St. Matthäus 13,44-46 | Vorabend zum 9. Sonntag nach Trinitatis | Pfr. Dr. Martens

Wie legt man sein Geld am besten an in Zeiten wirtschaftlicher Krisen, in Zeiten von Handelskonflikten und extrem niedrigen Zinsen? In dieser Woche haben wir gehört, dass Versicherungsgesellschaften anfangen, ihren Besitz in riesigen Tresoren zu bunkern, statt ihn noch irgendwelchen Banken anzuvertrauen, weil die Negativzinsen bei den Banken sie mehr Geld kosten als die Anschaffung und Anmietung von großen Tresoren. Und was macht Otto Normalverbraucher, wenn er tatsächlich die Möglichkeit hat, etwas von dem, was er verdient, zurückzulegen? Die Anlageberater raten: Streuen Sie Ihren Besitz, setzen Sie nicht alles auf eine Karte! Dann halten sich Ihre Verluste in Grenzen, und wenn alles gut läuft, haben Sie immer ein paar Anlageformen, die Ihnen richtig Gewinne einbringen!

Genau nach dieser Devise führen viele Menschen auch insgesamt ihr Leben: Von allem etwas: Zunächst einmal geht es im Leben natürlich darum, Geld zu verdienen und Spaß zu haben. Dafür ist das Leben ja schließlich da. Aber man kann ja nicht wissen – so ganz schlecht sollte man sich mit dem lieben Gott auch nicht stellen. Und so sollte man wenigstens von Zeit zu Zeit mal mit ihm in Kontakt bleiben und ihn besuchen, zumindest zu den großen Festen! Und weil man ja nicht so ganz sicher sein kann, ob man nun wirklich auch den richtigen Gott gefunden hat, ist es nicht schlecht, wenn man sich für alle Fälle noch ein blaues Auge in die Wohnung hängt und eine kleine Buddha-Statue aufstellt. Kann ja nicht schaden ...

Doch was in der Finanzbranche ganz vernünftig erscheinen mag, ist zugleich völliger Unsinn, wenn es um unser Verhältnis zu Gott geht. Ja, dieses Verhältnis zu Gott leidet großen Schaden, wenn wir ihm in unserem Leben nur einen Nischenplatz einräumen, wenn wir das Risiko nicht eingehen wollen, uns mit unserem ganzen Leben auf Gott zu gründen, weil wir dann ja anderes und Besseres verpassen könnten. Wenn es um Gott geht, kann ich meine Interessen nicht streuen und gleichmäßig verteilen. Da geht es tatsächlich um ganz oder gar nicht, so macht es uns Christus selber im Heiligen Evangelium dieses Tages deutlich.

Von einem Mann erzählt uns Jesus hier, der einen Schatz in einem Acker fand. Nein, das war damals durchaus keine Märchengeschichte, sondern eine Geschichte, die sich immer wieder im Heiligen Land zutrug. Immer wieder hatte es in diesem Land in den Jahrhunderten zuvor Bürgerkriege gegeben, immer wieder waren fremde Truppen durch das Land gezogen. Und da es damals noch keine guten Tresore gab, in denen man seine Wertsachen sicher hätte aufbewahren können, versteckten nicht wenige Leute ihr Hab und Gut in einer Kiste in einem Acker, den sie bewirtschafteten. Doch nicht selten kam es vor, dass der Besitzer dieses Schatzes dann eben doch in dem Bürgerkrieg umkam oder auf andere Weise starb, ohne seinen Nachkommen den Standort des Schatzes mitgeteilt zu haben. Und so blieb der Schatz verschollen – oft über viele Generationen hinweg. Doch dann konnte es passieren, dass irgendein Knecht, der den Acker seines Herrn bewirtschaftete, zum Beispiel beim Pflügen auf solch eine Schatzkiste stieß. Wie sollte er sich verhalten? Wenn er dem Besitzer des Ackers mitteilte, was für einen Schatz er da gefunden hatte, dann gehörte der Schatz dem Besitzer des Ackers. Wenn der Knecht den Schatz einfach ausbuddelte und ihn mitnahm, galt das als Diebstahl und konnte streng bestraft werden. Aber es gab eine legale Möglichkeit: Der Knecht konnte den Acker käuflich erwerben und war dabei nicht verpflichtet, auf seinen Fund hinzuweisen. Und wenn der Knecht den Acker gekauft hatte, dann gehörte ihm damit auch der Schatz. Doch so einen Acker zu kaufen, war für einen Knecht nicht einfach. Das konnte er nicht einfach aus seiner Portokasse bezahlen. Dazu musste er alles, was er überhaupt besaß, verkaufen, um diesen Acker kaufen zu können. Alles musste er in seinem Leben aufgeben, alles musste er auf eine Karte setzen, musste damit rechnen, dass alle ihn für verrückt erklärten. Doch nur so kam er an den Schatz heran.

