruppe von Mitbewohnern im Asylbewerberheim mit einem Messer in der Hand gegenübersteht und dich fragt, ob du Christ bist. Es geht darum, ob du überhaupt über deinen christlichen Glauben sprechen kannst, formulieren kannst, was denn Kern und Zentrum deines Glaubens ist? Ja, nutze die Angebote, die wir hier in der Gemeinde machen, nutze gerade auch die Bibelstunden, um in deinem Glauben immer mehr sprachfähig zu werden, um tatsächlich auch vor anderen ein solches Bekenntnis aussprechen zu können! Nutze die Angebote, um deinen Glauben auch weiter zu vertiefen, dass dein Glaube nicht verflacht, nicht bloß zu einem religiösen Wellness-Angebot wird, sondern immer klarer und eindeutiger auf Jesus Christus bezogen bleibt!

Ja, zum Bekenntnis sind wir herausgefordert, zum ganz konkreten Bekenntnis zu Jesus Christus, nicht bloß zum Bekenntnis, dass es bei uns in der Gemeinde ja ganz nett ist und das Essen am Sonntag auch ziemlich lecker. Zum Bekenntnis sind wir herausgefordert, nicht bloß zum Bekenntnis, dass wir an Gott glauben, dass wir Gottes Existenz nicht bestreiten. Das wäre viel zu wenig. Es geht in der Tat um Jesus Christus, den Herrn, der für uns gekreuzigt und auferstanden ist. Wo dieses Bekenntnis aufgeweicht wird, wo dies nicht mehr im Zentrum aller kirchlichen Arbeit, aller kirchlichen Verkündigung steht, da hört eine Kirche auf, Kirche Jesu Christi zu sein, da müssen sich diejenigen, die für solche Aufweichung des Bekenntnisses verantwortlich sind, dann auch einmal eben dafür vor dem Richterstuhl Christi verantworten, wenn sie Menschen eben gerade nicht der Begegnung mit dem lebendigen Christus entgegengeführt und sie darauf vorbereitet haben, sondern dieses Bekenntnis vielleicht gar bis zur Unkenntlichkeit aufgelöst haben.

Was trägt dich so sehr, dass du dazu bereit bist, für dieses Bekenntnis deine Gesundheit, deine Freiheit, deine Heimat, vielleicht gar dein Leben preiszugeben? Kein Hobby, keine persönliche Meinung vermag dich so zu tragen – das vermag einzig und allein Christus selber und das, was er für dich getan hat.

Und wenn dir das klar und bewusst ist, was dich in deinem Leben wirklich trägt – nein: wer dich in deinem Leben wirklich trägt, wirst du dann auch davon sprechen können, wirst auf deine ganz eigene Weise dann auch davon Zeugnis ablegen. Vielleicht musst du noch nicht einmal ein Wort sagen. Es reicht schon, dass du dein Taufkreuz trägst und nicht verschämt ablegst, wenn du in dein Heim kommst. Es reicht schon, dass du dich am Sonntagmorgen auf den Weg zur Kirche begibst und dich damit vor den anderen Bewohnern des Heims, aber ebenso ja auch in der Nachbarschaft deiner Wohnung outest. Ja, das ist ein Bekenntnis  zu Jesus Christus, deinem Herrn, ein Bekenntnis dazu, dass du ohne ihn nicht leben kannst und willst. Und dieses Bekenntnis hat eine wunderbare Verheißung: Christus selber verspricht dir, für dich im Himmel einzutreten, wenn du dich zu ihm hier auf Erden vor den Menschen bekennst. Das Tragen des Taufkreuzes, der Kirchgang, ja, auch das gemeinsame Bekenntnis hier im Gottesdienst, sie tragen in sich dieses Versprechen: Christus bekennt auch dich vor Gott, tritt für dich ein, damit du für immer in seiner Gemeinschaft leben darfst.

Nun lassen sich all diese Sätze schön hier von der Kanzel sagen, und sie werden sicher auch bei euch auf Zustimmung stoßen. Doch ganz anders sieht die Lage dann schon aus, wenn wir in unserem Alltag zum Bekenntnis herausgefordert werden, wenn Menschen von uns wissen wollen, zu wem wir denn gehören. Da ist die Angst, da ist die Scham oftmals schnell so groß, dass uns das wunderbare Versprechen von Christus ganz schnell aus dem Blick gerät.

