St. Matthäus 3,1-12| Tag der Geburt St. Johannes des Täufers | Pfr. Dr. Martens

Vor einigen Monaten veröffentlichte das Sozialwissenschaftliche Institut der EKD die Ergebnisse einer Umfrage zum Thema „Islam“ in der deutschen Bevölkerung. Diese waren durchaus interessant: Rund die Hälfte der Deutschen sieht einen gemeinsamen Glaubenskern im Christentum und Islam, und 52 Prozent der Deutschen sprechen sich für ein gemeinsames Gebet von Christen und Muslimen aus. Ja, das Denken, dass Muslime und Christen sowieso an denselben Gott glauben und das, was sie noch voneinander unterscheidet, eigentlich nur ein wenig äußerer Klimbim ist, setzt sich nicht nur in der Gesellschaft insgesamt, sondern gerade auch in den Kirchen immer mehr durch. Als Beleg für diese Einheit im Glauben wird immer wieder der Erzvater Abraham angeführt, der von Juden, Muslimen und Christen gleichermaßen als Stammvater verehrt werde und auf dessen Verehrung man dann ja eine sogenannte abrahamitische Ökumene aufbauen könne.

Doch Abraham ist nicht das einzige Verbindungsglied, das in diesem Zusammenhang genannt wird. Ein anderes Verbindungsglied ist Johannes der Täufer, im Islam und auch auf Farsi Yahya genannt. Er spielt sowohl im Koran als auch in der christlichen Bibel eine wichtige Rolle, und so war es gewiss kein Zufall, dass Papst Johannes Paul II. ausgerechnet in der Omaijadenmoschee in Damaskus, einer früheren christlichen Kathedrale, in der das Haupt Johannes des Täufers als Reliquie verehrt wurde, vor aller Welt eine Ausgabe des Koran küsste und anschließend dann auch auf Johannes den Täufer in seiner Ansprache Bezug nahm.

Der Tag der Geburt Johannes des Täufers – ein interreligiöser Feiertag? Wir tun gut daran, uns noch einmal genau anzuschauen, was uns der Evangelist St. Matthäus in der Predigtlesung des heutigen Festtags zu Johannes dem Täufer zu sagen hat. Dann werden wir erkennen, wie gerade an der Person Johannes des Täufers der entscheidende Unterschied zwischen Islam und christlichem Glauben besonders klar erkennbar wird.

Yahya – er wird im Islam als Prophet verehrt, als einer der letzten Propheten, deren Reihe über Jesus schließlich bis zu Mohammad führt. Yahya, so weiß es die muslimische Überlieferung zu berichten, hat schon den Juden gepredigt, dass sie niemals glauben dürften, dass Gott einen Sohn hat, dass man Allah nichts an die Seite stellen darf, und er hat ihnen schon das richtige Fasten beigebracht. Von daher genießt Yahya im Islam eine ganz besondere Wertschätzung.

Wenn wir uns anschauen, wie St. Matthäus Johannes den Täufer hier schildert, dann stellen wir fest: In der Tat: Hier wird uns ein Prophet vor Augen gestellt, ein Prophet, der die Menschen des jüdischen Volkes mit seiner Predigt zur Umkehr ruft. Johannes der Täufer trägt geradezu die Dienstkleidung eines Propheten, das Gewand aus Kamelhaaren, versehen mit einem ledernen Gürtel, und dass seine Nahrung aus Heuschreckenmüsli mit Honig besteht, bringt ebenfalls zum Ausdruck, wie radikal er sich mit seinem ganzen Leben von Gott in seinen Dienst stellen lässt. Ich bin jedenfalls ganz dankbar, dass dies keine biblische Ernährungsvorschrift für heutige Pastoren ist. Johannes der Täufer nimmt kein Blatt vor den Mund. Er ruft seine Zuhörer zur Umkehr und kündigt ihnen das Gericht Gottes an. Ja, mit all dem könnte ein Muslim noch ganz gut mitgehen. Aber dann hört die Gemeinsamkeit auch schon auf:

Denn Johannes der Täufer kündigt gerade nicht an, wie es im Islam behauptet wird, dass nach ihm noch andere Propheten kommen werden. Sondern er kündigt an, dass nach ihm nur noch einer kommt: kein Prophet mehr, sondern nur noch Gott selbst. Johannes der Täufer ist nicht der drittletzte Prophet, sondern der letzte. Nach ihm gibt es keinen Propheten mehr, jedenfalls keinen wahren Propheten. Natürlich hat Jesus selber Mohammad in seiner Predigt schon angekündigt. Er hat wiederholt klar gesagt: „Es werden sich falsche Propheten erheben und viele verführen.“  „Seht euch vor vor den falschen Propheten.“ Doch der letzte Prophet, der im Auftrag Gottes gepredigt hat, ist Johannes der Täufer. Der, der nach ihm kommt, der Stärkere, wie ihn Johannes hier nennt, ist eben kein Prophet, sondern der lebendige Gott selber.

Wenn Jesus kommt, dann kommt mit ihm das Himmelreich, so verkündigt es Johannes der Täufer hier. Und „Himmel“ ist eben eine jüdische Umschreibung für den Namen Gottes selber. Gott selber wird bald erscheinen, bereitet euch darauf vor, so lautet die Botschaft des Täufers. Und entsprechend deutet St. Matthäus hier auch das Auftreten des Täufers mit den Worten aus Jesaja 40: „Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg und macht eben seine Steige.“ Ja, der Herr, der lebendige Gott, dessen Ankunft unmittelbar bevorsteht, ist eben kein anderer als Jesus Christus selber, so hören wir es in den Worten, die unserer Predigtlesung unmittelbar folgen.