„Ein Mensch“ – so nennt Jesus diesen scheinbar so verrückten Käufer. Und wenn die Hörer der Gleichnisse Jesu dieses Wort hörten, dann wussten sie gleich Bescheid, wer damit gemeint war: „Ein Mensch“ – das war immer ein Gleichnis für Gott. Um ihn geht es in dieser Geschichte, so macht es auch der Zusammenhang deutlich. Denn damals zur Zeit Jesu sprach man von Israel als dem Schatz im Acker der Welt. Und genau darum geht es Jesus in diesem Gleichnis: Das Gleichnis erzählt von Gott, von seiner Freude an Israel, seinem Schatz, den er gefunden hat. So groß ist die Freude bei Gott über seinen Schatz Israel, dass er nicht weniger als die ganze Welt erwirbt, um an diesen Schatz heranzukommen. Alles, was er hat, gibt er auf, gibt seinen einzigen Sohn in den Tod – nur mit dem einen Ziel: Israel zu erlösen, und mit Israel zugleich die ganze Welt.

Gott setzt alles auf eine Karte, geht volles Risiko ein, auch das Risiko, enttäuscht zu werden, lässt sich in seiner Freude einfach nicht bremsen. Was für eine wunderbare Botschaft: Gott hat in seiner großen Freude auch dich erworben, auch dich zu seinem Eigentum gemacht, hat für dich alles aufgegeben, nur damit du für immer zu ihm gehörst.

Und diese Art, alles auf eine Karte zu setzen, mit der Gott uns begegnet, soll nun auch umgekehrt unser Verhältnis zu Gott bestimmen, so zeigt es uns Christus hier. Wenn Gott für mich alles, was er hatte, aufgegeben hat, nur um mich in seinen Besitz zu bringen – wie sollte ich da Gott nur einen Teil meines Lebens überlassen wollen, wie sollte ich ihm da etwas von meinem Leben vorenthalten wollen, wenn Gott selber mir nichts vorenthalten hat, alles für mich eingesetzt hat? Wer begriffen hat, was für ein volles Risiko Gott für mich, für dich, für uns alle eingegangen ist, der wird es gerade nicht mehr als Risiko ansehen, sein ganzes Leben auf Gott zu bauen, der wird im Gegenteil gewiss sein, dass dies die beste, ja die einzig sinnvolle Lebensanlagemöglichkeit überhaupt ist.

Aus Freude hat Gott so gehandelt, wie er gehandelt hat, aus Freude hat Gott alles für mich hingegeben. Möge Gott uns mit dieser Freude anstecken, dass wir in unserem Leben nie mehr von der Angst beseelt sind, etwas zu verpassen, wenn wir unser Leben ganz auf Gott ausrichten! Ja, möge Gott uns mit seiner Freude anstecken, dass wir es begreifen: Wenn Gott ganz der Besitzer unseres Lebens ist, dann stehen wir selber am Ende da als ganz reiche Leute! Amen.

Zurück