St. Matthäus 10,26b-33 | Gedenktag des Augsburger Bekenntnisses | Pfr. Dr. Martens

Sie waren gerade mit dem Bus unterwegs zu einem Gottesdienst in einem Kloster in der ägyptischen Wüste, als der Bus mit einem Mal von einer Gruppe bewaffneter Männer angehalten wurde. Die Businsassen wurden der Reihe nach aus dem Bus geholt und gefragt, ob sie vom christlichen Glauben zum Islam übertreten wollten. Jeder, der gefragt wurde, sagte Nein – und jeder, der Nein antwortete, wurde daraufhin sofort erschossen. Ja, das Bekenntnis zu Jesus Christus kann dich das Leben kosten, nicht nur in Ägypten, sondern in vielen Ländern dieser Welt, nicht irgendwann in grauer, dunkler Vorzeit, sondern jetzt im Jahr 2019.

Nun mag diese Geschichte für uns immer noch reichlich exotisch klingen, immer noch sehr, sehr weit weg von uns, von unserem Alltag. Doch in Wirklichkeit rückt uns dieses Thema längst viel näher auf die Pelle, als dies uns lieb ist. Da hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entschieden, dass dem Asylbewerber trotz seiner Taufe und trotz seines Bekenntnisses zu Jesus Christus eine Verleugnung seines christlichen Glaubens und eine Rückkehr zum Islam zuzumuten sei. Bald darauf erschien die Polizei im Morgengrauen und nahm den Christen mit. Er wurde ins Flugzeug gesteckt und nach Teheran geflogen. Kaum hatte er das Flugzeug verlassen, wurde er zu einer Befragung abgeführt. Und die wichtigste Frage war dabei die: Sind Sie zum christlichen Glauben konvertiert? Sind Sie jetzt ein Christ? Was sollte der neugetaufte Christ antworten? Sollte er seinen Glauben verleugnen, wie die deutschen Behörden dies von ihm erwarteten? Oder sollte er sich zu Christus bekennen, wie er dies auch bei seiner Taufe getan hatte? Er bekannte sich zu Christus, wurde verhaftet und erwartet jetzt seine Gerichtsverhandlung im Iran. Ja, er weiß, das kann ihn das Leben kosten.

Was ich hier gerade geschildert habe, dürfte bei den meisten Deutschen, ja auch bei den meisten Entscheidern des Bundesamtes und bei vielen Verwaltungsrichtern nur verständnisloses Kopfschütteln auslösen: Wieso sind diese Pilger in der ägyptischen Wüste, wieso ist diese Asylbewerber so blöd gewesen, sich zu Christus bekennen, obwohl man damit sein Leben riskiert? Die Pilger in Ägypten, der Asylbewerber am Teheraner Flughafen – sie hätten doch einfach so tun können, als ob sie Muslime sind. In ihr Herz kann doch keiner schauen, da können sie nach außen hin doch ihren Glauben verleugnen und damit ihr Leben retten! Muslimen ist das doch auch erlaubt, in der Not ihren Glauben zu verleugnen, die Taqiyya zu praktizieren. Dann können das Christen ja wohl auch – und außerdem: Wir glauben doch sowieso alle an denselben Gott, da ist es doch nun wirklich nicht wichtig, ob man christliche oder muslimische Folklore bei der Gottesverehrung betreibt!

Ja, das Verständnis für die Bedeutung dessen, was christliches Bekenntnis eigentlich heißt, ist mittlerweile in unserer Gesellschaft, gerade auch bei den Entscheidungsträgern des Staates, aber oft genug auch schon in den Kirchen selber fast vollkommen verlorengegangen. Wer allen Ernstes noch sein Leben für Christus riskiert, muss doch schon ein ziemlich verbohrter Fundamentalist sein – und bei solch einem ist es nun wirklich nicht schade, wenn der abgeschoben und getötet wird!

Im heutigen Gottesdienst feiern wir den Gedenktag des Augsburger Bekenntnisses. Am 25. Juni 1530 stellte sich beim Reichstag in Augsburg eine ganze Reihe von Fürsten vor den Kaiser; gemeinsam trugen sie die Zusammenfassung dessen vor, was sie als den Glauben der einen, heiligen, allumfassenden apostolischen Kirche erkannt hatten und was auch ihr eigener Glaube war. Heute, fast 500 Jahre später, gibt es viele Vertreter der Kirche, die dieses Bekenntnis nur noch als ein interessantes historisches Dokument ansehen, aus dem man vielleicht den einen oder anderen interessanten Satz herausnehmen kann, das man aber natürlich in unserer heutigen Zeit nicht mehr einfach so für sich übernehmen kann. Doch die Bekenner von Augsburg dachten damals nicht daran, nur ein theologisch oder historisch interessantes Dokument dem Kaiser zu überreichen. Sondern als sie dieses Bekenntnis vortrugen, hielten sie ihre Hälse nach vorne gestreckt und zeigten damit: Für dieses Bekenntnis kannst du, lieber Kaiser, uns den Kopf abschlagen. Nie und nimmer werden wir davon weichen. Hier geht es für uns um nicht weniger als um unsere ewige Seligkeit, um unser ewiges Leben bei Gott.

Genau um dieses Bekenntnis geht es auch im heiligen Evangelium dieses Gedenktags. Christus macht darin zunächst einmal deutlich: Inhalt des Bekenntnisses ist allein er, Christus, nichts und niemand sonst. Christus sagt nicht: Ich erwarte von euch, dass ihr zu euren Überzeugungen steht, ganz gleich, wie die auch aussehen mögen. Er sagt nicht: Hauptsache, ihr bleibt euch selber treu! Sondern er redet ganz konkret von dem Bekenntnis zu ihm, dem Sohn Gottes, zu dem wir gerufen sind, auch und gerade dann, wenn uns dieses Bekenntnis das Leben kosten kann. Wenn ich nach meiner Zugehörigkeit zu Christus gefragt werde, dann gibt es kein Drumherumgerede, dann zählt keine diplomatisch wohlformulierte Stellungnahme, die alle Wege offenlässt, dann erwartet Christus von uns in der Tat, dass wir es klar aussprechen: Ja, ich gehöre zu Christus, Jesus Christus ist mein Herr.

