St. Lukas 14,25-33 | Vorabend zum 5. Sonntag nach Trinitatis | Pfr. Dr. Martens

Zu den modernen Möglichkeiten der Kommunikation im Internet gehört auch der Kurznachrichtendienst Twitter. Auf Twitter kann man Kurznachrichten mit bis zu 280 Zeichen versenden, die dann von allen Followern gelesen werden. Ja, das Wichtigste bei Twitter sind die Follower, also diejenigen, denen diese Nachrichten angezeigt werden. Ich kann ja noch so gute Nachrichten verfassen – wenn ich keine Follower habe, bekommt das niemand mit, was ich da an Großartigem geschrieben habe. Darum ist ein Twitter-Nutzer darauf bedacht, möglichst viele Follower zu sammeln. Der bekannteste Twitter-Nutzer ist Donald Trump. Der hat etwa 62 Millionen Follower, die seine Nachrichten, die seine Tweets lesen. Dennoch hat sich Donald Trump neulich darüber beschwert, dass Twitter seine Follower-Zahlen drücken würde, dass er in Wirklichkeit noch viel mehr Follower habe. Aber auch wenn man nur 62 Millionen Follower hat, kann man damit schon eine ganze Menge erreichen, kann mit einem Tweet Aktienmärkte durcheinanderbringen oder Regierungen erschrecken lassen. Und wenn man nicht genügend Follower hat, dann kann man im Internet 1000 Follower für 4,99 Euro kaufen, um wichtiger zu erscheinen, dann kann man mit allen möglichen Tricks dafür sorgen, dass die Zahl der eigenen Follower deutlich anwächst.

Um Follower geht es auch in der Predigtlesung dieses Abends. Auch Jesus hatte damals sehr viele Follower, so schildert es uns St. Lukas hier. Es waren vermutlich nicht gleich 62 Millionen; an Donald Trump kam Jesus in dieser Hinsicht nicht heran. Aber es war doch eine große Menge, die Jesus folgte, so betont es St. Lukas gleich zu Beginn. Doch dann macht Jesus etwas, was jedem Twitterer die Haare zu Berge stehen lassen würde: Statt dass er Maßnahmen ergreift, die Zahl seiner Follower weiter zu erhöhen, hält er eine Rede, die ihn jede Menge Follower gekostet haben dürfte. Jesus geht es nicht darum, sich selbst dadurch groß erscheinen zu lassen, dass er möglichst viele Leute hat, die hinter ihm herlaufen, sondern er macht im Gegenteil denen, die ihm folgen, deutlich, was es heißt, bei Jesus ein Follower zu sein.

Wenn man auf Twitter ein Follower ist, dann bedeutet das nicht viel. Es bedeutet noch nicht einmal, dass man unbedingt die Meinungen dessen teilt, den man da als Follower abonniert hat. Ich denke, dass viele der 62 Millionen Follower von Donald Trump nicht unbedingt Trump-Fans sind, sondern einfach nur auf dem Laufenden bleiben wollen über das, was der Präsident da jeden Tag so raushaut. Eine nähere persönliche Beziehung zu dem, dem man da folgt, muss man bei Twitter wahrlich nicht entwickeln.

Und das ist bei Jesus eben ganz anders: Wenn man bei Jesus Follower wird, dann kann man nicht einfach nur unverbindlich zur Kenntnis nehmen, was er so sagt, dann reicht es nicht, von Zeit zu Zeit mal einen Blick auf sein Handy zu werfen und sich dabei an ihn zu erinnern. Sondern Follower von Jesus zu sein, bedeutet tatsächlich: Mit Jesus in einer Lebensgemeinschaft zu sein, ja, öffentlich dafür bekannt zu sein, dass man zu diesem Jesus Christus gehört. Und das kann ganz massive Konsequenzen haben, so wissen es auch viele Glieder unserer Gemeinde: Wenn es bekannt wird, dass du ein Follower von Jesus bist, dann kann es passieren, dass deine Familie nichts mehr mit dir zu tun haben will, dass sie vielleicht gar versucht, dich zu töten. Wenn es bekannt wird, dass du ein Follower von Jesus bist, dann kann es passieren, dass du bedroht wirst, dass du verhaftet wirst, dass du zusammengeschlagen wirst – nicht nur im Iran oder in Afghanistan, sondern auch hier in Deutschland. Wenn es bekannt wird, dass du ein Follower von Jesus bist, musst du damit rechnen, dass du deine Chancen im Asylverfahren verlierst, dass du von den Vertretern des deutschen Staates für deinen Glauben verhöhnt und verspottet wirst. Und diejenigen unter uns, die das Privileg besitzen, wegen ihrer Zugehörigkeit zu Jesus keinen Nachteilen ausgesetzt zu sein, die können von unseren Brüdern und Schwestern lernen, was für ein Ernst dahintersteckt, wenn wir als Follower unseres Herrn Jesus Christus leben.