Christus wusste schon damals von dieser Versuchung. Er spricht ganz offen an, dass es in unserem Leben solche Situationen gibt, in denen wir Christus gerade nicht als unseren Herrn bekennen, sondern uns so verhalten, ja vielleicht auch so sprechen, als ob wir gar nicht zu Jesus Christus gehören. Wie tröstlich ist es, dass Christus hier gleich fortfährt: Wenn Menschen auf diese Weise etwas gegen ihn sagen, sich von ihm äußerlich und vielleicht auch innerlich distanzieren, dann haben sie trotzdem immer noch die Chance zur Umkehr, zur Rückkehr zu ihm, gilt auch und gerade für sie die Einladung, Gottes Vergebung zu empfangen.

Wir retten uns nicht selber durch unseren Glaubensmut, durch unsere Glaubensstärke. Sondern wir werden einzig und allein durch das gerettet, was Jesus Christus, unser Herr, für uns am Kreuz erlitten und getan hat. Nur vor einem warnt Christus hier ganz eindringlich: Wenn wir uns dem Ruf des Heiligen Geistes zum Empfang der Vergebung Gottes nachhaltig entziehen, davon auf die Dauer nichts mehr wissen wollen, dann ziehen wir uns gleichsam selber die Grundlage für den Empfang von Gottes Vergebung, die Grundlage unserer Rettung unter den Füßen weg. Ja, wir Christen sind oftmals leider nicht die ganz großen Bekenner – auch wenn ich den Glaubensmut so vieler unserer Geschwister hier in der Gemeinde immer wieder mit großer Bewegung wahrnehme. Wir werden immer wieder schuldig, uns nicht so zu Christus bekannt zu haben, wie der das von uns hätte erwarten können. Hauptsache, wir kehren danach wieder zu ihm zurück, lassen uns nicht vom Versagen aus Angst und Scham insgesamt in eine Gleichgültigkeit gegenüber Christus, seiner Einladung, seiner Vergebung treiben.

Christus will dir vergeben – auch und gerade, wenn du ihn mit deiner Angst und Feigheit enttäuscht hast, möchte nichts lieber, als dass du von dieser Vergebung tatsächlich auch immer wieder Gebrauch machst.

Und noch ein wunderbares Versprechen macht Christus uns, macht er gerade euch, liebe bedrängte Christen, die ihr immer noch im Asylverfahren seid: Wenn ihr euch einmal dafür werdet verantworten müssen, warum ihr Christen geworden seid, auch in den Anhörungen, auch vor Gericht, dann dürft ihr wissen: Ihr seid in solchen Situationen nicht allein. Gott der Heilige Geist ist gerade auch in solchen Anhörungen, in solchen Gerichtsverhandlungen, aber eben auch dort, wo ihr vor einer Gruppe für euren Glauben geradestehen sollt und müsst, immer bei euch dabei, hilft euch dann auch, die rechten Worte zu finden. Immer wieder haben Menschen aus unserer Gemeinde eben diese Erfahrung gemacht, wie Gottes Heiliger Geist ihnen in solchen Situationen weitergeholfen hat, in denen sie selber schon gar nicht mehr weiter wussten. Ach, wie oft denken wir in unserem Leben, dass wir die Macher sind, dass alles an uns hängt, dass alles, was wir sagen, von uns kommt! Ach, wir ahnen so wenig, wie sehr der Heilige Geist in unserem Leben seine Finger mit im Spiel hat, wie sehr er uns auch immer wieder in unserem Leben leitet! Und es ist auch sicher ganz gut, dass wir davon so wenig ahnen. Hauptsache, wir vertrauen der Zusage unseres Herrn: „Sorgt nicht!“

Schwestern und Brüder: Wir wissen nicht, welche Herausforderungen des Glaubens auf uns persönlich und auch auf unsere Gemeinde noch zukommen werden. Doch wir kennen den, in dessen Gemeinschaft wir leben und bleiben wollen. Bitten wir darum immer wieder um den Heiligen Geist, dass er uns helfen möge, uns fröhlich zu Christus, unserem Herrn, zu bekennen, ganz gleich, in welche Situationen wir auch hier in unserem Lande noch geraten werden. Bitten wir den Heiligen Geist um die Kraft, dazu zu stehen, dass wir bekennende Christen sind!  Die Engel Gottes werden sich dabei mitfreuen. Amen.

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