Christus weiß, was er damit denen, die zu ihm gehören, zumutet: Er nimmt kein Blatt vor den Mund, spricht von denen, die den Leib töten können. Das gibt es nicht erst im Jahr 2019, das hat es zu allen Zeiten der Kirchengeschichte gegeben, dass Menschen wegen ihres Bekenntnisses zu Jesus Christus getötet wurden, auch wenn die Zahl der verfolgten Christen nun im 21. Jahrhundert auf einen absoluten Höchststand angestiegen ist. Doch Christus stellt dieses Bekenntnis in den Horizont des letzten Gerichts Gottes: Wer oder was rettet mich in diesem letzten Gericht Gottes, wenn Gott mich einmal nach meinem Leben fragen wird? Da rettet mich eben nicht mein anständiges Leben, da rettet mich nicht meine Religiosität oder dass ich irgendwie an Gott geglaubt habe, da rettet mich auch nicht mein Einsatz für den Klimaschutz. Da rettet mich einzig und allein das Bekenntnis Jesu Christi zu mir, das Bekenntnis, dass ich zu ihm gehöre, dass er mein Beistand und mein Retter ist. Und da wäre es geradezu Wahnsinn, wenn ich mich von meinem einzigen Retter, von meinem einzigen Beistand lossagen würde, wenn ich dem einzigen Rechtsanwalt gleichsam kündigen würde, der dafür sorgen kann und sorgen wird, dass ich in Gottes letztem Gericht freigesprochen werde. Geradezu Wahnsinn wäre es, wenn ich mich von dem lossagen würde, der mich mit sich in der Taufe verbunden hat, der in mir im Heiligen Mahl immer und immer wieder Wohnung genommen hat. Damit würde ich wirklich alles aufgeben, was mich in diesem Leben hält und trägt – und mich ins ewige Leben rettet.

Darum kann ich als Christ meinen Herrn Jesus Christus nicht verleugnen, weil ich damit meine Zukunft verleugnen würde, weil ich damit preisgeben würde, was mein Leben ausmacht. Und wenn ich mich zu Jesus Christus bekenne, dann darf ich jedes Mal daran denken: Er, Christus, wird sich auch zu mir bekennen, wird für mich einstehen, wird mir den ewigen javab mozbat, die ewige positive Antwort am Ziel meines Lebens geben.

Und wenn mir dann doch die Knie weich werden, wenn ich mich zu Christus bekennen soll? Wenn ich ahne, was ich alles in dieser Welt durch mein Bekenntnis zu Christus verliere? Christus tröstet uns: Bei euch sind sogar die Haare auf dem Haupt alle gezählt. Gott hält euer ganzes Leben in seiner Hand, er weiß genau, wie es euch geht, er hat seinen Plan für euer Leben. Ja, er mag uns manches Schwere im Leben zumuten – aber fallen lassen wird er uns nie. Wir sind doch kostbar in seinen Augen, und jeder Angriff auf die, die zu ihm gehören, jeder Abschiebebescheid, den deutsche Behörden für einen treuen Christen ausstellen, jeder körperliche Angriff auf Christen im Asylbewerberheim, jeder Mord und jedes Todesurteil gegen einen Christen wiegen für ihn schwer. Ja, die, die dafür verantwortlich sind, werden eben dafür auch einmal zur Rechenschaft gezogen werden: „Es ist nichts verborgen, was nicht offenbar wird, und nichts geheim, was man nicht wissen wird.“ So tröstet uns Christus, unser Herr. Das Unrecht, das jetzt so vielen Christen auch in unserem Land widerfährt, wird einmal öffentlich zur Sprache kommen. Christus wird sich einmal hinter die stellen, denen deutsche Behörden hier auf Erden die Ernsthaftigkeit ihres Glaubens abgesprochen haben.

Wir wissen nicht, was uns als Christen hier in Deutschland in der Zukunft noch erwarten wird. Die Aggressivität gegenüber dem christlichen Glauben, die wir jetzt schon in vielen staatlichen Behörden erleben, mag schon ein deutlicher Vorbote dessen sein, was nicht nur Asylbewerbern, sondern auch einheimischen Deutschen in der Zukunft bevorstehen mag, wenn sie sich nicht davon abbringen lassen, sich zu Christus als ihrem einzigen Herrn und Retter bekennen. Lassen wir uns davon nicht bange machen! Die wichtigste Vorbereitung auf diese Zeit, die uns bevorstehen mag, besteht darin, dass wir uns immer fester in unser Herz prägen lassen, was Christus für uns getan hat und was er uns schenkt. Und um nichts anderes geht es eben auch im Augsburger Bekenntnis, dessen wir heute gedenken. Es leitet uns immer wieder neu dazu an, auf Christus und seine Gaben zu blicken. Dann sind wir bereit für die entscheidenden Stunden unseres Lebens. Ja, dann ist unser Leben schon jetzt geprägt von der Vorfreude auf den Augenblick, an dem Christus einmal sein großes und entscheidendes Ja zu uns sprechen wird – dasselbe Ja, das er doch auch schon in unserer Taufe zu uns gesprochen hat: Ja, dieser Mensch gehört zu mir! Darauf allein kommt es an. Amen.

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