Bevor Menschen in unserer Gemeinde getauft werden, müssen sie eine längere Zeit der Vorbereitung durchlaufen. Und in dieser Zeit sollen sie sich darüber klarwerden, ob sie wirklich getauft werden wollen, ob sie wirklich Follower von Jesus werden wollen, genau wie der Mann, von dem Jesus hier spricht, der sich hinsetzt und die Kosten überschlägt: Ja, ein jeder, der getauft wird, soll die Kosten kennen: Die Taufe kann ihn seine Familie, seine Ehre, seinen Besitz kosten, ja, seine Zukunft hier in Deutschland. Menschlich gesprochen ist die Taufe zumeist ein ziemliches Verlustgeschäft. Man muss also gute Gründe dafür haben, warum man sich taufen lässt, man muss wissen, was all diese Nachteile eigentlich aufwiegt. Und erst wenn das jemand erkannt hat, ist er bereit zur Taufe. Erst wenn jemand erkannt hat: Das Leben, das ich von Christus bekomme, seine Vergebung – all das ist unendlich mehr wert als all das, was ich durch meine Taufe verliere. Erst wenn jemand das erkannt hat, hat er verstanden, worum es im christlichen Glauben geht: Nicht um einen kurzfristigen Vorteil, sondern um das ewige Leben. Ja, überlegen soll sich ein jeder, ob er bereit ist, als getaufter Christ in einen Kampf zu ziehen gegen Mächte, die, menschlich gesprochen, viel stärker sind als er selber. Wer glaubt, diesen Kampf selber bestehen zu können mit eigenen Kräften, mit dem eigenen guten Willen, der hat keine Ahnung, der kann am Ende nur verlieren. Nur in der Gemeinschaft mit Jesus Christus kann jemand diesen Kampf gewinnen. Und zu Jesus Christus kann ich eben nicht nur halb gehören, sondern nur ganz oder gar nicht.

Und darum gehört zu jeder Taufe unserer neuen Gemeindeglieder das „Bale, man rad mikonam“. Ja, ich sage mich los. Ich sage mich los von allem, was mich daran hindern könnte, mit meinem ganzen Leben ein Follower von Jesus zu sein. Und das kann dann sogar die Familie sein. Wenn Jesus hier davon spricht, dass man nur ein Jünger Jesu sein kann, wenn man seine Familie hasst, dann muss man wissen, dass das hebräische oder aramäische Wort, das hier gebraucht wird, heißt: „an zweite Stelle setzen“. Es geht darum, dass immer klar ist, wer im Leben die Nummer eins und wer die Nummer zwei ist. Und wenn Jesus nicht die Nummer eins ist, habe ich in dem Kampf, in den ich als Christ gestellt bin, keine Chance.

Lohnt es sich, ein Follower Jesu zu sein? Nach menschlichen Maßstäben gewiss nicht. Doch wer erkannt hat, wer Jesus ist, was er für uns getan hat, wer erkannt hat, dass Jesus uns auch durch Leiden und Tod hindurch ins ewige Leben führt, der weiß: Es kann gar nichts Besseres geben, als Follower Jesu zu sein. Ja, dafür lohnt es sich in der Tat, alles andere im Leben aufzugeben.

Follower bei Twitter wird man mit dem Finger, mit dem man Nachrichten anklickt. Follower Jesu bleibt man dadurch, dass man seinen Mund öffnet, um den Leib und das Blut des Herrn zu empfangen. Nicht bloß ein kurzer Klick, sondern ewige Gemeinschaft mit dem lebendigen Herrn. Wenn man das bedenkt, ist es völlig klar: Es lohnt sich, Jünger Jesu zu sein! Amen.

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