St. Lukas 21,28 | Vorabend zum zweiten Sonntag im Advent | Pfr. Dr. Martens

„Kopf hoch, wird schon wieder!“ – Diesen Spruch mag ich, ehrlich gesagt, nicht besonders. „Kopf hoch, wird schon wieder!“ – Das sagt sich so leicht dahin, wenn man mit einem Menschen zu tun hat, der seinen Kopf gerade hängen lässt, der enttäuscht, traurig, verzweifelt ist. „Kopf hoch, wird schon wieder!“ – Ach, wenn das doch nur so einfach wäre! Gewiss, das gibt es natürlich, dass Menschen gerade eine enttäuschende Erfahrung gemacht haben und nun denken, dass die Welt gerade untergeht – das gibt es natürlich, dass Außenstehende erkennen, dass die Geschichte in Wirklichkeit doch gar nicht so schlimm ist, dass sich das alles doch schon bald zum Guten wenden wird. Ja, das gibt es in der Tat, dass Dinge auch wieder werden, von denen man im Augenblick meint, das würde nie mehr was werden. Aber das ist eben keine eingebaute Gesetzmäßigkeit in dieser Welt, dass alles am Ende wieder gut wird, dass sich alles wieder einpendelt, dass es da verborgene Reparaturmechanismen in dieser Welt gibt, die dafür sorgen, dass alles wieder so wird, wie es zu sein hat.

„Kopf hoch, wird schon wieder!“ – Das kann ich nicht einfach einem Menschen sagen, der gerade seinen Abschiebebescheid in ein anderes Land erhalten hat, das schon zuvor entschieden hatte, diesen Menschen in seine Heimat in den Tod zu schicken. „Kopf hoch!“ – Das klingt dann in der Tat nur noch zynisch, wenn ein Mensch in ein Land zurückkehren soll, das ihn an eben jenem Kopf aufhängen möchte. „Kopf hoch, wird schon wieder!“ – Das kann ich nicht so einfach einem Menschen sagen, dem gerade ein Richter bescheinigt hat, dass er in Wirklichkeit gar kein ernsthafter Christ ist, dass es für ihn keinen Grund gibt, warum er sich noch länger hier in Deutschland aufhalten sollte. „Kopf hoch, wird schon wieder!“ – Das kann ich nicht einem Menschen sagen, der gerade erfahren hat, dass er an Krebs erkrankt ist, geschweige denn einem Menschen, der schwerkrank im Bett liegt und genau weiß, dass es mit ihm zu Ende geht. Nein, es wird nicht einfach alles wieder.

„Kopf hoch!“ – das ruft uns auch Christus in dem Wochenspruch dieser Woche des Zweiten Sonntags im Advent zu. Doch er begründet diese Aufforderung, unseren Kopf zu erheben, gerade nicht damit, dass alles schon wieder wird, ganz im Gegenteil: Sehr deutlich und unverblümt redet er im Heiligen Evangelium dieses zweiten Sonntags im Advent davon, dass die Menschen vor Angst und Furcht auf dieser Welt vergehen werden. Sehr deutlich redet er davon, dass es in dieser Welt nicht so etwas wie eine innere Waage gibt, die am Ende alles wieder ausgleichen und zum Guten wenden wird. Im Gegenteil: Die Kräfte der Himmel werden ins Wanken geraten, kündigt Christus an.

Wir sollen uns von daher nicht wundern, wenn wir so viele Nachrichten aus aller Welt hören, die uns erschrecken und schmerzen. Und wir sollten uns auch nicht darüber wundern, dass das Leben für uns Christen in dieser Welt allmählich immer schwieriger wird. Christus hat es so angekündigt. Und trotzdem ruft uns Christus zu: „Kopf hoch!“ „Erhebt eure Häupter!“ – nicht, weil alles schon wieder wird, sondern weil ich, Christus, wiederkomme und weil mit mir eure Erlösung, eure Rettung kommt.

Nein, wir vertrauen nicht darauf, dass alles in dieser Welt gut wird. Wir vertrauen darauf, dass Christus seine Zusage an uns wahrmachen wird, dass wir von daher allen Grund haben, uns aufzurichten und fröhlich und getrost noch vorne zu schauen.

Genauso haben wir es eben auch bei den Taufen erlebt: Unsere Täuflinge haben sich über den Taufstein gebeugt, um die Taufe zu empfangen. Aber als sie dann durch das Wasser der Taufe zum neuen Leben mit Christus wiedergeboren waren, da haben sie sich aufgerichtet, hatten und haben nun allen Grund, mit erhobenem Haupt durchs Leben zu gehen, weil auch sie nun ihrer endgültigen Erlösung entgegenblicken dürfen.

Ja, Kopf hoch – das ist unsere Haltung als Christen, Kopf hoch im Ausblick auf unsere Rettung, die nicht wir in der Hand haben, sondern die auf uns zukommt. Kopf hoch – ja genau darum geht es jetzt in der Adventszeit, dass wir diese Haltung einüben: nicht länger bedrückt nach unten zu schauen angesichts all dessen, was wir erleben, sondern Christus zu erwarten, der in der Tat dann einmal eine Welt schaffen wird, in der nicht bloß alles schon irgendwie wieder wird, sondern in der alles nur noch neu und nur noch gut sein wird, eine Welt, in der Gott einmal alle Tränen von unseren Augen abwischen wird. Darum Kopf hoch – denn genau so wird es einmal werden! Amen.

Zurück