Johannes der Täufer – er verweist in seiner Verkündigung also auf Christus, nicht auf seinen Nachfolger im Prophetenamt, sondern auf den, der mit dem Heiligen Geist taufen wird, ja, an dem sich einmal das Geschick aller Menschen entscheiden wird. Und damit stellt Johannes an jeden Menschen, an jeden Juden, jeden Christen und jeden Muslim diese eine entscheidende Frage: Wie stehst du zu diesem Jesus, wer ist dieser Jesus für dich? Ist er für dich nur ein großer Lehrer, der dir gute Ratschläge für deine Lebensführung gibt? Dann hast du Jesus nicht erkannt! Ist er für dich nur ein Prophet, der dir die grundlegenden Lehren des Islam vermittelt? Dann hast du Jesus nicht erkannt! Ist er für dich nur ein Helfer, damit du hier in Deutschland deinen Aufenthalt bekommst? Dann hast du Jesus nicht erkannt! Ist er für dich nur ein Motivator, der alles, was du in deinem Leben machst, für richtig hält? Dann hast du Jesus nicht erkannt! Brauchst du ihn nur als zusätzlichen Unterstützer für eine Demo zum Klimaschutz? Dann hast du Jesus nicht erkannt!

Zur Buße ruft Johannes der Täufer hier seine Zuhörer, ruft er auch uns heute. Buße – das bedeutet eben gerade nicht, dass wir unsere Fehler wiedergutmachen sollen, dass wir ausgleichen sollen, was wir falsch gemacht haben. Sondern Buße heißt, dass wir unser Leben wieder neu ganz auf Christus ausrichten – nicht auf einen selbstgebastelten Wunsch-Jesus, sondern auf den Jesus, der uns hier im Evangelium vor Augen gestellt wird: auf den Jesus, der nicht weniger als Gott selber ist, auf den Jesus, an dem sich einmal deine ewige Zukunft entscheidet. Ja, es wird einmal am Ende ein Gericht geben, so macht es uns Johannes der Täufer sehr deutlich. Und in diesem letzten Gericht wird es nicht darum gehen, ob du einer abrahamitischen Religion angehört hast. Es wird nicht darum gehen, ob du mit deinen guten Werken deine Sünden ausgeglichen hast, wie das im Islam gelehrt wird. Denn das kannst du gar nicht. Du hast von dir aus keine Chance, im letzten Gericht mit deinem Leben zu bestehen. Retten kann dich da nur einer: Derselbe Jesus Christus, den Johannes der Täufer damals angekündigt hat und der dann tatsächlich gekommen ist, um sein Leben für dich in den Tod zu geben. Derselbe Jesus Christus, der für dich am Kreuz gestorben ist, damit dein Leben nicht in der Trennung von Gott endet, sondern in der ewigen Gemeinschaft mit ihm, deinem Herrn. Derselbe Jesus Christus, der auch dir in deiner Taufe alle deine Sünden vergeben hat und dir den Heiligen Geist geschenkt hat, damit du an ihn glauben und bei ihm bleiben kannst.

Nein, die Taufe Johannes des Täufers ist nicht die Taufe, die du empfangen hast, die heute Morgen auch Artin empfangen hat. Die Taufe Johannes des Täufers bewirkte keine Vergebung der Sünden, sie teilte nicht den Heiligen Geist mit. Sie war nur Ausdruck der Umkehrbereitschaft der Menschen, mehr nicht. Aber in deiner Taufe, wie in der Taufe von Artin, ist unendlich mehr geschehen: Da bist du gerettet worden, da bist du reingewaschen worden, da bist du Gottes Kind geworden, ohne dass du auch nur irgendetwas dazu beigetragen hast. Da hat Christus durch die Gabe seines Geistes dein Herz verändert, dass du nun tatsächlich anders leben kannst, als ein Mensch, der nicht auf sich und seine guten Taten vertraut, sondern allein auf Christus, seinen Herrn und Retter. Ja, Christus hat dich in der Taufe zu einem guten Baum gemacht, der gute Früchte bringen kann. Er lebt in dir, und er kommt auch jetzt wieder zu dir im Heiligen Mahl, um mit seinem Leib und Blut in dir Wohnung zu nehmen, um dir alles zu schenken, was du brauchst, um in den Himmel zu kommen. Das Himmelreich, es kommt jetzt gleich wieder zu dir, wenn du hier am Altar niederkniest. Richte darum deine ganze Hoffnung, dein ganzes Vertrauen auf ihn, Christus, allein, schau von dir weg und von deinem Versagen. Höre die Worte Johannes des Täufers, die auch dir gleich wieder gelten: „Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!“ – verborgen in den Gestalten von Brot und Wein.

Ja, den Geburtstag dieses Johannes, dieses Yahya feiern wir heute, nicht bloß den Geburtstag eines Propheten, sondern den Geburtstag dessen, der dich zu Christus führt, damit du bestehen kannst in Gottes letztem Gericht. Nicht Abraham bringt dich in den Himmel, nicht Mohammad, und erst recht nicht du selber. Das macht nur einer: Christus allein! Darum komm zu ihm, empfange seine Gaben! Dann wirst du es fröhlich erkennen: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen! Amen.

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